Weihnachten bei MedCom international und der Deutschen Seniorenliga (DSL)

Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Besinnung und des Rückblicks.

Grund genug, noch einmal einen Blick auf die erstaunliche Bonner PR-Firma Medcom international medical&social communication GmbH zu werfen. Deren Geschäftsmodell scheint u.a. darauf zu beruhen, dass sie die PR-Botschaften ihrer Kunden verdeckt unter dem Label "Deutsche Seniorenliga (DSL)" in die Welt verbreitet. Überhaupt gibt es eine Nähe zwischen der PR-Firma Medcom international und der "gemeinnützigen" Seniorenliga, die mit dem Wort "erstaunlich" nur ungenügend charakterisiert ist. Darüber hatten wir im April ausführlich berichtet.

Die Deutsche Seniorenliga (DSL) hat in den vergangenen Monaten ihre Aktivitäten etwas reduziert, jedenfalls scheint das Echo in den Medien nach mehreren Jahren einen Tiefststand erreicht zu haben. Inzwischen scheint im Pharmasektor gar eine plötzliche Zurückhaltung, zumindest jedoch eine Schüchternheit ausgebrochen zu sein, was die Zusammenarbeit mit der Firma Medcom angeht. Dafür spricht ein beunruhigender Rückgang der Pharma- und Medizintechnik-Kunden in der Referenzenliste der MedCom. Von den im April aufgeführten elf Kunden aus diesem Sektor sind mittlerweile acht Firmen spurlos aus der Referenzenliste verschwunden (Essex, Fumedica, Fujisawa, Merz, Novartis, Orthomol, Dr. Pfleger und Schering).

Mit den Referenzkunden verschwunden sind einige, aber nicht alle Broschüren der Deutschen Seniorenliga, von denen man annehmen konnte, dass sie von interessierten Pharmafirmen finanziert wurden, ohne dass dies in den Broschüren ausgewiesen war. Immer noch zu haben sind aber beispielsweise die Alzheimer-Broschüren der Seniorenliga, die man für getarntes PR-Material der Firma Merz halten könnte.

Die Firma Merz gehört dennoch zu den Pharmafirmen, die spurlos aus der MedCom-Referenzenliste verschwunden sind. Wenn es darum geht, mit einem kongenialen Auftritt des früheren ARD-Gesundheitsexperten Hademar Bankhofer und des Seniorenliga-Vorsitzenden Erhard Hackler in der mutmaßlichen Dauerschleichwerbesendung "Spektrum Gesundheit" auf der hauseigenen Internetseite www.alzheimerinfo.de Werbung zu machen (www.alzheimerinfo.de/metadata/vodcast200706/), zeigt sich die Firma Merz bislang weniger zurückhaltend.

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Beim Betrachten des Videos wird es mehr als deutlich, trotzdem noch der Hinweis: Natürlich ist das höchst umstrittene verschreibungspflichtige Medikament "Memantine" das Merz-Produkt, das der Seniorenliga seit vielen Jahren - und Bankhofer für die Dauer der Aufzeichnung dieser Sendung - am Herzen liegt.
 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-12-22   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  


hockeystick   2008-12-23  
Nett ist beispielsweise die aktuelle Seniorenliga-Broschüre "Alzheimer erkennen - Leitfaden für Betroffene und Angehörige". Darin wird nur ein Medikament genannt - "Memantine" (eigentlich Memantin - die englische Schreibweise stellt sicher, dass man bei der Suche nach dem Medikament auf das Merz-Produkt stößt, etwa auf "memantine.com").

Kostproben:
Memantine bei moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz [...] Memantine reguliert die Freisetzung des Botenstoffes Glutamat, der bei Lernprozessen und Gedächtnisbildung eine wichtige Rolle spielt. Grundlegende Alltagsfähigkeiten wie z. B. Telefonieren oder Anziehen bleiben daher durch die Einnahme von Memantine länger erhalten. Dies trägt wiederum dazu bei, dass die Kranken länger zu Hause leben können und eine Heimeinweisung hinausgezögert werden kann. [...] In der Abbildung sehen Sie, wie sich häufige Verhaltensweisen unter der Gabe von Memantine positiv verändern. Die Ergebnisse beruhen auf einer placebokontrollierten Monotherapiestudie. [...] Memantine lindert Aggressivität und Unruhe [...] Jüngste Studien zeigen, dass es unter Memantine, neben dem längeren Erhalt der Hirnfunktionen, zu einer deutlichen Minderung demenzbegleitender Verhaltensstörungen kommt.

Der Name des mutmaßlichen Finanziers der Broschüre, Merz, taucht in der Broschüre nicht auf. Wäre ja auch ein krasser Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Das arznei-telegramm zu dem Medikament:
Die Datenlage zur Wirksamkeit von Memantin (AXURA, EBIXA) bei moderater bis schwerer ALZHEIMER-Demenz ist auf der Basis der veröffentlichten Studien dürftig. Die gemessenen Effekte werden als "gering" eingestuft.

Keine der Studien, in denen sich ein Nutzen nicht nachweisen lässt, ist publiziert. Die drei Negativstudien umfassen mehr als die Hälfte der Patienten aus Studien im zugelassenen Indikationsgebiet.

Unterdrückung von Negativdaten ist bei psychiatrischen Arzneimitteln verbreitet: Nicht einmal die Hälfte, durchschnittlich eher nur ein Drittel der klinischen Studien wird veröffentlicht. Eine seriöse Bewertung auf der Basis nur der veröffentlichten Daten ist nicht möglich.









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