Abtreibungsverbot in Nicaragua

Die Frage, welches Land eines der restriktivsten Gesetze gegen Abtreibungen hat, wäre bei Jauch wohl 500.000 Euro wert. Denn kaum einer denkt dabei an Nicaragua.

Die Politik der Regierung versucht im Bündnis mit der katholischen Kirche und konservativen protestantischen Sekten, völlig überholte und der nicaraguanischen Realität entgegengesetzte Vorstellungen von Sexualität, Ehe und Familie durchzusetzen. Homosexualität wird wie Sodomie behandelt und mit ein bis drei Jahren Gefängnis bestraft. Statt Sexualerziehung in den Schulen läuft "Moral und Bürgerkunde" mit katholischen Wertevorstellungen. Nicaragua hat eine der höchsten Geburtenraten der Welt, aber Familienplanung wird strikt abgelehnt und der Gebrauch von Verhütungsmitteln als Beitrag zur Förderung von Promiskuität betrachtet. Müssig zu erwähnen, dass sich die Väter, ganz dem lateinamerikanischen Klischee entsprechend, ihren Pflichten entziehen. Es wird geschätzt, dass zwischen 30% und 50% der Frauen als Haushaltsvorstände ihre Familien alleine erziehen und ernähren.

Nun sind auch die letzten Ausnahmen aufgehoben worden, die Frauen eine legale Abtreibung ermöglichten, falls ihr eigenes Leben in Gefahr war. Der scheidende Präsident Enrique Bolaños hat ein Gesetz.zum Verbot aller Schwangerschaftsabbrüche in Kraft gesetzt. Der neue Präsident, der ehemalige marxistische Sandinisten-Führer Daniel Ortega, der sein Amt im Januar antreten wird, hatte sich auch für die Verschärfung des Abtreibungsrecht ausgesprochen.

Ein Aufruf von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, weil es im Widerspruch zu internationalen Übereinkommen stehe, hatte erwartungsgemäss keine Wirkung - genauso wie die Kritik von verschiedenen nicaraguanischen Frauengruppen, des nicaraguanischen Verband der Frauenärzte, der Vereinten Nationen, der WHO, Human Rights Watch und vielen anderen.

Die maximale Haftdauer für einen Verstoss gegen das Gesetz blieb dagegen bei 6 Jahren und wurde nicht, wie von Bolaños gefordert, auf 30 Jahre erhöht.

So werden Frauen weiterhin in Untergrund-Kliniken gehen und Engelsmacher aufsuchen, und damit ihre Gesundheit riskieren.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-11-20   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  


psychotic.bitch   2006-11-20  
Dazu gab es am 28.10. auch einen Artikel in der taz: Abtreiben verboten, Mütter egal

In Polen könnte ähnliches bevorstehen, siehe Produkte von Vergewaltigungen müssen ausgetragen werden








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