Blaue Ständer in Rautenform


Diesen Ständer widmet Ihnen Pfizer. Wie Pfizer in Östserreich versucht, perfide unverkrampft und pfiffig das Werbverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel zu umgehen, berichtet das Wirtschaftsblatt. Statt in den Medien läuft die Kampagne im öffentlichen Strassenraum und natürlich im Internet, wo man sich neckische Türanhänger - Wir trainieren gerade, bitte nicht stören - bestellen kann.

Werbung für Potenzpillen an Fahrradständern, an denen auch Kinder und Jugendliche ihre Fahrräder anschliessen, mit dem Hinweis auf die Internetseite sexistgesund.at. Vielleicht bin ich zu konservativ, aber besonders ethisch finde ich das nicht.

Auf der Internetseite kann Mann einen Test zu "sexuellen Gesundheit beim Mann (IIEF)" machen. Das Instrument wurde natürlich für Pfizer entwickelt und vergibt das Krankheitsmerkmal "errektile Dysfunktion" sehr schnell. Die fünf Fragen des verkürzten Fragebogens haben zwar eine Sensitivität von 98% ("Richtigpositiv-Rate"), aber nur und eine Spezifität von 88% ("Richtignegativ-Rate"). Studien haben ergeben, dass die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für behandlungsbedürftige errektile Dysfunktion bei unter 10% in der männlichen Bevölkerung liegt. Eine Kölner Studie kam auf 7%. Das ergibt einen positiven Vorhersagewert von 38%. Also nur 38% der Männer, die in dem Pfizer Test einen Behandlungsbedarf attestiert bekommen, sind auch behandlungsbedürftig. Und alles unter den Hinblick auf die sowieso schon Pfizer-freundliche Definition von Behandlungsbedarf. Jedoch werden durch den Test fast 20% aller Männer verunsichert, weil sie als erkrankt klassifiziert werden. Übrigens nimmt der positive Vorhersagewert stark ab, je geringer die Prävalenz ist. Wenn nur junge potente Fahrradfahrer die Fragen beantworten, dann werden über 90% der Männer die mit positiven Testergebnis sich Pfizers Potenzpille verschreiben lassen, trotzdem keine errektile Dysfunktion haben.

--
PS
Bei der PR-Agentur eXakt, die "Ständer" mit "Ständer" verbindet, wird das Phrasenschwein sicher täglich im Sackerl zur Bank gebracht.

PPS
Die Prävalenzzahlen gelten natürlich nur für die deutsche Bevölkerung. Vielleicht ist das Problem in Österreich doch erheblich grösser.
 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2007-07-14   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2007-07-14  
In Deutschland könnte man die doch in Grund und Boden klagen. Warum nicht in Österreich? Geht es da nicht oder macht es nur keiner?


siyani   2007-07-14  
was sollte man da einklagen? obs spannend, hilfreich, informativ, lustig oder bloss ein agenturwitz ist, sei dahingestellt...aber legal ists allemal, denn da steht bloss pfizer auf dem tablettchen.

ps: was ähnliches war übrigens schon vor ner weile als schranke eines parkhauses in den medien - da hebt sich beim einfahren die blaue pille, wenn sie verstehen ;-)


hockeystick   2007-07-14  
Von der ausdrücklichen Nennung des Präparatenamens kann ich im nördlich der Alpen gültigen Heilmittelwerbegesetz nichts finden. Nachdem vermutlich 90% der erwachsenen Bevölkerung erkennen, um welches Produkt es geht, kann ich mir angenehmere Aufgaben vorstellen, als mit dieser Argumentationslinie vor einem deutschen Gericht antreten zu müssen.


gn8   2007-07-14  
Also ich find' das witzig. Und nur weil hier mal kein Arzt die Diagnosen stellt sind die doch nicht weniger richtig oder mehr falsch. Immerhin muss Patient hierfür mal nicht ins Krankenhaus und weh tut's auch nicht, kann man nicht über jede Diagnostik sagen. Nur beim Zustand der jungen Radfahrer, ähem, da habe ich so meine Zweifel. Da sollte aber unbedingt auch die Frage der gegenseitigen Beeinflussung von verschiedenen Medikamenten mal gründlich beobachtet werden. Und an den Rädern gibt's auch Ständer (wollt ich nur mal bemerkt haben).


hockeystick   2007-07-14  
Bei den Jungradfahrern gibt es über die medikamentöse Belastung hinaus ein spezielles Problem, insofern ist die Kampagne durchaus Zielgruppenoptimiert. 13% ist bei diesen die gesuchte Zahl.


gn8   2007-07-14  
13:4, irgendwie überrascht mich das nicht. Aber mich laden die ja nie zu ihrem Patientendialog ein, da kann ich ja nichts richtig wissen zu dem Thema.








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