Schmiergelder auch bei Siemens-Medizintechnik

Nun soll die Medizintechnik-Sparte von Siemens von den Schmiergeldskandal des Konzerns betroffen sein. Nach bisherigen Hinweisen an den Aufsichtsrat könnten im Unternehmensbereich Medizintechnik gut 140 Millionen Euro in dunkle Kanäle geflossen sein. Das Handelsblatt präsentiert ein Beispiel:
Dabei seien Händlern von Siemens -Hörgeräten zunächst Rabatte gestrichen worden. Dann wurden in Höhe dieser Rabatte Flugtickets beim Reisedienst Med Travel gekauft. Diese Flugtickets wurden aber nicht genutzt, sondern sofort gegen Bargeld getauscht. Die Med Travel habe zehn Prozent als Kommission einbehalten. Den Grossteil händigten SAT-Manager persönlich den Händlern aus. Teils wurde das Geld in Plastiktüten transportiert. Das System sei offenbar seit langem eingespielt gewesen.
Klassische Kick-Back-Zahlungen.

Med Travel war von einem langjährigen Siemens-Mitarbeiter noch während seiner Konzerntätigkeit gegründet worden und und unterhielt nach Angaben des Handelsblatts auch danach "Geschäftsbeziehungen mit verschiedensten Siemens-Abteilungen".

Ich hatte mich schon länger gewundert, warum es denn ausgerechnet in der Siemens Medizintechnik sauber zugegangen sein soll.
 
[Medizinprodukte]
Autor: strappato   2008-01-24   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  


strappato   2008-01-24  
Noch eine Anmerkung: Der Whistleblower Stinnesbeck ist selber kein unbeschriebenes Blatt.

Ein Artikel aus der HAZ 7.1.2004:
Auf Türsteher haben Thomas Stinnesbeck und Peter Ruwe verzichtet. Wer Hals-Nasen- Ohrenarzt sei und wer nicht, das sehe man schon an der Körpersprache, versichern die beiden Köpfe hinter der Bonner Focus Hören AG. Dass einige Hörgeräteakustiker trotz fehlender Einladung Einlass bei ihrer „Roadshow” begehrten, können die Manager sogar verstehen. Schließlich wollen die beiden Bonner ihnen mit Hilfe der Mediziner das bisher so einträgliche Geschäft vermiesen.

Eigentlich wollte das Duo im nächsten Jahr nur vier Filialen eröffnen, jetzt planen die beiden bereits mit einem Dutzend. „Die Ärzte nehmen unser Vorhaben positiv auf” beteuert Ruwe. Sie sind die Hauptaktionäre der Aktiengesellschaft und werden, wenn alles so kommt wie geplant, gleich doppelt von ihrer Beteiligung profitieren - über Provisionen und als Aktionäre. Für die Schwerhörigen seien möglicherweise Preissenkungen von 15 Prozent drin, heißt es in Bonn.

Um das Wohl der Patienten geht es Focus Hören AG nur in zweiter Linie. Die Neugründung ist ein weiterer Versuch, das fest geknüpfte Beziehungsgeflecht zwischen Ärzten, Akustikern und Herstellern so weit zu lockern, dass für das eigene Geschäft noch hübsche Margen übrig bleiben. Das Potenzial ist riesig: 14 Millionen Deutsche leiden unter Hörstörungen, aber nur knapp ein Viertel davon trägt eine Hörhilfe. „Der Markt verlangt nach einer Bereinigung”, sagt Manager Ruwe. „Solche Strukturen wie hier zu Lande sind weltweit einmalig”.

In Deutschland kommen auf 3.200 HNO-Praxen etwa gleich viele Akustiker-Filialen. Im vergangenen Jahr wurde beim Zentralverband der Elektroindustrie der Verkauf von 560.000 Hörgeräten gemeldet - das ist am Tag weniger als ein Hörgerät pro Filiale. Der Engpass ist der Arzt”, sagt ein Beteiligter. Während Optiker auch Brillen verordnen dürfen, ist das den Akustikern bisher verwehrt. Damit sind sie von den Verordnungen der HNO-Ärzte abhängig. Eine Kiste Wein, ein Präsentkorb zu Weihnachten oder auch schon mal ein Reitsattel für die Arztfrau seien als Dank für eine Empfehlung auch früher schon drin gewesen, berichtet der Vertriebsleiter gewesen, berichtet der Vertriebsleiter eines Filialisten. “Aber seit 1989 ist nichts mehr wie es war.”

