Rabattschlacht

Das Verbot der Naturalrabatte ist ja ein Punkt in dem Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung. Ob's hilft? Unwahrscheinlich, die Pharmakonzerne werden andere Wege finden. Ein Apotheker sagte mir, demnächst werden die Pharmakonzerne ihm Regalmeter abkaufen, um ihre Produkte zu präsentieren. Eine Konzept, das man vom Einzelhandel kennt, wo Hersteller nur in die Regale der Handelskonzerne kommen, wenn sie Regalplatzierungen kaufen.
 
[Apotheken]
Autor: strappato   2006-01-21   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Löcher stopfen

Die angekündigte Reform ist Zukunftsmusik. Einstweilen müssen Löcher geflickt werden und da hat Frau Schmidt die Arzneimittelkosten als grösstes Loch ausgemacht. Diese sind 2005 um rund 16% gestiegen und damit doppelt so hoch, wie in den Richtgrössenvereinbarungen der Krankenkassen mit den niedergelassenen Ärzten vorgesehen. Die 3,5 Milliarden Mehrausgeben bedeuten nach der Faustformel: 1 Beitragssatzpunkt = 10 Millarden Euro, dass der Anstieg der Arzneimittelkosten den Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,3 Punkte gesteigert hat. Darüber hinaus kann man gegen die bösen Pharmakonzerne und die gutverdienenden Apotheker schiessen, was diesen Ausgabenbereich für die Gesundheitsministerin besonders attraktiv macht.

Lösung: Ein Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG). Das Gesetz soll 2006 eine Entlastung von 1 Milliarde Euro bringen. Am Mittwoch, dem Tag, an dem tausende Ärzte auf die Strasse gegangen sind, fand die Anhörung des Bundestagsgesundheitsausschuss zum Gesetzentwurf statt.

Die in die Rede gekommenen Naturalrabatte der Pharmafirmen an die Apotheker sollen verboten werden, genauso wie Praxissoftware, die bestimmte Hersteller bevorzugt, auch ist ein Preismoratorium für 2 Jahre vorgesehen. Was aber auf besonders erbitterten Wiederstand stösst, ist die geplante Bonus-/Malus-Regelung. Sie sieht vor, den Vertragsärzten Geld vom Honorar abzuziehen, wenn bestimmte Grenzwerte in der Medikamentenverordnung überschritten werden und - was neu ist - Ärzten boni für besonders sparsame Verordnung zu gewähren. Die Bundesgesundheitsministerin spekuliert offensichtlich auf eine "honorarverbessernden Minimaltherapie".

Dann hätten wir eine verschärfte Version des Medikamentenbudgets - das übrigens von Frau Schmidt nach ihrer Amtsübernahme als Art "vertrauensbildende Massnahme" abgeschafft wurde. Zur Erinnerung: Ärzte verweigerten die Verschreibung von Medikamenten mit Hinweis auf das Budget, Patienten wurden auf grosse Überweisungstour geschickt, in der Hoffnung, dass der Kollege die Medikamente zu Lasten seines Budgets verschreibt.

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Veränderungen bei den Festbeträgen könnten im Extremfall bewirken, dass nur noch 45% der Verordnungen ohne Zuzahlungen der Versicherten zu erhalten sind, da Erstattungsgrenzen durchgängig stark gesenkt werden sollen. Somit werden viele Präparate anders als früher weit über dem neuen Festbetragspreis angeboten werden. Die vorgesehene Möglichkeit von Rabattverträgen zwischen Krankenkassen und Hersteller ist bei 250 Krankenkassen in Deutschland eine ganz besondere Herausforderung, aber wird wahrscheinlich ins Leere laufen. Warum sollten Pharmaunternehmen freiwillig flächendeckend Rabattverträge anbieten, wenn sie andererseits nicht bereit sind, Preissenkungen auf den Festbetrag vorzunehmen?

Fazit: Patienten, Ärzte Apotheker, Hersteller - keiner bleibt ungeschoren. Eine Vorgeschmack auf die grosse Reform. Da klingt die Reform-Ankündigung der Minsterin eher nach einer Drohung: ..., dass künftig jeder in diesem Land versichert ist, jeder den Zugang zu allen notwendigen medizinischen Leistungen auf der Höhe des medizinischen Fortschritts hat und dass jeder sich an der Finanzierung des Gesamtsystems angemessen beteiligt.
 
[Arzneimittel]
Autor: strappato   2006-01-21   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Warum?

Anke Gröner wünscht sich mehr monothematische blogs. Hier soll eines entstehen. Thema: Gesundheitswirtschaft und Gesundheitspolitik.

Es brennt im deutschen Gesundheitswesen an allen Ecken und Enden. Ende März wird die Bundesgesundheitsminsterin ihre Reformkonzept vorstellen, aber der Verteilungskampf hat schon begonnen. Eine interessante Zeit steht uns bevor, in der die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Grund genug dies mit einem blog zu begleiten.

Zufällig ist es auch ein Thema, von dem der Autor eine Menge versteht, aber davon werden sich die Leser ein eigenes Urteil bilden können.

Stationäre Aufnahme? Da werden die schweren Fälle hin überwiesen. Unser Gesundheitswesen gehört dazu.
 
Autor: strappato   2006-01-21   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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