Transparenznotstand bei Altenheimstudie

Vor einigen Tagen stürmte das Thema "Mangelernährung im Altenheim" die deutschen Medien, vom Hamburger Abendblatt, der "Welt", der "Rheinischen Post", der "Netzeitung", der "Saarbrücker Zeitung" über die "BILD" bis hin zum WDR-Fernsehen und dem ZDF. Anlass für die Berichterstattung war eine Pressemitteilung der Universität Witten/Herdecke über eine Befragung, nach der etwa die Hälfte aller deutschen Altenheimbewohner "Risiken für eine Mangelernährung" trage. Aus dieser Meldung hatte der evangelische Pressedienst (epd) eine Geschichte gestrickt, die dann offenbar auch von der Nachrichtenagentur AP aufgegriffen wurde.

Das Anprangern von Missständen im Pflegebereich ist auf den ersten Blick ein löbliches Ansinnen, und ein Kommentator unter dem Artikel auf "welt.de" bringt seine Freude so zum Ausdruck:
Danke für das Ansprechen eines solchen Themas.

Heimbewohner haben normalerweise keine Lobby mehr.
Auch regiert Profit in der Regel über Menschlichkeit.
Hat es hier tatsächlich einmal ein Gesundheitsthema in großer Breite in die deutschen Medien geschafft, ohne dass man dahinter den PR-Coup eines solventen Unternehmens vermuten muss?

Weder in den Medienberichten noch in der Pressemitteilung wird darauf eingegangen, wer die alarmierende Befragung der Universität Witten/Herdecke finanziert hat. Dafür können etwa die "Berliner Morgenpost" und der "Kölner Stadt-Anzeiger" noch eine weitere Studie aufbieten, die die Dramatik der Situation unterstreicht:
Mangelernährung hat außerdem gesundheitsökonomische Auswirkungen, wie eine Studie der Münchner Beratungsgesellschaft Cepton von 2007 zeigt: Darin werden die Zusatzkosten, die Mangelernährung für die Kranken- und Pflegeversicherung jährlich verursacht, auf knapp neun Milliarden Euro beziffert.

Die serviceorientierte "Welt" verweist ihre Leser am Ende ihres Artikels auf das entsprechende Informationsangebot der "Deutschen Seniorenliga".

Finanziert hat beide pdf-DateiStudien (wie auch das Material der den Lesern dieses Blogs für ihre intransparente Firmen-PR bestens bekannten "Deutschen Seniorenliga") die Pfrimmer Nutricia GmbH, eine Tochterfirma des multinationalen Lebensmittelkonzerns Danone. Pfrimmer Nutricia ist spezialisiert auf Produkte rund um die künstliche Ernährung durch den Magen-Darm-Trakt und beschreibt ihr Produktsortiment so:
Trink- und Sondennahrung für Kinder und Erwachsene, Applikationssysteme, Ernährungssonden und Ernährungspumpen.

 
[Medien]
Autor: hockeystick   2009-09-21   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  


plazebo   2009-09-22  
Pfrimmer-Nutricia war übrigens auch einer der Gründer des bekannten Aachener Ernährungsvereins mit Sven David Müller:

Kann man hier nachlesen:


strappato   2009-09-22  
Da wo Bankhofer mal im Kuratorium sass? Und der, dessen "Deutsches Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik" den "Deutschen Preis für Gesundheitsaufklärung – "Prävenkules" an Bankhofer 2008 verliehen hat?

Übrigens hat das "Kompetenzzentrum" gestern eine von Bayer bezahlte Pressemitteilung herausgeben, in der der freiverkäufliche Protonenpumpenhemmer gegen Sodbrennen des Unternehmens (Antra®), in Kombination mit dem Bayer-Säurehemmer Talcid® gefeiert werden.

"Omeprazol-Therapie weitaus wirksamer als Hausmittel" - das wird dem "Prävenkules" nicht gefallen.

Die Tabletten von Bayer kosten 14,95 Euro (14 Stück). Bei Ratiopharm ist die gleiche Anzahl für 8,95 Euro zu haben. Auch die PR des "Kompetenzzentrums" will honoriert werden.


hockeystick   2009-09-22  
Nebenbei bemerkt, die "Deutsche Gesellschaft für Ernährung" scheint mir auch nicht ganz koscher.


plazebo   2009-09-22  
weiß ich gar nicht, ob Herr B. damals auch dabei war, aber Frau Schmidt, Bundesgesundheitsministerin war damals dabei (Aachen eben) und Herr Strunz.

SDM scheint ja langsam wieder in in die Puschen zu kommen mit seinen PMs. Schön ist ja immer wieder, wenn er in seinem eigenen Text über sich in dritter Person schreibt, gleichzeitig als 1. Vorsitzender und Pressemensch und Experte in eine Person.


strappato   2009-09-22  
SDM hat wenig Zeit für diese ehrenwerte und gesellschaftlich wertvolle Aufgabe in dem Verein. Er ist ja seit Anfang des Jahres Pressespecher von imedo.


amelia   2009-09-22  
Bei Wikipedia kommt Herr Müller ziemlich positiv weg (http://de.wikipedia.org/wiki/Sven-David_Müller-Nothmann). Ein Abschnitt mit Kritik wurde anscheinend gelöscht mit dem Argument, dass sich diese ja auf den Verein und nicht auf seine Person beziehe.


strappato   2009-09-22  
Bei wikipedia stimmt aber nichts mehr, vom Namen bis zum Arbeitgeber.








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