Avastin - Verunsicherung und Nebelkerzen

In den USA hatte Genentech, der Hersteller von Avastin® und Lucentis®, Mitte Oktober angekündigt, Apotheken nicht mehr zu beliefern, die Avastin® in kleinere Dosen teilen, damit das für die Krebsbehandlung zugelassene Medikament für alterabhängige Makuladegeneration (AMD) eingesetzt werden kann. Nun musste Genentech den Beginn des Lieferstopps vom 30. November auf den 1. Januar verschieben.

Das ist jedoch das einzige was klar ist. Widersprüchlich bleiben dagegen die Umstände der Gespräche zwischen Genentech, den Fachverbänden der Augenärzte und der Zulassungsbehörde FDA. Das Unternehmen will die weitere Belieferung von einer Erlaubnis der FDA abhängig machen. Wobei unklar ist, ob Genentech selber aktiv sich darum bemüht und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Ausserdem gab Genentech bekannt, 350.000 Ampullen Avastin® vernichtet zu haben, weil das Produkt nicht die Standards erfüllt, die das FDA für die Anwendung im Auge fordere. Auch hier bleiben die Rolle der FDA und Details im Dunkeln.

Der in dem offenen Brief von Genentech zitierte "Warning-Letter" ist nicht datiert. Er könnte sich auch auf eine Inspektion bei einer Apotheke im Jahr 2005 beziehen.

Wenn in dem Brief die Rede ist von
Avastin deemed unsuitable for use in the eye due to a higher visual inspection standard. (These lots would have been entirely suitable for its approved use as an intravenous cancer medication),
dann müsste sich der "visual inspection standard" eigentlich auf die Qualitätssicherung beziehen - lediglich optisch und nicht analytisch. Bei einem Produkt, dass steril in Ampullen verpackt wird, bleiben Fragen offen.

Es hat alles den Anschein, dass Genentech für Verunsicherung bei der Anwendung von Avastin® zur Behandlung von AMD sorgen will.

Zurück zu Deutschland. boocoampany hat eine Gegendarstellung vom Verband "Pro Retina" erhalten, weil dieser in einem Artikel seine Unabhängigkeit von Novartis nicht ausreichend gewürdigt sieht. Dazu gebe ich einen Kommentar von hockeystick wieder.
Deshalb nimmt Pro Retina nicht nur Geld von Novartis, sondern tourt auch mit der von Novartis ins Leben gerufenen und finanzierten Lobbyinitiative "AMD-Alliance" gemeinsam durch die Republik, die das Novartis-Logo bereits auf der Homepage zeigt. Die Europa-Koordinatorin der AMD-Alliance arbeitet wiederum als "Campaign Manager" für das Royal National Institute of Blind People. Das RNIB hat allein im vergangenen Jahr knapp £100.000 von Novartis erhalten. "Fachlich unterstützt" wird die AMD-Alliance wiederum von der Dr. Rainald von Gizycki von der Pro Retina. Im Gegenzug verbreitet die Pro Retina das Material der AMD-Alliance auf ihrer Homepage. (Das könnte man jetzt noch stundenlang so fortsetzen.)

 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-10-31   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2007-10-31  
Bemerkenswert an der AMD-Alliance ist, dass sie von ihrem "Gründungssponsor" Novartis schon 1999 ins Leben gerufen wurde, also lange vor Lucentis. Sind das Hellseher oder - noch abwegiger - gar selbstlose Wohltäter?

Weit gefehlt: Damals stand nämlich die Zulassung des Novartis-Medikaments Visudyne zur Behandlung von AMD unmittelbar bevor (FDA-Zulassung im April 2000).

Pro Retina (1977 gegründet) fungiert inzwischen ganz offen als deutscher Zweig der AMD Alliance; sogar die Adresse "amdalliance.de" ist von Pro Retina registriert.

Schon früh war man sich bei der AMD Alliance des Problems bewusst und hatte auch eine geeignete Maßnahme zur Hand:
In response to a query about concerns regarding funding from Novartis, Michael Griffith said that there were no strings attached to the funding and that both sides recognise the benefits. It is important that the patient groups stay in control though. Helma Gusseck added that in this light, care was taken to eliminate logos and pictures of products from representations and publicity documents.



strappato   2007-10-31  
Ich denke von Visudyne® werden wir auch noch in Zukunft hören. Es läuft eine von Novartis bezahlte Studie, die die Kombinationsbehandlung von Lucentis® und Visudyne® untersucht. Ideal um die hohen Kosten von Lucentis ein wenig zu verwässern.

Eine unabhängige Studie zu Avastin® und Visudyne® müsste abgeschlossen sein.

Ist schon hart für Novartis/Genentech zu Zeit.


hockeystick   2007-10-31  
Expected completion: October 2006
Gibt es einen Weg, herauszufinden, was daraus geworden ist?


strappato   2007-10-31  
Habe mal angefragt.








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