Patientennetworking in Österreich Pharmamarketing in Österreich. Zum Thema "Sales – Ausverkauf am Pharmamarkt" hatte der Pharma Marketing Club Austria (PMCA) eingeladen. Wie geht es mit dem Vertrieb weiter angesichts der Herausforderungen von Gesundheitspolitik und Internet? Das Video offenbart eine Stimmung zwischen Ratlosigkeit und Pfeiffen im Walde. Zu den angesprochenen neuen "Kanälen" gehören zweifelsohne auch Patientenselbsthilfegruppen. Diese bekamen in Österreich in den letzten Wochen eine Anfrage mit dem Betreff "Umfrage bei SchmerzpatientInnen". Absender sind die "Focus Patient Ltd." und die "Meditia Information und Kommunikation". Darin wird um die Mitarbeit bei einer "Patientenumfrage für SchmerzpatientInnen" "ersucht". Im ersten Schritt sollen mögliche Fragen angegeben werden, die sinnvoll erscheinen, und anschliessend sollen die Verbände die Fragebögen verteilen. Sponsoren oder Auftraggeber werden keine genannt, dafür jedoch ein Testimonial einer Selbsthilfegruppe: "Bitte helfen Sie mit...". Ziel der Patientenumfrage ist, die zentralen Bedürfnisse und Interessen von SchmerzpatientInnen dem Gesundheitssystem und allen seinen Beteiligten aktuell nahe zu bringen und Verbesserungen für SchmerzpatientInnen zu ermöglichen. Die Patientenumfrage wird von MEDITIA INFORMATION UND KOMMUNIKATION und FOCUS PATIENT Ltd. durchgeführt und allen (anonymisiert) Kooperationspartnern als Basis für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt. Die Focus Patient Ltd. betreibt ein unabhängiges Patienten-Portal. Die Geschäftsführerin und Initatiatorin Ingeborg Obermayer kann auf eine lange Karriere in der Pharmaindustrie zurückblicken. Als Themenschwerpunkt nennt die Ex-Product Managerin bei AstraZeneca "Relationship Management". Auf der Internetseite gibt Meditia an, wir konzipieren, beraten und begleiten Informations- Kommunikations- und Interaktionsprozesse zwischen Patient/innen, dem Gesundheitssystem und allen seinen Beteiligten, der Gesellschaft und der Öffentlichkeit. Dahinter steht die Anwältin und Mediatorin Angelika Krauss-Rirsch. Bei Meditia finden sich auch die Fragebögen und Ergebnisse früherer Umfragen zu Multiple Skelerose, Diebetes, Morbus Parkinson und altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) als pdf-Dateien. Hier werden die Auftraggeber klar. Während in den Fragebögen nur die Kooperationspartner "Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger" (SV) und das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGF) aufgeführt sind, enthalten die Berichte die Auftraggeber: Multiple Sklerose - Welldone im Auftrag von Merck Serono, Parkinson - Welldone im Auftrag von Schwarz Pharma, AMD - Welldone im Auftrag von Pfizer. Für Diabetes steht der Bericht noch aus, aber im Fragebogen taucht ganz klein unten auf der letzten Seite der Name "Merck Sharp & Dohme" (MSD) auf. Auch ein Kunde der Pharma-PR-Agentur Welldone mit Januvia®, einem neuen Diabetesmedikament. Die Dokumenteneingenschaften der pdf-Dateien identifizieren Mitarbeiterinnen von Welldone als Verfasser. Was die aktuelle Umfrage zum Thema Schmerzen angeht, fänden sich in der Kundenliste von Welldone auch potentielle Auftraggeber: Mundipharma oder Pfizer. Da stellt sich da Frage wozu? Zwar sind die Beteuerungen, dies alles im Dienst der Patienten zu machen und unabhängig informieren zu wollen, nicht mehr recht glaubhaft, jedoch fehlt ein anderer Zweck und das Ministerium, SV und andere sind schliesslich mit dabei. Die Ziele werden beim Blick auf eine neue Unternehmung des Welldone-Chefs Riedl deutlich: Peri Consulting, in der bekannten Lazarettgasse 19 (in der Unterzeile der Website - Impressum Servitengasse). Da geht es um Lobbying und "Patientennetworking". Hier wird gleichfalls auf Fragebogen als Methode und auf die Zusammenarbeit mit korrespondierenden Selbsthilfegruppen, dem Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, der Wiener Gebietskrankenkasse, der Ärztekammer Österreich und den korrespondierenden ärztlichen Fachgesellschaften hingewiesen. Das Einbeziehen der Selbsthilfegruppen bei der Ausarbeitung des Fragebogens signalisiert Interesse und Empathie - etwas was bei Betroffenen sehr gut ankommt. Valdierte Instrumente zur Bewertung der krankheitsspezifischen Lebensqualität (HRQoL) fehlen. Sozialwissenschaftlich ist das methodisch fragwürdig. Es führt dazu, dass die Fragen auf 90% Zustimmung treffen. Der Effekt: Die Argumentation mit diesen Ergebnissen ist einfacher und die PR kann mehr Druck aufbauen. Um es mal zugespitzt zu formulieren: Peri verkauft die Kontakte zu Selbsthilfegruppen, Ministerium und SV an interessierte Unternehmen aus der Pharmaindustrie. Meditia und Focus Patient sind Aushängeschilder für Unabhängigkeit gegenüber den befragten Patienten und sollen Auftraggeber und Ziel verschleiern. Das gibt es nur in Österreich. Sozialversicherung und Ministerium liefern die PR-Munition, damit die Pharmaindustrie gegenüber ihnen die Notwendigkeit von Mehrausgaben begründen kann. [Oesterreich]
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