Ausstiegs-Euphorie

Goodbye GKV - der drohende Massenausstieg. Die Antworten sprechen eine deutliche Sprache: Der kollektive GKV-Ausstieg scheint beschlossene Sache.

Habe ich was verpasst? Gut, dass mir der DocCheck-Newsletter zugeschickt wird. Wenn man den Artikel liest, wird klar, dass es lediglich eine Umfrage unter 341 Lesern war, von denen sich nur 11% für einen bedingungslosen Abschied als Vertragsarzt ausgesprochen haben. Weitere 69% sind Mitläufer, die angeben, sich an der Mehrheit zu orientieren. Repräsentativ ist das wirklich nicht.

Und realistisch auch nicht. Wie es richtig ein Arzt im Diskussionsforum zu dem Artikel bemerkt:
Ich habe die "Ausstiegs-Diskussion" vor ein paar Jahren bei den Zahnmedizinern erlebt: Nachdem der Ausstieg von der überwiegenden Mehrheit geplant war, haben die KZV-Kollegen dann vor dessen Realisierung kalte Füsse bekommen! So wird's auch bei uns gehen: Stellen sie sich einmal vor, dass von jetzt auf nachher die monatliche Vorauszahlung entfällt, aber ihre ganzen Daueraufträge etc. weiterlaufen. Schon in der Übergangszeit zum GKV-System würde ein solches Minus anfallen, dass ihre Existenz als Privatarzt dann schon gelaufen wäre

Da stellt sich die Frage: Wer ist "DocCheck"? Die börsennotierte DocCheck AG betreibt das Arzt-Potal "DocCheck" und andere eCommerce-Dienste, was besonders den Nutzern von DocCheck als Zugangsdienst, um auf die den Fachkreisen vorbehaltenen Internetseiten der Pharmaindustrie zu gelangen, bekannt sein dürfte. Übrigens hat der Geschäftsbericht 2005 durch sein klares Bekenntnis im Design besondere Aufmerksamkeit erregt. Zur DocCheck AG gehört jedoch auch die antwerpes + partner ag, eine PR-/Kommunikations-Agentur, die für praktisch alle Top-20-Pharmaunternehmen tätig ist und eine Grossteil des Umsatzes und praktisch den gesamten Gewinn der AG erwirtschaftet.

Da hat also ein PR-Agentur einmal von einem deregulierten Gesundheitswesen geträumt und Stimmung gemacht.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-11-25   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  


auch-einer   2006-11-26  
wer ist denn privatversichert?

beamte - die werden immer weniger, und ein paar selbständige, die geglaubt haben, privat billiger versichert zu sein.

und wer von den anderen, gesetzlich krankenversicherten kann sich private behandlung leisten?

eben.

der trend ist der angestellte kassenarzt für die grundversorgung.

könnten noch andere trends kommen: behandlung im ausland, durch tschechische, slowakische und polnische ärzte. genau, die ärzte in slowenien und nächstens kroatien kommen auch noch dazu. sieht gar nicht gut aus für den berufsstand.

sieht schon heute nicht gut aus für den patienten. schon mal versucht, einen termin beim facharzt zu kriegen?


strappato   2006-11-27  
Beamte haben einen Anteil von 50% an den Privatpatienten. Wenn die Dienstherren Änderungen bei der Beihilfe beschliessen würden, zusammen mit der geplanten einfacheren Möglichkeit die private Krankenkasse zu wechseln, würden einige Krankenkassen grosse Probleme bekommen.

Der Ausstieg der Kassenärzte aus dem System der Kassenärztlichen Vereinigungen soll ja dazu führen, dass die gesetzlichen Krankenkassen den Ärzten mehr bezahlen, als sie zur Zeit bekommen. Zum einen werden dei Krankenkassen das nutzen, die Qualität zu verbessern. Nicht jeder Arzt wird automatisch einen Vertrag mit den Krankenkassen bekommen. Zum anderen gibt es Alternativen: Angestellte Ärzte in kasseneigenen Versorgungszentren, Behandlung im Ausland, Import von Ärzten aus dem Ausland, Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante fachärztliche Versorgung. Wenn die Kassenärzlichen Vereinigungen ihren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen, sind die Länder am Zug. Diese sind relativ frei in der Wahl der Mittel, wie die ärztliche Versorgung sicher gestellt werden kann.

Die Rückgabe der KV-Zulassung ist für die Ärzte ein Schuss ins Knie. Im Grunde wissen das die Ärzte auch. Um auf den letzten Punkt im Kommentar zu kommen: Warum sind die Facharztpraxen so voll? Es gibt einen Teil Ärzte, die "Ausfälle" sind. Die die Organisation ihrer Praxen nicht im Griff haben, aus Altersgründen die Praxis mit halber Kraft fahren, Gemeinschaftspraxen mit effektiv nur 1,5 Ärzten, mangelhafter Fortbildung, einen zu grossen Anteil Privatpatienten, usw.








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