Wenig "gutes" Cholesterin schadet nichts

Pfizers Torcetrapib-Desaster im Dezember 2006 wurde von vielen Beobachtern als überraschender Rückschlag dargestellt. Warum bloß erhöhte sich das Sterberisiko der Probanden, wo doch Torcetrapib erfolgreich das "gute" HDL-Cholesterin gesteigert hatte?

Tatsächlich stand die Grundannahme, eine Steigerung des HDL-Cholesterins würde das Herzinfarktrisiko reduzieren, von Anfang an auf einer ausgesprochen dürren wissenschaftlichen Basis. Vorhandene Korrelationen zwischen dem Herzinfarktrisiko und dem HDL-Spiegel lassen sich größtenteils durch die Korrelation des HDL-Spiegels mit anderen "Risikofaktoren" erklären (z.B. Alter, Geschlecht, körperliche Aktivität). Hinweise auf eine Kausalbeziehung fehlen fast vollständig.

Eine heute im JAMA veröffentlichte Studie ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der Cholesterinspiegeloptimierer. Die Studie untersuchte, ob das Risiko für ischämische Herzkrankheiten bei solchen Patienten erhöht ist, die Träger bestimmter genetischer Mutationen sind. Träger dieser Mutationen haben einen deutlich reduzierten HDL-Spiegel, was nach den Lehren der interessierten Kreise rund um die Lipid-Liga mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herzinfarkte einher gehen müsste.

Ergebnis der Studie: Der mit den Mutationen verbundene deutlich erniedrigte HDL-Spiegel hat keinerlei Einfluss auf das Risiko für ischämische Herzkrankheiten. Schlechte Nachrichten für Merck &Co und Roche, die aktuell noch Medikamente zur Steigerung des HDL-Spiegels in der Entwicklung haben:
There is really no evidence that this method is going to work, Anne Tybjaerg-Hansen, a study and clinical biochemistry researcher at Copenhagen University Hospital, tells Bloomberg. This theory has been around for a long time, but this study just doesnt support it.

--
Wie sehr die Pharmaindustrie die Idee der HDL-Beeinflussung liebgewonnen hat, zeigt auch der eigens zu Ehren dieser Hypothese geschaffene und mit 15.000 Euro dotierte "Merck-HDL-Forschungspreis" von Merck Serono: 2007, 2008. Hintergrund des Engagements ist natürlich das hauseigene Niacin-Präparat Niaspan®.
 
[Wissenschaft]
Autor: hockeystick   2008-06-04   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  








Stationäre Aufnahme












Letzte Beiträge und Kommentare /  Frohe Weihnachten  (strappato)  /  OH!!!  (kelef)  /  Frohe Weihnachten  (strappato)  /  Subjektive Wahrnehmung  (casadelmar)  /  Sehr interessante Sichtweise,...  (akademischer ghostwriter)  
Zum Kommentieren bitte einloggen

Metainfos über das blog. Kontakt: strappato.

search noeszett Add to Technorati Favorites rss