Mündige Patient

Bei pepa sieht man, dass der mündige Patient oft ein Produkt der Medizinindustrie ist, die scheinbar für jeden denkbaren Fall Behandlungsoptionen bereit hält.

Die Grundbedürfnisse der Patienten haben sich geändert. Ziel ist nicht mehr wie früher einfach ein mehr oder weniger guter Behandlungserfolg. Heute kommen die Patienten mit Erwartungen zum Arzt, die sehr oft durch Dritte und Medien mitgeprägt sind. Das geht soweit, dass Patienten mit einer "fertigen Diagnose" in die Praxis kommen und lediglich noch das richtige Rezept wünschen. Der Arzt hat dann die schwierige Aufgabe, die Patienten zu überzeugen, dass durchaus noch andere Probleme oder Diagnosen auch in Frage kommen.

Die Erwartungen sind grenzenlos und werden bedient. Und die Medizinindusrie lässt sich was einfallen: Beispiel: eine Knieendoprothese, die speziell für Frauen entwickelt worden ist. Notwendigkeit und Nutzen - unbekannt. Im Gegensatz zu Medikamenten müssen Medizinprodukte ihre Wirksamkeit nicht beweisen. In diesem Falle genügten 8 Patientinnen, um den Nutzen aus der Sicht der Herstellers zu zeigen. Aber der Hersteller hat noch andere Innovationen im Angebot, denn der "neue" Patient wird jünger und pflegt einen aktiveren Lebensstil. Fehlt nur noch die Aussage: Ein künstliches Kniegelenk ist besser als diese anfällige Konstruktion, mit der jeder von Geburt an unterwegs ist.

Natürlich gibt es auch echte Verbesserungen: Eines meiner derzeitigen Projekte betrifft auch ein neuartiges Implantat. Bisher sind erst 4 Patienten behandelt worden, aber das Produkt soll spätestens nächstes Jahr auf den Markt kommen. In diesem Fall sind die Resultate gut und es werden Patienten profitieren, die bisher kaum angemessen behandelt werden konnten.

Aber im Fokus ist bleibt immer der Markt. Lohnt sich eine Entwicklung oder nicht? Wie kann man durch Studien, Medien und Marketing die Nachfrage steigern oder die Erstattungssituation verbessern? Immer öfter kommt es auf den Patienten an. Gesundheit ist ein Top-Thema in Zeitschriften und im Internet. Was am Ende hängen bleibt, ist der Eindruck, dass es für jedes medizinisches Problem eine Lösung gibt. Dies nimmt der Patient dankbar an, weil er die Verantwortung für seine Gesundheit abgeben kann.

Update: Bei frau kelef geht es auch um den mündigen Patienten.
 
[Patienten]
Autor: strappato   2006-05-13   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  








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