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![]() Generation google Ich sitze gerade dran, für einen Bericht, die Ergebnisse von Arbeitsgruppen aus 5 verschiedenen Ländern zusammenzuschreiben. Was mir auffällt: Die Masse an Internet-Quellen, die zitiert werden. Es sind zum Teil junge Kollegen, die für uns noch keine Projekte bearbeitet hatten. Doch eine Generation google?
moneymaker 2006-07-27 Es wird Material erschlossen, das früher völlig unzugänglich war und auch heute im Print unerschliessbar wäre ( Wer hat schon die Disziplin, Inhaltsverzeichnisse und Kurzfassung von allen Artikeln einer Fachzeitungsausgabe zu machen, geschweige denn für mehrere Jahrgänge?).
Hier geht es um wissenschaftliche Fragestellungen. Klar macht es mehr Arbeit in einer Literaturdatenbank zu recherchieren, sich die relevanten Artikel zu besorgen und zu bewerten, beispielsweise die Qualität von Studien. Und das geht halt nur, wenn man den Originalartikel hat. Dann findet man auch Ergebnisse, die in den Abstracts nicht erwähnt werden, aber für die Fragestellung im Projekt relevant sind. Dafür werden die bezahlt.
Durch die relativ kurze Bearbeitungszeit, die Einarbeit in ein neues Thema und den Fokus auf umsetzbare Empfehlungen muss man natürlich Abstriche machen. Aber diese Menge an Internet-Quellen ist mir bisher noch nicht untergekommen. Ich sehe da durchaus einen Wandel in der im Studium gelernten - oder eher nicht gelernten - wissenschaftlichen Methodik. Ich hatte im ersten Semester "Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten". Da wurde gelehrt, wie man Exzerpte anfertigt und einen Karteikasten anlegt - ist ein paar Jahre her. Das ganze basiert auf Vertrauen. Ich kann die Originalquellen in den jeweiligen Landessprachen (in dem Projekt gab es ausser englisch noch 5 andere Sprachen) nicht prüfen. Genauso wenig wie die Glaubhaftigkeit der angegebenen Methodik, Datenbanken, Such- und Bewertungsstrategie. Ich kenne auch nicht alle Mitarbeiter persönlich. Nur aus Telefonkonferenzen. Aber wir halten unseren Kopf gegenüber dem Auftraggeber hin. Daher macht man sich doch so seine Gedanken. @abstracts
Das "wissenschaftliche" Arbeiten auf der Basis von Abstracts ist eine verheerende Unsitte, die es allein in dieser Branche gibt. Im Abstract wird regelmäßig das herausgestellt, was der Auftraggeber der Studie hören will. Der Rest wird freundlich in den hinteren Teil des Papers verbannt oder kann vom geneigten Leser selber aus den bruchstückhaft wiedergegebenen Rohdaten errechnet werden.
Das beginnt schon vorher: In unserem Bereich sind selbst harte verlässliche Daten über Prävalenz oder Inzidenz selten. Man ist auf Studien, Schätzungen und Expertenmeinungen angewiesen. Die Daten werden nicht besser, wenn sie auf der Internetseite einer öffentlichen Institution zu finden sind. Ganz im Gegenteil. Die sind entweder auch nicht interessenlos oder bestenfalls so faul, die erstbesten Zahlen zu nehmen. Die Angaben werden auch nicht vertrauenswürdiger, durch die Anzahl der Internetseiten, die sie anführen.
