Zukunftserwartungen

Wenn jetzt schon wieder die Ärzte streiken, dann zeigt sich viel Enttäuschung: Immer sind sie folgsam gewesen, haben den Numerus clausus geschafft, haben im Studium gebüffelt, haben den Chefarzt ertragen, haben Nachtdienste geschoben und akzeptiert, dass viele Fachärzte und vor allem die älteren Kollegen mit eigener Praxis so viel mehr verdienen als sie. Und dieses konformistische Leiden soll jetzt nicht mit dem Paradies der Höchstbezahlung belohnt werden? Was für eine Frechheit der Gesellschaft! Man ist doch Elite.

Ein lesenswerter Kommentar von Ulrike Hermann in der TAZ über die trügerische Sicherheit in einer egoistischen Gesellschaft.
 
[heile Welt]
Autor: strappato   2006-06-27   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  


malte diedrich   2006-06-27  
Es geht ja auch nichts über ein gesundes Feindbild. Mag sein, dass der Artikel seine Wahrheiten hat, ist aber der obenstehende Absatz doch eher peinlich.


strappato   2006-06-27  
Das Zitat ist bemerkenswert, weil es ein Klischee bedient, dass als Vorurteil nur in den Köpfen der Ärzte existiert. Bei den Ärzteprotesten hat man ja gesehen, dass die Bürger in ihrer Mehrheit Verständnis für die Forderungen der Ärzte hatten - nicht aus Anerkennung der elitären Leistung sondern aus Mitleid mit den Arbeitsbedingungen. Denn auch der Marburger Bund hat mit der Parole "Ärzte müssen einen eigenen Tarifvertrag haben und können nicht mit Krankenschwestern und Putzfrauen in einen Topf geschmissen werden", an das elitäre Selbstverständnis appelliert. Am Ende konnte er nur mit Mühe das Gesicht wahren und das Eingeständnis vermeiden, dass Ärzte doch nur normale Arbeitnehmer sind.

Wenn ich ein Feindbild hätte, müsste ich mir einen anderen Job suchen.


malte diedrich   2006-06-27  
Ich meinte nicht dich, sondern den Autoren des Artikels bezgl. des Feindbildes, sorry für das Missverständnis.
Ich bin da auch einfach emotional tangiert, da ich sehe und merke, wie sehr sich meine Freundin und ihre Kommilitonen während des Studiums und jetzt während des PJs anstrengen und diese Anstrengung als konformistisches Verhalten und Streben nach Elite dargestellt wird. Das empfinde ich zumindestens als unfair, eher noch als bösartig.


malte diedrich   2006-06-27  
abgesehen davon:
Die lange Zeit, in der die Ärzte stillgehalten haben und nicht wegen der Arbeitsbedingungen etwas getan haben, widerspricht dem elitären Anspruch dann doch (wobei ich Montgomery da nicht unbedingt als Beispiel anführen will, der als Verbandsrepräsentant seinen eigenen Realitäten unterliegt).


strappato   2006-06-28  
Stillhalten würde ich das nicht bezeichnen. Es hat niemand bemerkt. Zum einen weil die Klinikhierarchien immer noch bemerkenswert gut funktionieren und den Ärzten ein paar Monate Weiterbildungsanrechung und ein paar zur Weiterbildung nötige OPs wichtiger waren. Zum anderen weil der Marburger Bund lange Zeit der Verband der Chefärzte war.

Ich habe schon 1991 eine Befragung von Ärzten zur Arbeitszeit und Überstundenausgleich durchgeführt, im Auftarg der Ärztekammer Berlin und mit Unterstützung des Marburger Bundes.








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