Links am Samstag 'Niemand darf negative Ergebnisse verstecken' - Geschäftsführerin von GlaxoSmithKline Austria Evely Schödl und der Wissenschafter Gerald Gartlehner im Gespräch. Was Wissenschaftler von Arztserien im TV halten. Ohne Wissen der Patienten - Die Hamburger Universitäts-Klinik Eppendorf (UKE) gibt Gewebeproben von Krebspatienten an Firmen weiter, die diese auf dem Weltmarkt verkaufen. Kliniken verletzen Schweigepflicht - In Krankenhäusern können viel mehr Personen als nur die behandelnden Ärzte die Krankenakten einsehen. Röslers Pillenmogelei - Apotheker können sich auf die patientenfreundlichen Rabattverträge" der "Apothekerpartei" freuen. Twitter verbreiten Fehlinformationen über Antibiotika. IGSF-Studie zur Gesundheitsversorgung bei begrenzten Mitteln: Konzentration auf das Wesentliche. How Gene Patents Harm Innovation. Scientist `deceived' by drugs giant - Autor eines Ghostwriiting-Papers sieht sich von Wyeth getäuscht. Pfizer Gives Details on Payments to Doctors - Wann auch in Europa, ebenso GSK, Merck & Co., Eli Lilly, J&J, die das in den USA veröffentlichen? Prozac Pilots May Fly as FAA Drops Ban on Medicines - in den USA dürfen Airline-Piloten wieder mit Antidepressiva fliegen. Risks Seen in Cholesterol Drug Use in Healthy People. [Links]
sfinxx 2010-04-03 New York Times Online: Law May Do Little to Help Curb Unnecessary Care Es ist nicht der beste zum Thema, aber aktuell. Sie handeln sich mit ihrer Reform genau die gleichen Probleme ein wie es sie hier schon länger gibt. Nicht alles was "nachgemacht" wird, muß gut sein. Was ich gern wissen würde: wird das IGSF mit seiner Studie hier erwähnt, weil der Zitator damit einverstanden ist, weil er womöglich die Einschätzung teilt, daß es ohne "Priorisierung" nicht gehen wird - oder gibt es Kritik daran? Wenn ja - welche? Wenn nein - warum nicht?
Die US-Gesundheitsreform enthält kaum Massnahmen, die Kosten in dem schon heute uneffizienten Gesundheitssystem in den Griff zu bekommen Das wird jedoch, wenn Obama Glück hat, denn viele Beschlüsse greifen erst nach 2014, seinem Nachfolger um die Ohren fliegen.
Persönlich/fachlich sehe ich eine "Priorisierung" nicht als geeigneten Weg, ethisch wie finanziell, die derzeitigen und kommenden Aufgaben zu lösen. Jedoch läuft die Debatte und sie wird noch an Fahrt gewinnen. Daher sollte man sich auch mit den Argumenten beschäftigen. Ich schätze die Arbeit des IGSF und von Prof. Beske und denke, dass die Rezeption der Studie, im Gegensatz zu vielen anderen interessensgeleiteten Experten, die bei diesem Thema unterwegs sind, lohnt. sfinxx 2010-04-03
Sehen Sie eine besondere Nähe zu Parteien, Industrie, Krankenkassen oder anderen Stakeholdern in der Gesundheitspolitik? Oder gar Käuflichkeit?