Nur wenn man die Originalquelle sich sucht und zitiert, kann man die Daten in einen Kontext stellen und die Validatät bewerten und man gelangt an Metainformationen, die für die abschliessende Bewertung für den Auftraggeber von Bedeutung sind. Wer da nicht selber einen hohen Anspruch an seine Arbeit hat und den kritischen Blick vermissen lässt, landet am Ende als Anja/Tanja/Mirko/Meiko im Marketing bei der Pharmaindustrie. moneymaker 2006-07-29 -) Bei den Ingenieuren sind Fachzeitschriften schon heute nur online zu lesen, da die Print-Ausgaben für eine Uni zu teuer ist. Es existieren deshalb Uni-Bibliotheksverbünde, die diese Zeitschriften elektronisch bereitstellen. Die Kosten sind geringer. Ich habe noch niemals irgendeine Schwierigkeit mit dem Auffinden von Originalarbeiten gehabt. In unserem Metier sind grundsätzlich alle Jhrgänge verfügbar. Aber Ingenieurwissenschaft ist auch erheblich weniger politisch als die Pharma Branche mit ihren Partikularinteressen. Deshalb ist dort der Zugriff zu Originalarbeiten erheblich schwieriger. -) Dissertationen werden auf Uni-Servern "für alle Ewigkeit" hinterlegt. Dadurch entfällt der Versand von 250 gedruckten Exemplaren an andere wissenschaftliche Bibliotheken. Die Promotionsordnungen wurden dementsprechend modifiziert. Ich hätter mich damals über eine solche Regelung sehr gefreut. -) Ich kenne eine ganze Menge von Wissenschaftlern, die die Schnauze voll von Fachverlagen und ihren Lektoren haben. Sie sind die Kürzungen ihrer Veröffentlichungen leid, nur damit die Arbeit in das Layout der Zeitschrift passt. Auch damit geht Info verloren. Sie publizierendeswegen (fast) nur noch online. -) Die Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens (z.B. Excerpte, Zettelkasten) habe ich auch noch so gelernt wie Sie, Herr Strappato. Nur heute schreibe ich meine Excerpte mit einem Editor und den Zettelkasten ergänze oder ersetze ich durch eine Datenbank. An der rbeitsweise hat sichim Lauf der Zeit nicht viel geändert, aber die Arbeitsmittel sind andere geworden. Herr Strappato, die Probleme , die Sie ansprechen, werden in Zukunft noch sehr viel grösser werden.
Online sind ja mittlerweile fast alle Journals. Die Frage ist nur, wie man da rankommt. In der Uni kein Problem, da die Bibliotheken auch über das Internet den Zugang für die Studenten und Mitarbeiter bereitstellen. Wir sind ja Privatwirtschaft. Die Kosten für die Beschaffung der Literatur sind hoch. Dazu kommt, dass jeder Verlag sein eigenes System des Zugangs und der Abrechung hat. Zusätzlich: Wir arbeiten ja nicht auf einem medizinischen Fachgebiet, sondern auf sehr unterschiedlichen. Wenn wirklich durch das neue Urheberrecht Dienste wie subito dicht machen müssen oder nur noch per Post oder Fax versenden können, wäre das eine Katastrophe.
Ich den Eindruck, dass besonders in der Medizin die Entwicklung in Sachen direkte online Veröffentlichung oder OpenAccess-Journals noch sehr hinter anderen Disziplinen hinterher hinkt. Ich bin da auch in einem Dilemma. Zwar würde ich mir selber mehr OpenAccess-Veröffentlichungen wünschen. Aber unsere Auftraggeber haben das Interesse, dass die Papers, die wir erarbeiten in Journals mit einem möglichts hohen "Marktwert" ( ![]() Noch mal zu den Techniken: Das Handwerk bleibt. Das Handwerkszeug wechselt. Nur gehen viele den Weg des geringsten Aufwands. Und das ist nunmal google, Abtracts und Sekundärzitate. Ich bin immer wieder erstaunt, dass Absolventen oder studentische Praktikanten so wenig über Literaturdatenbanken, Literaturverwaltungs-Software (z.B. ReferenceManager) und andere Dinge haben, die das wissenschaftliche Arbeiten erleichtern oder erst ermöglichen. Die Probeme werden grösser werden. Diese Ansicht teile ich. >> Kommentieren |
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