Plazeboalarm in der Apotheke Nette Idee. Hier der Höhepunkt des dramatischen Selbstversuchs: Plazeboalarm: Ich hätte gerne ein Mittel mit Klostermelisse? Apothekerin 1: Äh, gegen was wollen Sie die denn? PA: Gegen Sommergrippe. Das stand im Sächsischen Boten, dass das helfen kann. Der Hademar Bankhofer hat das empfohlen, dieser Gesundheitsexperte aus dem Fernsehen. A1: Äh, ja, also das wäre glaube ich Klosterfrau Melissengeist, dass soll bei Erkältung helfen. PA: Ja, gibt´s nicht noch andere Mittel mit diese Klostermelisse? A1: Äh, nein ich glaube nicht. Es gibt noch andere Mittel mit Melisse. Aber Klostermelisse? Moment ich schau mal nach. (schaut in dem Computer) A1: Nein, mit Klostermelisse ist hier nur Klosterfrau Melissengeist aufgeführt. Ich erzähle, dass ich herausfinden wollte, was mir alles angeboten wird, wenn ich gezielt nach Klostermelisse frage. Ich sei Medizinjournalist und interessiere mich für solche Sachen. Dann will ich noch etwas wissen. PA: Und was geben Sie mir, wenn ich etwas mit Königsartischocke möchte? Apothekerin 2 (antwortet sofort): Hepar SL bei Verdauungsbeschwerden. Ich frage beide, ob sie sich vorstellen können, dass Firmen gezielt diese Begriffe in der Öffentlichkeit verbreiten (durch Gesundheitsexperten etwa), damit die Menschen dann genau danach in der Apotheke fragen. Sie können es sich beide gut vorstellen. Ergänzende Anmerkung : Wenn der Begriff Klostermelisse auch nicht auf der Verpackung oder im Beipackzettel zu finden ist, so ist der Zusammenhang dennoch auch außerhalb der Fachkreise und Apothekencomputer ein eher offenes Geheimnis. Hier noch ein ähnlich gearteter Bankhofer-Artikel über die "Klostermelisse" in der bereits in der Vergangenheit wegen Schleichwerbung für angebliche Heilmittel aufgefallenen Fernsehbeilage "rtv" (Ausgabe 26/2008): Ulkig hier Bankhofers Verweis auf den "Spezialextrakt (Apotheke)". [ARD-Schleichwerbung]
saizew 2008-07-24
Aus einer Anzeige in einer Kirchenzeitung sogar (S. 13).
Die Klosterfrau Healthcare Group hat ja traditionell recht gute Verbindungen nach oben.
Übrigens haben wir in der PR-Meldung zum Kirchentag die von Knüwer angesprochene "Wetterfühligkeit".
Der angesprochene Herr Dr. ist ja ohnehin Co-Autor von Bankhofer. Und das angebliche Therapiezentrum für Wetterfühligkeit in Bad Gastein scheint nicht wirklich zu existieren, wie auch seine Namensvettern an anderen Orten.
Ich zweifle übrigens nicht grundsätzlich daran, dass man mit einer 79%igen Ethanollösung die Symptome der Wetterfühligkeit reduzieren kann. Alles eine Frage der Dosis.
Mir wird langsam schummrig, ich lese überall nur noch Klostermelisse, oder Melissengeist (Expertentipps von Mr. Gesundheit).
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braucht sich da aber von den pr- und sonstigen fachleuten keiner was, und erwachsenen ein x für ein y vormachen auch nicht. es war doch schon immer das bestreben der marketing-/werbe-/pr-verantwortlichen ein produkt so zu platzieren, dass produktname für produkt stand. eigentlich war es schon immer die aufgabe der o.a. personen, das zu tun. um so ärgerlicher finde ich es, wenn ein paar leut' das auf einmal abstreiten. das lernt doch jeder publizist im ersten semester, jeder werbelehrling in der ersten woche. beispiele gefällig? taft für haarspray uhu für klebstoff bic für wegwerfkugelschreiber bic für wegwerffeuerzeug omo für pulverwaschmittel pril für geschirrspülmittel silan für weichspüler aspro für alles mit oder ohne ass gegen "grippe" und kopfweh rama für margarine eskimo-eis für tk-eis usw. und wie ist das mit dem marlboro-man, der frau clementine (persil), dem babierdiger (cosy-toilettepapier, ein rosa tiger der ganz schmuseweich war, in ö gerne auch als bezeichnung für weicheier benutzt), usw.? eigentlich alles hervorragende leistungen der werbe- und pr-fachleute, kann man ja nix sagen dagegen. ein paar davon mögen österreich-spezifisch sein, aber deutschland hat sicher auch eine anzahl solcher interessanter verselbständigungen anzubieten. aber hauptsache ist ja, nicht wahr, dass uns keiner gar nie nicht zu manipulieren versucht.
"Verselbständigung", daß ein Markenname also allgemein als Bezeichnung für die Produktgattung (unabhängig vom Hersteller) verwendet wird, wird von Markeninhabern aber heute gefürchtet und zu bekämpfen versucht. Sony hat zB den Kampf verloren, heute können Sie jedes Musikabspielgerät als "Walkman" verkaufen.
>> Kommentieren strappato 2008-07-24 >> Kommentieren |
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