PR für Nichtraucherpille

sz-online und WELT-online berichten über die Nikotinentwöhnungspille Champix®, die im nächsten Monat auf den deutschen Markt kommt. Der über dpa verbreitete Text ist reinste PR für den Hersteller Pfizer. Als Quellen werden genannt:
  • Pfizer
  • Prof. Hans-Ulrich Klör - Einschlägig für seine guten Beziehungen zu Pfizer und der Pharmaindustrie bekannt.
  • Prof. Anil Batra - Uni Tübingen und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung (WAT). Die Frühjahrstagung des Aktionskreis wird von Pfizer, GlaxoSmithKline und AstraZeneca pdf-Dateigesponsert. Ausserdem hat Pfizer Prof. Batras Forschung mit Drittmitteln gefördert.
  • Martina Pötschke-Langer - Die Leiterin des WHO-Kollaborationszentrums fuer Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Das DKFZ vegibt einen For-
    schungspreis "Rauchfrei Leben", der von Pfizer gestiftet wird.
Pfizer sitzt auch als einziges Unternehmen im Steuerungsgremium des Aktionsbündnis Nichtrauchen.

Und wie bestellt liefert das DKFZ heute eine Pressemitteilung, in der die Erstattung von Nikotinentwöhungspräparaten durch die Krankenkassen gefordert wird.

Hut ab. Das ist erstklassiges Timing und gute PR-Arbeit. In einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 3.9.2002 wird Martina Pötschke-Langer zitiert:
Wie Tabakkonzerne hier zu Lande Einfluss auf abtrünnige Raucher, Anti-Rauch-Kampagnen und Firmen nehmen, ist indes kaum zu eruieren.
Da könnte man auch "Tabakkonzerne" durch "Pharmakonzerne" ersetzen.

Am Rande: Auf der oben erwähnten Frühjahrstagung des WAT treffen wir auch auf Prof. Michael Kunze, unermüdlich im Einsatz.

Die Bewertung von Champix® überlasse ich hockeystick im Kommentar.
 
[Champix]
Autor: strappato   2007-02-22   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2007-02-22  
Na denn. Erst einmal Glückwunsch, Herr Hasse, sogar ins Bildblog haben Sie's mit Champix geschafft. :-)

Eine auführliche Analyse der Studienlage findet sich hier, weitaus fundierter als die ebenso schwache wie vielzitierte Cochrane-Metaanalyse. Was bringt eine Metaanalyse, wenn die Probleme im Design der zugrundeliegenden Studien übersehen werden?

Ich möchte hier nur einen Punkt aus dem Artikel aufgreifen, nämlich die nur scheinbare Verblindung der Studien: Natürlich dämpft Champix das Verlangen nach einer Zigarette, ähnlich wie bei der Nikotinersatztherapie (NRT). Deshalb merken es viele Placebo-Probanden sehr schnell, dass sie "veräppelt werden" (The blinding analysis in a 2005 study by Dar found that 3.3 times as many placebo group members correctly guessed that they had received placebo (54.5%) as guess nicotine (16.4%)), und verlieren die Motivation. Das sind schließlich alles Leute, die so große Hoffnung in dieses Präparat gesetzt haben, dass sie sogar die Teilnahme an einer klinischen Studie risikieren. Dazu gibt es umfangreiche Literatur (pdf), und es gilt spätestens seit einem 1985 erschienenen Artikel von Hughes & Krahn als ein Kardinalfehler, wenn bei einer Nikotinersatztherapie-Studie die Qualität der Verblindung nicht geprüft und veröffentlicht wird.

Meines Wissens hat Pfizer keine Daten hierzu veröffentlicht, schon deshalb gehören die Studien in den Papierkorb.


hockeystick   2007-03-04  
Das Fazit des Arznei-Telegramm 03/2007, das die Studienlage nicht weiter hinterfragt, lautet dennoch: Unseres Erachtens kommt der Nikotinagonist allenfalls als Mittel der letzten Reserve in Betracht, wenn eine medikamentöse Unterstützung bei der Nikotinentwöhnung erforderlich ist und Nikotinersatztherapie fehlgeschlagen hat.








Stationäre Aufnahme












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