Multiresistente Erreger können aufatmen


Alle neuen Patienten werden bald getestet.
Das war Ende Januar in der WAZ zu lesen. Eindeutiger geht es kaum noch - kein wenn und aber. Begrüssenswert, da multiple-resistente Keime (MRSA) im Krankenhaus das Thema des Artikels war. Das TV-Magazin Panorama hatte eine Woche zuvor über die erschreckende hygienische Situation in den Klinken berichtet. Nach Erhebungen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) infizieren sich jedes Jahr bis zu 800.000 Patienten in Deutschland mit Krankenhauskeimen. Bis zu 1500 Patienten sterben an den Folgen einer MRSA-Infektion.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann zeigte sich als Mann der Tat. In dem WAZ-Artikel wird verkündet, dass Laumann die Klinikchefs angewiesen hätte, ab Mitte Februar die empfohlenen Massnahmen des Robert-Koch-Instituts (RKI) gegen MRSA strikt zu befolgen.

Unklar ist, wie der Zusatz"dazu gehört auch ein zwischen 5 bis 20 Euro teurer Test per Nasenvorhof-Abstrich aller neu eingelieferten Patienten" in den Artikel kam und die Headline lieferte. Denn nach den RKI-Empfehlungen ist ein routinemässige Untersuchung von Patienten oder vom medizinischen Personal nicht notwendig. Lediglich bei Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese oder bei Aufnahme und Verlegung aus Einrichtungen mit bekannten endemischen MRSA-Vorkommen, soll danach ein Test durchgeführt werden.

Eine Anweisung an die Klinikchefs ist rechtlich eigentlich nicht möglich, da ministerielle Erlasse nur Anordnungen einer Behörde an eine untergeordnete Behörde betreffen. Die Empfehlungen des RKI bleiben unverbindlich, solange das Infektionsschutzgesetz nicht anderes festlegt. Was hat nun Minister Laumann wirklich getan?

Nach meinen Informationen hat das Ministerium auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes einen Erlass zum MRSA-Management in den Krankenhäusern in NRW erarbeitet. Mitte Februar? Da hat sich Laumann zu sehr aus dem Fenster gelehnt, denn der Erlass muss noch abgestimmt werden. Der kommende Erlass zur Prävention und Kontrolle von MRSA richtet sich an die Gesundheits­ämter. Diese sind für die infektionshygienische Überwachung zuständig und sollen im Rahmen ihrer Tätigkeit gezielt darauf hinwirken, dass die grundlegenden Strategien zur Prävention der Weiterverbreitung von MRSA auf der Grundlage der aktuellen Richtlinie des RKI berücksichtigt werden.

Die Gesundheitsämter sollen besser hinsehen, im Rahmen ihrer Tätigkeit. Jedoch nur hinwirken, die Sanktionsmöglichkeiten sind nämlich beschränkt. Das ist alles. Darüber hinaus wird es im Erlass keine Empfehlungen geben, wie z.B. die Testung aller neu aufgenommenen Patienten, die in einigen EU-Ländern praktiziert wird, und wie der WAZ-Artikel es suggeriert.

Im Grunde ändert sich nichts. Aber die Patienten fühlen sich nach der Lektüre des WAZ-Berichts ein wenig sicherer. Minister Laumann hat ja alles im Griff.

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Update


Das Foto zeigt eine Ansammlung von Methicillin-Resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) Bakterien im Elektronenmikroskop. © Wellcome Images
 
[Politik]
Autor: strappato   2008-03-19   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  








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