sfinxx 2010-04-04 1. Daß einer (ein Wissenschaftler, ein Forschungsinstitut) nicht käuflich ist bzw. ihm Käuflichkeit (oder auch "Nähe") nicht nachgewiesen werden kann ALLEIN ist kein Grund anzunehmen, er müßte recht haben mit dem was er sagt. Wer das wissen will kommt nicht umhin sich die Inhalte mal genauer anzusehen. Schon allein deswegen, weil Fehler ja auch denen gelegentlich unterlaufen sollen, die nachweislich nicht gekauft sind. Ebenso wenig wie die Kritik an einer Studie (an einem Wissenschaftler, ..) nicht schon ALLEIN mit dem Verweis auf die Gehaltslisten der Pharmaunternehmen geleistet ist, wo der mit schöner Regelmäßigkeit auftaucht. Ich verweise auf meine Ausführungen (hier im Blog) zu der Studie, die angeblich beweist, daß mangelnde Kennntnis der LDL-Zielwerte (gemäß der geltenden Leitlinie) bei Hausärzten die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit erhöht. Es sollte allerdings immer ein Grund sein für ein gesundes Mißtrauen. Solche Arbeiten sollte man besser ganz genau unter die Lupe nehmen - z.B. so wie ich das (ebenfalls hier im Blog) mit der o.g. Studie versucht habe. Wenn man da dann 1. Fehler findet, womöglich sogar mehrere, elementare, krasse, ... Fehler 2. diese Fehler erstaunlich gut zum Zweck der Unternehmen passen, auf deren Gehaltslisten der Autor steht, 3. andererseits aber erstaunlich schlecht zu einem wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse, und 4. ganz besonders, wenn eine solche Übereinstimmung öfter zu beobachten ist, und überdies 5. der Leser auf Interessenskonflikte nicht ausdrücklich hingewiesen wird drängt sich die Vermutung natürlich schon auf, daß sich es sich hier nicht um Wissenschaft handelt. Denn die ist ja definitionsgemäß frei und keinem Geschäftszweck untergeordnet. Wenn man in Eile ist kann man sich bei so einem mittlerweile ja bestens bekannten Typen vielleicht hin und wieder eine genaue Analyse sparen, ohne befürchten zu müssen, jemandem zu Unrecht auf die Zehen zu treten wenn man sagt, er sei ein "Lohnarbeiter" für die Interessen der Pharmaindustrie z.B. (mit EINEM Pharmaunternehmen geben die sich ja heute gar nicht mehr zufrieden). Man muß dann allerdings mit dem Risiko leben, im Einzelfall damit widerlegt werden zu können. Aber ich glaube, das kann man verkraften. Scheint ja nicht so groß zu sein, dieses Risiko. Umgekehrt dürfte nach Lage der Dinge häufiger sein. 2. Ja - diese Nähe sehe ich. Herr Beske und sein Institut leben von "Auftragsforschung" und Politikberatung. Irgend jemand bezahlt ihn für seine Studien und Expertisen. Wer das ist, woher die Einnahmen des Instituts stammen ist m.W. nirgendwo offen gelegt. Das muß man vielleicht bei so einem privaten Institut auch nicht machen - das weiß ich nicht so genau. Kann natürlich auch sein, daß ich das nur nicht finde. Man muß ja ganz schön blechen, um Zugang zu den "Originalstudien" zu bekommen. Das ist es mir auch wieder nicht wert. Auf jeden Fall macht es keinen besonders guten Eindruck, wenn man in den Publikationen, zu denen die nicht zahlende Allgemeinheit Zugang hat, keinerlei Hinweis findet, wer die Studien, auf die man sich bezieht denn eigentlich bezahlt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Verkauf der "Originalstudien" dafür ausreicht. Wenn man sich mal so ein bißchen anschaut, WO Artikel bzw. Argumente von Beske/IGSF zu finden sind, ist schon ein Schwerpunkt bei Krankenkassen, Ärztekammern, KVen und staatlichen Institutionen zu erkennen. 