Champix und die Taschenspieler

Taschenspieler, Personen, welche verschiedenartige, auf den ersten Anblick an das Wunderbare grenzende Kunststücke verrichten. Letztere beruhen auf einer Täuschung des Zuschauers, die der Künstler hauptsächlich durch große Gewandtheit in seinen Körperbewegungen, namentlich Fingerfertigkeit, durch Ablenken der Aufmerksamkeit des Zuschauers auf Nebendinge vermittelst eines möglichst gewandten Vortrags, durch Einverständnis mit einigen Gehilfen und Zuschauern, durch geschickte Benutzung der Chemie und Experimentalphysik, endlich durch allerhand mechanische Vorrichtungen, Apparate mit Doppelböden, durchlöcherte Tische und Fußböden etc. bewirkt.
(Meyers Konversationslexikon, Vierte Auflage, 1885-1892)

Der Apotheken-Newsletter "apotheke adhoc" berichtet wie zahlreiche amerikanische Medien von einer Pfizer-Stellungnahme zu den jüngst bekanntgewordenen Ermittlungen der FDA, in der Pfizer sein ins Gerede gekommenes Raucherentwöhnungspräparat Champix® (in den USA Chantix®) mit dem Hinweis verteidigt, dass in klinischen Studien mehr als 5000 Menschen mit dem Medikament behandelt worden seien.

Nun sind die vorliegenden Studien aufgrund der rigiden gesundheitlichen Ausschlusskriterien zu Studienbeginn ohnehin ungeeignet, das Risikoprofil des Präparats bei einer Anwendung in der Normalbevölkerung abzuschätzen. Das geben sogar die Autoren zu:
The generally healthy smokers included in this trial may not be representative of smokers most likely to seek treatment.
Trotzdem. Stimmt denn wenigstens die genannte Zahl 5000? Bereits die Aussage von Pfizer, es hätte in den klinischen Studien keine Suizidfälle unter Champix®-Anwendern gegeben, hatte sich ja als unwahr erwiesen. Einer der Champix®-Anwender starb durch Suizid.

Ganz offensichtlich stimmt auch die Zahl 5000 nicht. Gerade einmal 2451 Menschen haben laut Cochrane-Metaanalyse in den 6 klinischen Studien, auf deren Grundlage die Zulassung erfolgte, das Präparat erhalten. Weitere Studien konnte auch ich nicht finden.

Es gibt in meinen Augen nur eine Erklärung für diese Diskrepanz: Pfizer bezieht in seine Angabe die Kontrollgruppen mit ein, die mit Plazebo oder einem Alternativpräparat behandelt wurden, um Champix® sicherer erscheinen zu lassen, als es ist.

(Dank an strappato für die Möglichkeit, hier hin und wieder auch auf der ersten Seite mein Unwesen zu treiben.)
 
[Champix]
Autor: hockeystick   2007-11-26   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  


mager   2007-11-26  
5000 Menschen
vielleicht gibt es auch so viele unpublizierte Studien mit zweifelhaftem Ergebnis?
Mager, der eher an den Kontrollgruppe-Mitzählen-Taschenspielerei glaubt


strappato   2007-11-26  
Ich habe weitere Indizien, die für das Kontrollgruppen-Mitzählen sprechen.








Stationäre Aufnahme












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