Schweinegrippe: Unterschiedliche Maßstäbe bei Todesfällen in Zusammenhang mit Infektion oder Impfung

Das Arzneitelegramm kritisiert in seiner aktuellen Ausgabe den uneinheitlichen Umgang der Behörden mit Todesfällen von Personen, die mit dem H1N1-Virus infiziert waren und mit Todesfällen im zeitlicher Nähe zur Schweinegrippe-Impfung.

Todesfälle von H1N1-Infizierten sind grundsätzlich meldepflichtig. Todesfälle nach Impfung sind dagegen nur meldepflichtig, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zur Impfung bereits vermutet wird.

Weiterhin wird bei H1N1-Infizierten auch ohne den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs von einem "H1N1-assoziierten Todesfall" gesprochen. Dagegen werden Todesfälle nach Impfung regelmäßig auf bereits bestehende Grunderkrankungen zurückgeführt, wenn ein Kausalzusammenhang zur Impfung "nicht nachweisbar" ist. Dazu das Arzneitelegramm:
Dabei ist es unseres Erachtens durchaus vorstellbar, dass Personen mit Vorerkrankungen, die nach der Immunisierung beispielsweise Fieber entwickeln, eine daraus resultierende akute Herz-Kreislauf-Belastung ebenfalls schlecht kompensieren können. Auch der immer wieder vorgebrachte Hinweis, dass Todesfälle in Verbindung mit der Impfung vor dem Hintergrund gesehen werden müssen, dass in Deutschland täglich etwa 2.000 Personen versterben (so genanntes "Grundrauschen"), ist zwar korrekt, greift aber zu kurz: Diese Tatsache muss selbstverständlich auch bei den Todesfällen, die der Erkrankung an Schweinegrippe zugeschrieben werden, berücksichtigt werden. Nach Hochrechnung eines Statistikers der Universität Dortmund werden bis November 2010 fast 3.000 Menschen sterben, die rein zufällig auch das Schweinegrippevirus in sich tragen.
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Hier der Artikel aus der "Welt" mit der zitierten Hochrechnung.
 
[Schweinegrippe]
Autor: hockeystick   2009-12-16   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  


amelia   2009-12-16  
Wahrscheinlich lautet das Gegenargument, dass man Leute mit gesundheitlichen Vorschäden ja einfach nicht impfen müsse, während es nicht möglich sei, dieselben Personen vor einer Infektion mit dem Virus zu schützen. Aber vermutlich sind diese Vorschäden nicht immer bekannt. Und außerdem sollen ja ausgerechnet chronisch kranke Menschen bevorzugt geimpft werden...


hockeystick   2009-12-16  
Es geht ja gar zunächst einmal gar nicht darum, für oder gegen die Impfung von kranken oder gesunden Menschen zu argumentieren.

Bei jeder medizinischen Intervention sollte das Nutzen-/Schaden-Verhältnis im Idealfall positiv ausfallen. Bei der Schweinegrippe-Impfung ist die Datenlage, auf deren Basis sich dieses Verhältnis abschätzen ließe, aber nun einmal ausgesprochen dünn. Niemand kann mit Sicherheit sagen, welcher Weg der Richtige ist.

Nun könnte durch die geschilderte asymmetrische Behandlung von Todesfällen der ungute Eindruck entstehen, dass es den zuständigen Behörden gar nicht in erster Linie darum geht, dieses Verhältnis im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten in Zähler und Nenner wenigstens möglichst realistisch abzuschätzen, sondern dass es ihnen vielleicht darum gehen könnte, die einmal getroffene Entscheidung für den vergleichsweise schlecht verträglichen Pandemieimpfstoff im Nachhinein möglichst gut aussehen zu lassen. Und diesen Eindruck kann doch eigentlich keiner wollen.


der landarsch   2009-12-17  
Sind wir uns doch darüber im Klaren, dass die Schweinegrippe für den Patienten eine ganz normale mittelschwere Krankheit darstellt - mit all ihren Gefahren und Risiken.

Dass sie aber für die Politik wegen des Pandemierisikos, also der Gefahr, dass sehr viele Menschen gleichzeitig daran erkranken und dass dadurch "der Staat zursammenbrechen könnte", eine massive Bedrohung darstellt. Und um dieses (ihr) mulmiges Bauchgefühl zu befriedigen tun die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung doch alles, sogar mit Statistiken manipulieren!

Grundsätzlich ist es immer besser, eine Krankheit durch eine rechtzeitige (geringer gefährliche) Impfung zu vermeiden. Aber ebenso grundsätzlich ist es auch die Aufgabe jedes Bürgers, dies mit Augenmaß zu tun und sich nicht für irgendwelche Fremdinteressen in eine unkalkulierbare Gefahr jagen zu lassen!


amelia   2009-12-17  
Das Hauptproblem scheint ja der verwendete Impfstoff zu sein und nicht die Impfung an sich. Was ich mich deswegen frage, ist, ob man den Vertrag mit GSK nicht hätte nachverhandeln können. Ein Land wie Deutschland ist doch sicherlich kein ganz unwichtiger Kunde für dieses Unternehmen... Wenn das Zeug mit den Wirkverstärkern ohnehin teurer ist als der konventionelle Impfstoff, der z.B. in den USA verwandt wird, hätte es doch wohl genügend Spielraum für eine Ausgleichszahlung an GSK gegeben (um z.B. zu einem anderen Anbieter wechseln zu können, wenigstens für die Risikogruppen).








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