3. Mir scheint, daß so ziemlich alle o.g. fünf Punkte hier zutreffen. Wenn ich in Publikationen von Prof. Beske/IGSF immer wieder lese, das deutsche Gesundheitssystem sei einsame Spitze, hocheffizient, das beste im Vergleich zu denen von mehr als zehn führenden Industrienationen - dann kommen allerdings erhebliche Zweifel auf, ob das wohl "neutral" sein kann. Würde mich nicht wundern, wenn er in das derzeit öfter zu hörende Eigenlob einstimmt:"Wie gut wir sind, sieht man doch daran, daß man uns sogar nachmacht - sogar die Amis tun das!". Insbesondere, wenn ich dann noch nachsehe, wie das begründet wird: mit Arztdichte, Erreichbarkeit und Wartezeiten im wesentlichen. Und Patienten bekommen ordentlich viel Hilfs- und Heilmittel, und vor allem Arzneimittel ... (Betonung von mir). Ja, er führt noch ein paar mehr Punkte an, aber die sind, von vergleichbarer Qualität. Ich will ja nicht schon wieder so viel schreiben. Der Mann fragt nicht einmal, wo diese vielen Ärzte sich so alle tummeln (in Ostdeutschland in ländlichen Gebieten sind ja wohl eher weniger von ihnen anzutreffen) oder gar was die vielen Ärzte (in den Städten wo sie ja alle aufeinanderhocken und die Wege wirklich schön kurz sind) nach der kurzen Wartezeit denn so alles mit ihren Patienten anstellen. Ob es nicht vielleicht sein könnte, daß es sogar zuviel davon gibt, bei den Wachstumsraten der Ärztezahlen - so daß die selber dafür sorgen, daß sie genug zu tun haben? Ob die Patienten nicht vielleicht auch das ein oder andere Arzneimittel nehmen, das sie gar nicht brauchen? Es ist ja nicht so, daß darüber nichts bekannt wäre. Man sehe sich nur hier im Blog ein bißchen um. Und das, was man da weiß spricht ja auch nicht unbedingt dafür, daß das immer alles so arg gut wäre für die Gesundheit - der Patienten. Auf welchem Planeten lebt der denn? War der schon mal als ganz normaler Patient mit einem normalen Leiden bei einem normalen Arzt? Diese Studie ist die einzige, wo ich Angaben zur Finanzierung gefunden habe. Laut Gesundheit-Themendienst (wer immer das ist) wurde sie von der KBV "unterstützt". Ich habe allerdings nicht so arg hartnäckig gesucht. Und wenn ich dann noch in den schicken Hochglanzbroschüren, die meine Standesvertretung mir so zuschickt, "Studien" von Herrn Beske entdecke, die nach allen Regeln der Kunst wissenschaftlich hieb- und stichfest beweisen, daß es die Freiberuflichkeit des Arztberufs, ein "angemessenes" Honorar und die KV einfach braucht, dann reicht mir das. >> Kommentieren sfinxx 2010-04-09 "Niemand darf negative Ergebnisse verstecken" (GSK Austria Geschäftsführerein E. Schödl)
Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob diese Leute so abgebrüht sind, oder so dumm - oder womöglich sogar beides? "Datenmanipulation gibt es bei GlaxoSmithKline (GSK) nicht.". Echt? Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man einen Lachkrampf kriegen. GSK ist mit der Vermarktung von Avandia das neueste (genau genommen schon etwas ältere) verstörende Beispiel für Datenmanipulation zu Lasten der Patienten. Mancher würde an dieser Stelle sagen: zu Lasten der Krankenkassen. Und liegt damit vermutlich nicht ganz falsch. Aber das ist es nicht, was mich daran am meisten stört. Mein Standpunkt dazu ist hier mittlerweile wohl hinlänglich bekannt: die Patienten sind es, die dem um 40% erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Sie sind diejenigen, die diese Herzinfarkte erleiden. GSK hat all die gar nicht so feinen Mittel eingesetzt, die Pharmaunternehmen für diesen Zweck üblicherweise nutzen um zu verhindern, daß dieses ihnen wohlbekannte Risiko öffentlich und womöglich zum Anlaß genommen wird, Avandia vom Markt zu nehmen. Studienergebnisse wurden gefälscht, bewußt irreführend dargestellt, kritische Ärzte und Wissenschaftler bedroht. Wenn das keine Datenmanipulation ist .... Sieht ganz so aus, als wären da sehr wohl "negative Ergebnisse" versteckt worden - und zwar nicht zu knapp. Und - last but not least - sie haben das Zeug verkauft und einen Haufen Kohle damit gemacht, obwohl sie sehr wohl wußten, was sie damit den Patienten antun. In