Industrienahe Psychiater warnen vor Antidepressiva-Verzicht

In der Süddeutschen Zeitung und in der Ärzte Zeitung melden sich nun - wenig überraschend - Professoren zu Wort, die vor eine Überbewertung der jüngst veröffentlichten Antidepressiva-Studie warnen. Die Studie hatte erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) besonders bei leichten und mittelschweren Depressionen geweckt und vor allem in den britischen Medien für Aufsehen gesorgt.

Ebenso wenig überraschend, dass beide Professoren über finanzielle Verbindungen zu den Herstellern von Antidepressiva verfügen, und dass diese in den beiden Artikeln nicht thematisiert werden. Professor Ulrich Hegerl, der in der Süddeutschen Zeitung zu Wort kommt, äußert sich beispielsweise auf Pfizer-finanzierten Veranstaltungen wohlwollend über deren Produkte. Und auch Professor Hans-Jürgen Möller, der in der Ärztezeitung dazu rät, weiterzumachen wie bisher, taucht immer wieder mit verschreibungsfördernden Aussagen über die Produkte der jeweiligen Sponsoren auf pharmafinanzierten Symposien auf. Seien es Antidepressiva oder z.B. auch die umstrittene Diätpille Acomplia®.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: hockeystick   2008-03-03   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2008-03-03  
In der Welt meldet sich Prof. Wolfgang Gaebel zu Wort, Präsident der DGPPN, ebenso wie in einer Stellungnahme der DGPPN. Hier wie dort kein Wort von Interessenkonflikten.

Wenig Überraschendes bringt dann auch beispielsweise ein Blick auf die Industriesymposien des DGPPN-Kongresses 2007 mit sich.

Mittagssymposium
Mittwoch , 21.11.2007 13:30 – 15:00 Uhr
Schizophrenie und Bipolare Erkrankungen – Therapiestrategien bei Ersterkrankten
Vorsitz: Prof. Dr. Wolfgang Gaebel (Düsseldorf)
Veranstalter: AstraZeneca GmbH

[...]

Mittagssymposium
Freitag , 23.11.2007 13:30 – 15:00 Uhr
Innovative pharmakologische Strategie in der Behandlung der Schizophrenie und GAD
Vorsitz: Prof. Dr. Wolfgang Gaebel (Düsseldorf)
Veranstalter: Lilly Deutschland GmbH



hockeystick   2008-03-03  
Jetzt kommt Gaebel bzw. die DGPPN auch im Ärzteblatt zu Wort.

Natürlich ohne Hinweis auf Interessenkonflikte.

Ich hätte ja auch schon eine Theorie, wie sich wohl die DGPPN finanziert. Dazu kann ich aber auf deren Homepage nichts finden.

Wie deren Veranstaltungen finanziert werden, wissen wir ja schon:

Sponsoren:

- AstraZeneca GmbH
- SERVIER Deutschland GmbH
- Merz Pharmaceuticals GmbH
- Pfizer Pharma GmbH
- Janssen-Cilag GmbH
- Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KgaA / Otsuka Pharmaceuticals
- Wyeth Pharma GmbH
- Eisai GmbH
- Lilly Deutschland GmbH
- Lundbeck GmbH
- GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG

Aussteller:

- Agfa Healthcare GmbH (Rg:GWI AG)
- AstraZeneca GmbH
- Auer + Ohler GmbH
- Bayer Vital GmbH
- betapharm Arzneimittel GmbH
- Biogen Idec GmbH
- Börm Bruckmeier Verlag GmbH
- Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA
- Carl-Auer Verlag
- Cyberonics Europe Sa/nv
- Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.
- EISAI GmbH
- Elsevier GmbH
- esparma GmbH
- FBI Fred Berninger Importe OHG
- FMA Medizin GmbH & Co.KG
- Georg Thieme Verlag KG
- GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
- Harcourt Test Services GmbH
- Hexal AG
- HITACHI Medical Systems GmbH
- Hogrefe & Huber Verlag
- Hormosan Pharma GmbH
- INNOGENETICS GmbH
- inomed Medizintechnik GmbH
- Janssen-Cilag GmbH
- Kohlhammer
- Krewel Meuselbach GmbH
- Lilly Deutschland GmbH
- Localite GmbH
- Lundbeck GmbH
- Medführer GmbH
- Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG
- Merz Pharmaceuticals GmbH
- Neuraxpharm
- Arzneimittel GmbH u. Co.KG
- NEXUS/MEDICARE GmbH
- Novartis Pharma GmbH
- Pfizer Pharma GmbH
- Psychiatrie-Verlag GmbH
- Sanofi-Aventis Deutschland GmbH
- Schattauer GmbH
- Schwarzer GmbH
- Servier Deutschland GmbH
- Springer Medizin Verlag
- Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH
- TAD Pharma GmbH
- Temmler Pharma
- Thieme & Frohberg GmbH
- UCB GmbH
- ulti med Products (Deutschland) GmbH
- Verlagsgruppe Beltz
- von minden GmbH
- Wisepress Online Bookshop
- Wyeth Pharma GmbH
- ZPID

Praktisch finde ich den kostenlosen Expertenservice der DGPPN:
Im Expertenservice der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) ist das gesamte Spektrum der psychischen Krankheits- und Störungsbilder vertreten - von A wie ADHS, der so genannten Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, bis Z wie Zwangserkrankung. Zudem beraten Experten der DGPPN zu Fragen der psychischen Gesundheit in unserer Lebens- und Arbeitswelt sowie zu aktuellen Forschungsthemen in der Genetik oder den Neurowissenschaften.

Dieser Expertenservice ist kostenlos und steht allen Anfragen aus den Medien oder von Interessensvertretern aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zur Verfügung.



hockeystick   2008-03-03  
Hier kommt ein wenig Licht ins Dunkel. Aus einem SPIEGEL-Artikel von 2003:
Finanzielle Verbindungen gerade zwischen Psychiatern und Pharma-Firmen sind in Deutschland gang und gäbe. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) beispielsweise lässt sich von Unternehmen wie Astra Zeneca, Aventis Pharma Deutschland, Lilly, Novartis Pharma und Organon "unterstützen". Die von Firmen gesponserten "Presse-Infos" weisen die Öffentlichkeit auf immer neue Psycho-Leiden hin. So war im September 2002 zu lesen: "Depressionen, Angsterkrankungen, Süchte - so heißen die neuen Zivilisationskrankheiten."



hockeystick   2008-03-03  
Das hier sollten sich die Qualitätsjournalisten mal ausdrucken und unter's Kopfkissen legen. Ich glaube ja nicht, dass es hilft.


strappato   2008-03-03  
Der Druck ist gross: In Grossbritannien hat das Gesundheistministerium von den Herstellern alle klinische Daten gefordert, um die Behandlungsleitlinien zu prüfen.








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