Pfizer lügt auch in offizieller Champix®-Stellungnahme

Nun liegt uns das offizielle Pfizer-Statement zu den FDA-Ermittlungen im Zusammenhang mit möglichen gefährlichen Nebenwirkungen von Champix® (in den USA: Chantix®) im Wortlaut vor.

Klar war bislang nur, dass zahlreiche Medien über den Umfang der klinischen Studien und das Auftreten von Suizidfällen im Rahmen dieser Studien nicht wahrheitsgemäß berichtet hatten. Weiterhin war bekannt, dass Pfizer dem Pharma-Blogger Ed Silverman in einer E-Mail wahrheitswidrig mitgeteilt hatte, es hätte in den klinischen Studien keinen Suizidfall unter Champix-Anwendern gegeben. Offen war dagegen, ob Pfizer in seiner offiziellen Stellungnahme die Medien in diesen Fragen nur getäuscht oder ebenfalls belogen hatte.

Letzteres ist der Fall. Beide Behauptungen, die eine nachweislich falsch, die andere auf Basis der publizierten Studiendaten höchstwahrscheinlich falsch, finden dabei bequem in einem Absatz platz:
In the controlled clinical trial program of more than 5000 patients treated with CHANTIX, adverse events related to changes in behavior or psychiatric symptoms, including suicidal ideation, were rare and occurred at a rate comparable to placebo-treated patients. There were no suicides in patients taking CHANTIX in our clinical trials.

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Für die These, dass Pfizer in die Zahl 5000 schamlos die mit Plazebo oder Alternativpräparaten behandelten Studienteilnehmer eingerechnet hat, spricht auch die leicht unterschiedliche Formulierung gegenüber Ed Silverman: In clinical trials involving more than 5,000 patients [...]. Diese Wortwahl war zwar durchaus irreführend, aber nicht direkt gelogen.
 
[Champix]
Autor: hockeystick   2007-11-28   Link   (12 KommentareIhr Kommentar  


hockeystick   2007-11-29  
Die FDA hat innerhalb einer einzigen Woche nach dem Auftauchen des Carter-Albrecht-Todesfalls in den Medien Berichte über 55 Suizide im Zusammenhang mit der Einnahme von Champix erhalten.

In der auslösenden Fernsehberichterstattung ging es nicht um Suizide. Insofern wäre ich nicht überrascht, wenn das erst der Anfang einer Lawine wäre.

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Diese Überschrift werde ich mir gelegentlich ausborgen.


kelef   2007-11-29  
hehe.

aber geben sie es doch zu: sie können bloss nicht lesen. ist doch alles richtig formuliert: In clinical trials involving more than 5,000 patients [...]. das wäre noch nicht einmal dann falsch, wenn ein patient das präparat und alle anderen das placebo bekommen hätten. muss ich mich einmal auslassen zu dem thema, ich sehe das schon.


strappato   2007-11-29  
"5000 treated" with" oder "involving more than 5000" macht doch einen Unterschied. Mag sein, dass dies zu hoch ist für die Kommunikatiosabteilung.


hockeystick   2007-11-29  
Die untere Formulierung hätte locker gereicht, um das gesamte Heer an "Fachjournalisten" aufs Glatteis zu führen. Insofern wundere ich mich über soviel Dummdreistigkeit.

Ich verstehe die Kommunikationsexperten auf der anderen Seite ja schon ein wenig. Es könnte ja jemand auf die Idee kommen, mit naiven Überschlagsrechnungen zu beginnen. Und 0/5.000 * 4.000.000 ist dann doch spürbar weniger als 1/2451 * 4.000.000.


hockeystick   2007-11-29  
Ed bleibt dran.


hockeystick   2007-11-30  
In England erhält das Thema inzwischen eine gewisse Aufmerksamkeit in der "Laienpresse".

In Deutschland taucht sowas ja bestenfalls mal ein paar Monate später in den Börsentickern auf, wenn es um die zehnstellige Schadenersatzsumme geht.


hockeystick   2007-12-03  
Das ging ja fix. Der Spiegel hat die Geschichte heute als kurze Meldung im Blatt. Hat ihn jemand zur Hand?


strappato   2007-12-03  
Kurze Meldung in der Rubrik "Prisma - Wissenschaft Technik.

Inhalt: Abwiegelung und Argumente von Pfizer. Bericht über die Untersuchungen in USA und UK. Nach rund 5000 Beschwerden. 5157 - sind deutlich mehr als 5000. Rund 50 betreffen Gemütsverdunkelungen. Nur die UK-Zahlen. Die Berichte über 55 Selbsttötungen, 199 Suizid-Gedanken und die 419 Meldungen über Depression, die der FDA in den USA vorliegen, werden nicht erwähnt
Dennoch steht nicht fest, ob das Mittel selbst für die Gemütsveränderung verantwortlich ist - oder ob der Nikotinentzug an sich die bedeutendere Rolle spielt. Ähnliche Probleme waren zuvor bei den Konkurrenzpräparaten Zyban und Accomplia aufgetaucht.


Acomplia? (im Spiegel-Text mit 2 "c"). Ist das nun ein Aufruf zum off-lable-use?

Kein Wort zu Deutschland, nichts zu der Informationspolitik von Pfizer. Hat es nicht zu einem Anruf beim BfArM gereicht?


hockeystick   2007-12-03  
Man muss ja schon dankbar sein. Der Zyprexa-Skandal hat es trotz zehnstelliger Entschädigungssumme und Tausenden von Opfern nie in den Spiegel geschafft.


hockeystick   2007-12-03  
Was die Zahlen angeht, hat der arme Redakteur tatsächlich alles durcheinandergebracht.

Die Aussage "5000 Beschwerden" zeigt eindeutig, dass er schon von der ominösen CD wusste, die alle Berichte enthält, die der FDA innerhalb eines Zeitraums von einer Woche nach Ausstrahlung eines Fernsehberichts über den Tod von Carter Albrecht zugingen. Darunter waren 55 vollendete Suizide.

Die "50 Gemütsverdunklungen" sind Teil der 839 UK-Beschwerden, von denen schon seit einiger Zeit die Rede ist.

Wenn der Spiegel die Bildzeitung wäre, wäre das ein Fall für das Bildblog.


strappato   2007-12-03  
Dann mach mal ein Artikel draus. Orginal kommt.


hockeystick   2007-12-03  
Ok, mach ich heute abend.








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