In diesem Jahr kam für die Branche die Wende - mit Sanomed. Der Hamburger Versandhändler hat den Markt revolutioniert: Auf seinem verkürzten Versorgungsweg schaltete Geschäftsführer Andreas Coburger die Akustiker aus. Mit Sanomed kooperierende HNO-Ärzte messen selbst den Hörverlust ihrer Patienten und fertigen den benötigten Abdruck vom Innenohr. Die entsprechenden Daten und die Ohrplastik schicken sie an die Alster, zwei Wochen später passt der Mediziner die Hörhilfe in seiner Praxis an. Während die Schwerhörigen beim Akustiker bis zu 1.500 Euro je Gerät zuzahlen mussten, kamen sie bei Sanomed lange mit dem Zuschuss ihrer Krankenkasse aus - in Niedersachsen liegen die Festbeträge je Hörgerät zwischen 363 und 509 Euro. Mittlerweile verkaufen die Hamburger in Deutschland jedes zehnte Hörgerät und sehen sich damit als Marktführer.

Sanomed vergütet dem Arzt seine Dienste mit bis zu 125 Euro pro Gerät. „Das ist keine Provision”, sagt Coburger. „Das ist eine saubere Entlohnung”. An deren Höhe orientiert sich inzwischen die gesamte Branche. Wer als Akustiker im Geschäft bleiben wolle, müsse bluten, heißt es. Entweder werde schwarz nach „BAT” gezahlt („bar auf Tatze”), oder der Arzt erhalte - wie etwa bei Hörgeräte Kind aus Großburgwedel - eine Pauschale für so genannte Befundberichte. Wie hoch deren wissenschaftliche Qualität einzuschätzen ist, gilt in der Branche als strittig. Nur jeder fünfte Akustiker, so schätzen Branchenkenner, komme ohne offene oder verdeckte Provisionen über die Runden.

Die Rechnung zahlen am Ende die Patienten. Der Verkauf der überteuerten Hörgeräte- Batterien sichere dem Akustiker die Miete, das Reparaturgeschäft decke die Personal- kosten - nur der eigentliche Gewinn stamme aus den Margen für die Hörgeräte. „Sie fangen bei 40 Prozent an und sind nach oben offen”, räumt ein Akustiker ein. Preisschilder suchen die Patienten in den Geschäften auch deshalb meist vergebens. „Viele gucken erst mal, mit welchem Wagen jemand vorfährt.”
Auch die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker weiß um solche Machenschaften. Sie seien aber die Ausnahme und nicht die Regel, sagt Geschäftsführer Jakob Stephan Baschab: „Schwarze Schafe gibt es bei uns wie in jeder Branche - die gilt es aus- zusondern”. Die Innung setze sich seit Jahren für eine Trennung von medizinischen und handwerklichen Leistungen ein. „Wir lehnen alle Bezahlmodelle ab”. Baschab gesteht aber zu, dass der Wettbewerbsdruck deutlich gestiegen ist.

Das bereitet inzwischen selbst den Preisbrechern Probleme - mit ihren Lieferanten zum Beispiel. Im Prinzip würde er gern Fabrikate aller Hersteller vertreiben, sagt Sanomed- Geschäftsführer Coburger. Leider seien viele aus Furcht vor einer „Akustiker-Blockade” eingeknickt. Neben dem hohen Kaufpreis war wohl auch das für Sanomed ein Argument, um sich im Mai vom US- Hersteller Sonic übernehmen zu lassen. Auch dem Neueinsteiger Focus Hören droht ein Engpass, zumindest beim Marktführer Siemens. Der Konzern verübelt es seinem langjährigen Hörgeräte- Vertriebsleiter Stinnesbeck, dass er parallel zu seiner Tätigkeit für den Konzern die neue Gesellschaft aufgebaut hat, der er seit Neujahr als Alleinvorstand vorsteht. Immer wieder müsse man aufgebrachten Akustikern versichern, dass Siemens mit Focus nichts zu tun habe, heißt es bei dem Konzern. „Alles in allem ist das einfach kein sauberer Markt.

Stinnesbeck hat schon auf der Siemens-Hauptversammlung 2007 in einem pdf-DateiAntrag auf die schwarzen Kassen und die Kick-Back-Zahlungen hingewiesen. Hat wohl niemand von den Wirtschaftsredakteuren gelesen? Oder lesen wollen?








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