Diskussion über "Korrupte Medizin" Wieder einmal erscheint dieser Tage ein Enthüllungsbuch über die Praktiken der Pharmaindustrie. Einzigartig macht es jedoch der Autor und die Methode, mit der ein Blick hinter die Kulissen der Branche geworfen wird. Hans Weiss hat vor 25 Jahren den fast legendären Bestseller "Bittere Pillen" mitverfasst, in dem zum ersten Mal kritisch über Nutzen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln berichtet wurde. Die jeweils aktualiserten Auflagen brachten es auf über 2,5 Millionen verkaufte Bücher. In seinem neuen Buch "Korrupte Medizin: Ärzte als Komplizen der Konzerne - ein Pharma-Consultant packt aus" wirft der Österreicher Weiss einen Blick auf die Ärzte, ohne die das Pharmamarketing ins Leere laufen würde. Der Journalist ist dafür in eine andere Identität geschlüpft. Nach einer halbjährigen Fortbildung zum geprüften Pharmareferenten trat er als Arzt auf, mal als Pharma-Consultant oder als Export-Import-Händler und recherchierte 2 Jahre im Dickicht der Mietmäuler. Besonders brisant: Im Ende des Buches finden sich fast 20 Seiten mit "Disclosure Statements", also Informationen, welche prominenten Ärzte welche klinischen Studien für welche Pharmaunternehmen durchgeführt haben oder für wen sie als Berater tätig waren. Die Informationen stammen zum Teil aus Publikationen der Betroffenen und sind daher eher ein Beweis für Transparenz. Trotzdem ist zu befürchten, dass diese Aufzählung als eine Art schwarze Liste interpretiert wird. Ich habe das Buch noch nicht gelesen. Ende letzter Woche ist es in Österreich vorgestellt worden. Dazu gibt es Interviews im Standard und im Kurier, einen längeren Artikel im Wirtschaftsmagazin Profil, oder einen Bericht im ORF. In unserem Nachbarland haben die von Weiss erhobenen Vorwürfe schon für Aufregung gesorgt. Jan Huber, Generalsekretär des Pharmaverbandes Pharmig, fordert Weiss auf, falls er klare Beweise in Österreich habe, dann solle er eine Sachverhaltsdarstellung an den Staatsanwalt schicken. Hans Weiss ist morgen Gast in der Sendung Menschen bei Maischberger (Dienstag, 18. November 2008, 22:45 Uhr ARD), in der es um das Thema "Der betrogene Patient: Machen Medikamente krank?" geht. Mit dabei Cornelia Yzer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), und Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). [Buch]
plazebo 2008-11-17 Übrigens hat Weiss "Bittere Pillen" nicht allein verfasst, er war einer von drei Autoren (Langbei, Martin). Später hat er dann nochmal ein ähnliches Buch in Eigenregie herausgebracht: 3x täglich. Nur der Vollständigkeit halber. Spannend ist das. >> Kommentieren strappato 2008-11-17 Die mächtigste Frau im deutschen Gesundheitswesen hat keine öffentliche Funktion, kein öffentliches Gesicht und keinen öffentlichen Namen. Vielleicht liegt das daran, dass es zu ihrem Beruf gehört, nicht zu viel Wind zu machen, daran, dass ihr Gesicht glatt und gleichmäßig ist wie das einer Porzellanpuppe, oder auch daran, dass ihr Name klingt wie ein Streifschuss. Cornelia Yzer jedenfalls verschickt lieber Pressemitteilungen als in Fernsehtalkshows zu reden, und wenn sie es doch einmal tut, dann feuert sie Sätze ab wie mit einer Maschinenpistole.
TAZ am 15.5.2004.>> Kommentieren strappato 2008-11-18 Sehr schön der Kommentar aus dem Gesundheitsministerium: Es gibt aber klare Spielregeln in dieser Branche, die wir auch unauffällig, aber konsequent kontrollieren.
Unauffällig. Daher ist mir noch nicht aufgefallen, dass der
Verstoss gegen das Arzneimittelgesetz von MSD Austria Konsequenzen hat.>> Kommentieren mager 2008-11-19 Gute Nacht!
Auch mein Eindruck.
Die Diskussion war in dem Rahmen und mit der Moderatorin ganz o.k. Was ich nicht gut fand: Dieses gute Ärzte/Schlechte Ärzte. So einfach ist es dann doch nicht. Und es auf persönliche Verfehlungen und Einzelfälle zu beschränken wird der Situation nicht gerecht. Manchmal habe ich mich gefragt, ob das, was ich so erlebe eine Parallelwelt ist oder ich träume. Hätte nicht viel gefehlt und die hätten Merck bei Vioxx einen Freispruch attestiert.
Die Diskussion hat auch daran gekrankt, dass die sich alle gut kannten. Strohmeyer, Ludwig, Yzer - ist nicht ganz so schlimm wie in Österreich, aber die müssen auch nach Maischberger noch zusammen auf Podien und in Meetings sitzen. Daher war Weiss abgemeldet. Im Übrigen ist die Methode "Wallraff", unter falscher Identität verdeckt zu recherchieren, gar nicht gut gelitten. Das wird immer so bewertet wie illegal erlangte Beweise vor Gericht.
Das Thema Vioxx haben sie in der Tat verschenkt. Hängengeblieben ist: Irgendwie dumm gelaufen, die Sache, und es hat vielleicht sogar ein paar Tote gegeben deswegen. Vieleicht waren die Leute aber auch selbst schuld, wegen ihrem Cholesterin.
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