Pharmavertreter füllen AWB-Bögen selber aus

Anwendungsbeobachtungen (AWBs) sind das gängigste Mittel, den Umsatz einzelner Medikamente anzukurbeln und dabei Geld vom Konto eines Pharmakonzerns in die Tasche des verschreibenden Arztes zu befördern. Der Arzt dokumentiert mehr oder weniger detailliert und in anonymisierter Form den Behandlungsverlauf bei einigen Patienten, denen er ein bestimmtes Präparat verschrieben hat, und erhält als Gegenleistung einen Geldbetrag von meist wenigen hundert Euro als Scheck zugesandt oder auch auf sein Konto überwiesen.

In Ärztekreisen hat es sich längst herumgesprochen, dass AWBs mit Wissenschaft wenig zu tun haben. Warum also überhaupt das Mittel verschreiben, wenn man die Bögen doch mit wenig Fantasie auch so ausfüllen kann? Sind ja schließlich anonym, und das Ausfüllen geht so auch schneller.

Seit einiger Zeit ist es üblich, dass Ärzte für Fortbildungsveranstaltungen Teilnahmegebühren bezahlen müssen. Das hängt mit dem sogenannten "Antikorruptionsgesetz" zusammen. Beispielsweise 75 Euro für einen All-Inclusive-Erholungsaufenthalt (gerne auch mit Partner) in einem 5-Sterne-Hotel von Freitag auf Sonntag mit gepflegter Wellness-Landschaft und Unterhaltungsprogramm in sehenswerter Umgebung, der i.d.R. nur kurz durch ein oder zwei Vorträge eines Mietmauls unterbrochen wird.

Seit es diese Teilnahmegebühren gibt ist es aber auch üblich, diese den Ärzten rückzuerstatten. "Wegen dieser Rechnung machen wir noch was, das bekommen Sie natürlich wieder." Gemeint ist eine AWB. "Egal, wenn Sie das noch nicht oft genug verschrieben haben. Schreiben Sie einfach irgendwas rein."

Zunehmend zu beobachten ist nun die bequemere Variante, dass die Pharmavertreter auch noch das fantasievolle Ausfüllen der AWB-Bögen übernehmen.
 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-04-08   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  


hockeystick   2008-04-08  
Mit schmuckbehängter Gattin kostet die Teilnahme noch ein paar Euro mehr, dafür fällt das AWB-Honorar dann auch entsprechend üppiger aus. Ein Überschuss für den Arzt bleibt eigentlich immer.

Die Honorierung von AWBs erfolgt meist indirekt durch Dienstleister wie Factum, während die Teilnahmegebühren üblicherweise an den Kongressveranstalter zu überweisen sind, also ebenfalls an einen Dienstleister. Wenn die Beträge dann noch ein wenig unterschiedlich sind, muss man schon genauer in die Kontoauszüge sehen, um den Geldfluss zu verstehen.








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