Make It Real overweight

Coca Cola verkauft Lifestyle, keine schnöde Brause. Dieser Lifestyle wird auch in einer Blogger-WG zelebriert, die in die Kritik geraten ist.

Die Ergebnisse des Nationalen Ernährungssurveys 1998 oder des Gesundheitssurveys belegen, dass dieser Lebenstil nicht immer der Gesundheit zuträglich ist.

Das betrifft besonders die Jüngeren: Der Limonadenkonsum ist bei Kindern und Jugendlichen am höchsten und sinkt bei über 25-jährigen wieder ab (Ernährungssurvey 1998). Hier wird klar, warum Cola & Co besonders Jugendliche mit der Werbung ansprechen wollen.

Als Folge wird der anzustrebende Anteil von unter 50% an Kolenhydraten an der Gesamtenergiemenge die am Tag aufgenommen wird, von weniger als 50% der Gesamtbevölkerung erreicht. Besonders bei Jugendlichen sind Di- und Polisaccharide (Zucker) die Hauptkolenhydratquelle. Die Folgen sind unübesehbar, wenn man durch die Strassen geht: Dicke Kinder und Jugendliche. Über 25% der 18- bis 29-jährigen sind übergewichtig (BMI > 25) und 5% haben behandlungsbedürftige Adipositas (BMI > 30).

In einer Untersuchung in Berlin zeigte sich schon bei über der Hälfte der 3- bis 6-jährigen ein ungünstiges Verzehrmuster bei Cola, Limonanden und Eistee. Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey, dessen Ergebnisse im September vorgestellt werden und die Ernährungsstudie EsKiMo sollen belastbare Daten zur Situation bei Kindern in Deutschland liefern. Auch ohne diese Daten wird die Bedeutung von Limonaden bei dieser Kalorienzufuhr klar, wenn man sich vor Augen führt, dass 1 Liter Coca Cola umgerechnet 40 Würfel Zucker enthält. Bei dem beliebten Eistee sieht es nicht viel besser aus. Auch hier ist Coca Cola mit dem Produkt "Nestea" mit dabei.

Dieser Lebensstil ist ein globales Problem und verändert selbst die Ernährung in den Entwicklungsländern - Coca Cola Shape allerorten. Coca Cola steht in der Kritik. Kürzlich hat der Konzern angekündigt, Automaten in US-Schulen nicht mehr mit zuckerhaltigen Getränken zu bestücken - allerdings erst unter Druck, denn etliche Bundesstaaten hatten bereits Softdrinks per Gesetz aus den Schulen verbannt.

Wenn dies nur eine ästhetische Frage wäre. Jedoch gibt es Begleit- und Folgeerkrankungen, die mit dem Übergewicht einhergehen: Bluthochdruck, Koronare Herzkrankheiten, Fettstoffwechselstörungen, Schlaganfall, orthopädische Erkrankungen und nicht zuletzt der Typ-2-Diabetes.

Noch vor wenigen Jahren kam der Typ-2-Diabetes hierzulande bei Kindern faktisch nicht vor. Experten schätzen die Zahl der Neuerkrankungen bei Kindern mittlerweile auf jährlich 200 in Deutschland. Aktuell leben mehr als sechs Millionen Menschen mit einer Typ-2-Diabetes Erkrankung in der Bundesrepublik. Schätzungen gehen bis 2010 von zehn Millionen Patienten aus. Nicht nur in Deutschland: Wir erleben gerade eine weltweite Diabetes-Epidemie.

Für Deutschland gibt es Kosten-Schätzungen, die im Rahmen der Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes gemacht worden sind. Dort werden 5,12 Milliarden Euro an direkten Kosten für die Behandlung von Diabetes angegeben. Eine andere Studie kam auf 16 Milliarden Euro an Kosten für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die aktuelle Krankheitskostenrechnung für 2002 ordnet 0,7% der verlorenen Erwerbstätigkeitsjahre und 1,6% der verlorenen Lebensjahre dem Diabetes zu. Die Folge- und Begleiterkrankungen des Diabetes sind auch hier nicht eingeschlossen.

Die Nahrungsmittelindustrie und die Getränkehersteller - allen voran der Coca Cola Konzern, haben durch ihre Produkte und die massive auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zugeschnittene Werbung ihren Anteil an dieser Entwicklung.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-06-08   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2006-06-08  
Fast einverstanden.

Nur die Behauptung, die sogenannten "Fettstoffwechselstörungen" (cleverer Marketing-Terminus für einen nach Auffassung vom pharmaindustrienahen Kreisen "zu hohen" LDL-Cholesterinspiegel oder neuerdings auch "zu niedrigen" HDL-Cholesterinspiegel) wären eine Folge von Übergewicht, ist schlicht falsch. Da sich die Serum-Cholesterinspiegel durch die Ernährung generell nicht oder nur marginal beeinflussen lassen, überrascht es nicht, dass auch praktisch keine Korrelation zwischen dem BMI und den Lipid-Werten besteht (vgl. z.B. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=1431769&dopt=Abstract ) . Man kann also richtig fett sein, und trotzdem "günstige" Lipidwerte haben. Dieser vermeintliche Zusammenhang wurde nur in den Medien schon so oft ausgebreitet, dass man schon sehr skeptisch veranlagt sein muss, um es nicht langsam selber zu glauben. Kurz gesagt: Mit Coca Cola und Schweinebauch kann man sich zwar ohne weiteres umbringen, aber die Lipid-Werte bleiben so "günstig" oder "ungünstig" wie vorher.


moneymaker   2006-06-09  
Warum BMI?
Was ist der wissenschaftliche Hintergrund für den BMI(= Gewicht in Kg/(Körpergrösse in m)^2) ? Früher waren die Formeln anders: Normalgewicht in Kg= Körpergrösse in cm - 100; Idealgewicht=0.90*Normalgewicht; Übergewicht=1.1*Normalgewicht. Das Mass BMI erscheint mir irgendwie willkürlich und die Abgrenzungen (BMI<25)sind nicht nachvollziehbar.


strappato   2006-06-09  
Gute Frage. Bei Wikipedia steht dazu einiges. Es ist ein Indikator, auf dem man sich geeignigt hat, um Vergleiche zu ermöglichen.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Übergewicht ein Problem für die Gesundheit und unser Gesundheitssystem darstellt und der Anteil der Übergewichtigen erschreckend hoch ist und weiter steigt.


hockeystick   2006-06-09  
Beide Ansätze beruhen auf stark vereinfachten Modellannahmen. Ersterer geht davon aus, dass sich ein großer Mensch von einem kleinen durch lineare Streckung in lediglich einer Dimension unterscheidet, also den Querschnitt beibehält. Der BMI geht davon aus, dass ein großer Mensch aus einem kleinen durch eine lineare Streckung in zwei Dimensionen hervorgeht (etwa: die Körpergröße und die Breite). Alternativ könnte man sich auch ein Modell mit drei Dimensionen vorstellen, etwa wie bei einer Aufblaspuppe. Der BMI trifft besser als das lineare Modell den subjektiven Eindruck dick/dünn, aber versagt ebenfalls bei kräftig gebauten, muskulösen Gestalten. Neuerdings ist ja das Bauchfett als Risikofaktor en vogue, da ein dicker Bauch sich ungünstiger auf die Lebenserwartung auswirkt als ein hoher BMI.








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