Pharmakugelschreiber-Test (VII) Impfungen sind immer ein schwieriges Thema. Zwischen homöopathischen Impfgegnern, professoralen Impfpäpsten, Kosten, Nutzen, Volksgesundheit, und nicht zuletzt dem Marketing der Impfstoffhersteller. Dieses ist nicht so ohne weiteres mit der PR für andere pharmazeutische Produkte zu vergleichen, da Vakzine in der Regel elektive Angebote sind, die der Patient aus der eigenen Tasche bezahlen muss, oder die grosszügig vom Staat zum Nutzen der Allgemeinheit finanziert werden. RotaTeq®, der Name auf dem Kugelschreiber-Clip, ist ein Impfstoff gegen Rotaviren von Sanofi Pasteur MSD (in den USA von Merck & Co.). Rotaviren lösen bei Säuglingen und Kleinkindern unter 5 Jahren akute Gastroenteritis aus. 90% aller Kleinkinder stecken sich mit dem Virus an. Ein demokratischer Virus, der in Industrie- und Entwicklungsländern gleichermassen grassiert. Während ernste Erkankungen mit Todesfolge in den westlichen Industrieländern sehr selten sind, gehören Rotaviren in den Entwicklungsländern jedoch zu den häufigsten Todesursachen von Kleinkindern. Der auffällige Kugelschreiber wirbt für ein ernstes Gesundheitsproblem, aber nicht dort, wo er verteilt wird. Die neu entwickelten Impfungen sind teuer. Für die drei Dosen RotaTeq® werden 150- 200 Euro fällig, das Konkurrenzvakzin von GlaxoSmithKline liegt in ähnlicher Höhe. Für Entwicklungsländer unbezahlbar. Eine Kostenübernahme wird in Deutschland noch diskutiert. Kein Problem für das österreichische Kinderimpfprogramm. Gesundheitsministerin Kdolsky hat die staatliche Kostenübernahme heute verkündet - was durch den hochpreisigen Impfstoff das Programm glatt im 200% verteuert. Von den 20,5 Millionen Euro im nächsten Jahr sollen 13,5 Millionen Euro alleine für die Rotaviren-Impfung ausgegeben werden. Wie der Artikel im Standard auf 6000 stationäre Fälle in Österreich kommt, ist unklar, die offiziellen Statistiken, die ich gefunden habe, gehen von 3000-3500 Fällen aus, wobei dies die Einweisungsdiagnose und nicht ein durch Diagnostik bestätigtes Virus ist. In Deutschland, mit einer fast 10-fach höheren Bevölkerungszahl gibt es Schätzungen, die von jährlich 25.000 stationär behandelten Kindern ausgehen. Die Kosten-Nutzen-Bewertung würde hier den Rahmen sprengen. Jedoch kann man wohl nur mit einigen Anstrengungen eine Kosteneffizienz errechnen. Zudem ist Impfstoff ist nicht vollkommen unbedenklich. Der Kugelschreiber ist sehr markant mit dem giftgrünen Griff, dem durchsichtigen violetten Körper und dem hellen Kopf. Ein Ausrufezeichen, das zum aktiven Marketing für Impfstoffe passt. Die Mechanik ist zwar knackig, aber die Mine eher billig. Was am Rande verwundert: Impfungen gegen Rotaviren werden in Österreich bezahlt, Impfungen gegen HPV erst noch evaluiert. In Deutschland evaluiert man die Rotaviren-Impfung, hingegen übernehmen die meisten Kassen die Impfung gegen HP-Viren, die Gebährmutterhalskrebs auslösen können - und die, trotz aller Vorbehalte gegen die HPV-Impfung, das grössere Gesundheitsproblem darstellen. [Pharmakugelschreiber]
siyani 2007-07-16
Der Zugang zu den relevanten Stellen bei Krankenkassen und Politik scheint unterschiedlich zu sein. Frauengesundheit ist in Deutschland ein grosses Thema, Kindergesundheit weniger.
Zum Thema Lobbying ein interessanter Beitrag:
Women in Government, Merck's Trojan Horse: Part Three in a Series on the Politics and PR of Cervical Cancer siyani 2007-07-17 >> Kommentieren |
br> |
Letzte Beiträge und Kommentare / Frohe Weihnachten
(strappato) / OH!!!
(kelef) / Frohe Weihnachten
(strappato) / Subjektive Wahrnehmung
(casadelmar) / Sehr interessante Sichtweise,...
(akademischer ghostwriter)
Zum Kommentieren bitte einloggen. |