der Bibliographie zu dem Artikel: Setting the RECORD Straight (Steven E. Nissen, JAMA. 2010;303(12):1194-1195) der selber auch sehr lesenswert ist, finden sich Links zu den Originalartikeln, die erfreulicherweise frei zugänglich sind. Die Links auf der Seite des United States Senate Committee on Finance führen zu den Berichten dieses Ausschusses, in denen genau beschrieben wird, wie sich das alles zugetragen hat - den "STAFF REPORT ON GLAXOSMITHKLINE AND THE DIABETES DRUG AVANDIA" und den "Anhang A" (leider gibt es keinen direkten Link zu den pdf-Dateien). Nebenbei wird hier - wieder mal - deutlich, warum "Kostenbegrenzung" am falschen Ende ansetzt. Der Grund Avandia nicht zu einzusetzen ist das Gesundheitsrisiko für die Patienten - nicht die Kosten. Damit werden gleichzeitig Kosten eingespart. Zum einen die, die für Avandia aufgewendet werden mußten. Nicht zu 100% allerdings, denn die Diabetiker brauchen ja was anderes, wenn sie Avandia nicht nehmen. Aber die "Zusatzkosten" - die fallen schon weg. Vielleicht schon. Vielleicht nimmt sich jemand mal die Zeit und Mühe, sie richtig aufzuklären und zu beraten - so lange, bis sie's verstanden haben. Dann ändern sie vielleicht ihre Lebensweise und brauchen gar kein Antidiabetikum. Oh - ich vergaß. Das wird ja nicht bezahlt! Na dann wird daraus wohl schon mal nichts werden. Zum anderen entfallen die Folgekosten, die entstehen, wenn die Herzinfarkte durch Avandia nicht gleich tödlich sein sollten. (Brrrrrh! Ich kriege immer eine Gänsehaut bei sowas!) Das dürfte wohl der größte Posten sein. Dafür kommt GSK wenn überhaupt so wohl nur nach einem längeren Rechtsstreit auf. Bis der entschieden ist, hat GSK womöglich schon drei neue Skandale von der Art produziert - und damit Milliarden verdient. Sie machen auf mich jedenfalls nicht den Eindruck, als würden sie bereuen. Begrenzt man dagegen nur die Kosten, ändert sich nichts am Risiko für die Patienten. Es kommt die Krankenkassen nur nicht ganz so teuer zu stehen. Eher schon könnte das Gegenteil zutreffen: derzeit könnte - so traurig das ist - der hohe Preis für manchen Arzt ein Grund gewesen sein, das Mittel nicht einzusetzen. Kurz: die Medizin - insbesondere die Arzneimitteltherapie - besser und sicherer zu machen, spart Kosten. Umgekehrt macht Kostenbegrenzung die Arzneimitteltherapie nicht unbedingt besser oder gar sicherer. Und - wenn man sich schon mal auf den Kostenstandpunkt stellt - so werden die Ersparnisse ja in Wirklichkeit wohl auch kleiner sein, als sich das jetzt anhört. Allein die Kosten für die nicht-tödlichen Herzinfarkte .... Ganz zu schweigen von dem Verwaltungsapparat - der ja auch nicht gerade ganz billig sein dürfte. Und welche Verhandlungstricks der Pharmaindustrie einfallen, darüber will ich lieber gar nicht spekulieren. Das Beispiel Avandia macht ja gerade deutlich, wie schwierig es sein kann, den Nutzen auf Basis der vom Hersteller vorgelegten Daten richtig einzuschätzen. Es hat bis jetzt fast zehn Jahre gedauert! Avandia ist nur ein Beispiel. Man müßte vermutlich gleich mehrere Bücher schreiben, wollte man die alle vollständig aufzählen. Es könnte natürlich schon auch sein, daß "risiko begrenzende" Maßnahmen mal nicht mit niedrigeren Kosten einhergehen. Das wäre - hoffentlich! - kein Grund, sie zu lassen. Aber meine Erfahrung sagt mir sowieso, daß das so oft wohl gar nicht zutreffen dürfte. Außerdem habe ich gar nichts dagegen, wenn Arzneimittelpreise unabhängig davon strenger kontrolliert werden. Ich werde nur das Gefühl nicht los, daß hier dauernd das Pferd von hinten aufgezäumt und was ganz Entscheidenes verwechselt wird: in der Gesundheitsversorgung sind Kosten das Mittel und Gesundheit der Zweck - und nicht umgekehrt. >> Kommentieren |
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