Seehofers Reformen

Seehofer schaltet sich in die Reformdiskussion ein und droht erstmal: Der Minister kündigte an, er werde als CSU-Parteivize und Chef der Christlich-Sozialen Arbeitnehmerschaft an der Meinungsbildung für die Gesundheitsreform mitwirken.

Seinen mangelnden Realitätssinn kann man dieser Äusserung entnehmen: Die Reform müsse in den nächsten Monaten „organisch hinter verschlossenen Türen“ entwickelt werden.

Dabei denkt er wehmütig an seinen grössten Erfolg zurück: Als er 1992 das Amt des Gesundheitsministers von der völlig überforderten Gerda Hasselfeld übernahm, ordnete er erst einmal eine Klausur an. Über Wochen wurde eine Gesundheitsreform verhandelt, ohne dass die Öffentlichkeit informiert wurde. Am Ende stand das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG).

Im Rückblick war es der Anfang der Misere, vor der wir heute stehen. Die damals beschlossen umfangreichen Eingriffe des Staates in das Gesundheitsssystem haben zu der Bürokratie und Unzufriedenheit geführt:
  • Budgetierung der Ausgaben für Krankenhausleistungen, ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Arznei- und Heilmittel sowie der Verwaltungskosten der Krankenkassen und die Anbindung der einzelnen Budgets an die Einnahmeentwicklung der Krankenkassen
  • Die steigende Zuzahlungen der Versicherten bei Zahnersatz, Arznei- und Heilmitteln und eine nach Packungsgröße gestaffelte Zuzahlungen für Medikamente
  • Der Ausschluss kieferorthopädischer Behandlungen für Erwachsene und bestimmter Zahnersatz-Versorgungsformen aus dem GKV-Leistungskatalog
  • Die Steuerung der Arztzahlen durch verschärfte Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen
  • Eine Organisationsreform der Krankenkassen: u.a. Einführung des Wettbewerbs durch freie Kassenwahl für alle Versicherten und neue Entscheidungsstrukturen in der gemeinsamen Selbstverwaltung und die Bürokratie, die dazu gehört, mit Risikostrukturausgleich und Bundesausschuss.
  • Die Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung durch ambulantes Operieren
  • Die Aufhebung des Selbstkostendeckungsprinzips im Krankenhaus und Einführung eines neuen Entgeltsystems mit Fallpauschalen und Sonderentgelten.
Mittlerweile sieht das auch Horst Seehofer so und jetzt verteidigt er Ärzte und Pharmaunternehmen gegen den regulierenden Überschwang der Bundesgesundheitsminsterin: Die nächste Gesundheitsreform muss nach Ansicht von CSU-Vize und Verbraucherschutzminister Horst Seehofer wieder einen freien und motivierten Arztberuf schaffen.

Nur: Hinter verschlossenen Türen wird dies nicht abzuhandeln sein.

Dazu noch ein Linktipp für alle, die sich grundsätzlich über die Interessen und Konflikte informieren wollen: Chancen einer Gesundheitsreform in der Verhandlungsdemokratie
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-01-23   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  








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