Globale Zwei-Klassen-Medizin

Von viralen oder bakteriellen Erregern verursachte Erkrankungen bei Kleinkindern, wie Mittelohrentzündung, Masern oder Durchfallerkrankungen sind in den Industrieländern kein grosses Gesundheitsproblem. In den Entwicklungsländern gehören sie jedoch zu den häufigsten Gründen für den Tod von Kleinkindern.

Neue Impfstoffe sind daher gerade für diese Länder wichtig. Das Ärzteblatt berichtete diese Woche über einen Impfstoff zur Prävention von Mittelohrentzündungen, der von GlaxoSmithKline entwickelt worden ist.

Die gentechnische Vakzine besteht aus 11 unterschiedlichen Stämmen von S. pneumoniae, die mit dem so genannten D-Protein von H. influenzae verbunden sind. Hört sich kompliziert an und ist es auch. Daher werden die Kinder in den Entwicklungsländern kaum von dem neuen Impfstoff - sofern er zugelassen wird - profitieren.

Zum einen weil die vierfache Injektion der Vakzine die Gesundheitssysteme dieser Länder logistisch überfordert - und wahrscheinlich durch den Preis. So ist der kürzlich zugelassene Impfstoff des Herstellers MSD gegen Rota-Viren, ein für Gastroenteritis und Durchfallerkrankungen bei Klinkindrn verantwortlicher Erreger, mit 187,50 Dollar eines der teuersten Vakzine auf dem Markt.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-03-05   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Ausnahmezustand

Ich habe heute eine Ahnung bekommen, was auf Deutschland mit der Vogelgrippe zukommt. An der Autobahn war ein voll vermummter Mann mit blauer Plastiktüte am Werk. Wahrscheinlich Polizist, da ein Polizeiauto daneben stand.

Vögel sterben, auch ohne Vogelgrippe an Krankheiten, Schwäche oder anderen Dingen. Nun muss aber jeder Vogelkadaver mit höchsten Sicherheitsmassnahmen eingesammelt und untersucht werden. Jeder Bürger kann tote Vögel melden und die Behörden müssen dem nachgehen. Die dafür aufgewandten Ressourcen werden gigantisch sein. Besonders hier in Niedersachsen ist man übervorsichtig. In Niedersachsen haben beispielsweise ein Drittel aller deutschen Legehennen ihre Heimat.

Das ist erst der Anfang. Was ist, wenn es in Deutschland zum ersten Fall einer Übertragung von Tier zu Mensch kommt?
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-02-26   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Rauchfrei 2006

Das Deutsche Krebsforschungszentrum führt auch im Jahr 2006 in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und vielen anderen Partnern eine Nicht-Raucher-Aktion durch: Rauchfrei 2006. Möglichst viele Raucher und Raucherinnen sollen dazu bewegt werden, ab dem 1. Mai 2006 vier Wochen lang nicht zu rauchen, um ihnen dadurch den Schritt zur langfristigen Aufgabe des Rauchens zu erleichtern. Dazu ist bein Wettbewerb ausgeschrieben. Teilnehmen können aber auch Nichtraucher, die als Helfer einen Raucher in der Entwöhnung unterstützen.

Die Auswertung der letzten Rauchstoppkampagne hat ergeben, dass 32% der Teilnehmer auch noch 12 Monate nach Ende der Aktion rauchfrei geblieben sind.

Wirkungsvoller als alle Hinweise auf Zigarettenpackungen oder gar solche Fotos wie in Singapur:

 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-02-10   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Arbeitsmedizin

Interesse an Arbeitsmedizin nimmt zu. Bei dieser Überschrift muss ich daran denken, wie ich als Dozent mit einem Medizinstudenten-Kurs bei einen Ortstermin in einem Landesamt für Arbeitsschutz war. Der Behördenchef begrüsste uns und sagte: "Vielleicht sieht man den ein oder anderen mal als Mitarbeiter". Ein Gefängnisdirektor hätte auch sagen können, vielleicht sieht man sich mal als Insasse. Die Reaktionen der Studenten wären die gleichen gewesen.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-02-07   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Tamiflu™ und Vogelgrippe

In einem Artikel im Journal "The Lancet" wird die Wirksamkeit von antiviralen Medikamenten bei der Virusgrippe untersucht: Antivirals for influenza in healthy adults: systematic review

Das Ergebnis müsste die Verantwortlichen im Hinblick auf eine Pandemie durch einen mutierten Vogelgrippe-Virus beunruhigen. Die Autoren gehen daher davon aus, dass der alleinige Einsatz von Neuraminidasehemmern (wie Tamiflu™) in einer Pandemie aufgrund der in einer solchen Situation sehr viel höheren Viruslast nicht ausreichend ist, um eine Ausbreitung zu kontrollieren. Vielmehr könnte eine zu optimistische Einschätzung der Wirksamkeit von Neuraminidasehemmern zu einem erhoehten Risikoverhalten und somit sogar zu einer Förderung der Virusausbreitung führen. Der Einsatz von Neuraminidasehemmern während einer Influenza-Epidemie ist somit nur bei zusätzlichen Schutzmassnahmen wie Isolation oder Schutzkleidung Erfolg versprechend. Der routinemässige Einsatz von Neuraminidasehemmern in üblichen Grippewellen wird aufgrund der fehlenden Wirkung bei den grippeähnlichen Erkrankungen nicht empfohlen.

Aber dies wird den Aktienkurs des Tamiflu-Herstellers nicht beeindrucken: Roche hat die Gewinnerwartungen der Analysten deutlich übertroffen. Das Geschäft mit der Angst war immer schon lukrativ.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-02-01   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Fatale Überweiung

Der IPPNW (Verein Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs) fordert in seiner Kampange achten statt verachten, die gesetzlichen Voraussetzungen für ein System anonymer Behandlungsangebote für Flüchtlinge ohne Papiere zu schaffen und Rechtssicherheit bei der Unterstützung, Betreuung und Behandlung von Menschen ohne Papiere herzustellen. Die Unterschriftenliste soll Anfang dieses Jahres dem Bundespräsidenten übergeben werden.

Illegale Einwanderer sollten ein innenpolitisches Problem sein, aber kein gesundheitspolitisches. Allein in Berlin leben geschätzte 100.000 bis 200.000 illegale Migranten. Sozialverbände oder karitative Einrichtungen, die medizinische Hilfe für diese Menschen in Deutschland anbieten, bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone: Sie können wegen Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland angezeigt werden. Darüber hinaus ist es durch die Bürokratie, Dokumentation und Datenverarbeitung für Ärzte schwieriger geworden, Patienten ohne Papiere zu behandeln.

Ein Punkt, in dem das englische Gesundheitssystem besser ist als das deutsche: Dort verweigert das staatliche Gesundheitssystem NHS niemanden eine Behandlung und der Weg zum Arzt führt nicht direkt in die Abschiebehaft.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-01-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Panikstimmung

So langsam brodelt die Panik: FDA warns about fake bird-flu drugs. Obwohl in Amerika - im Gegensatz zu Europa - noch kein Fall dieser Zoonose aufgetreten ist.

In Deutschland haben die Bundesländer noch nicht wie von der WHO empfohlen, für 20% der Bevölkerung Neuraminidasehemmer eingelagert, für den Fall einer Grippe-Pandemie - wenn der Erreger der Vogelgrippe zu einem von Menschen auf Menschen übertragbaren Virus mutiert.

Man darf gespannt sein, wie im Ernstfall in Deutschland die Panik unter Kontrolle gebracht werden soll: Fest steht, daß bei einer Pandemie Virenhemmer und Impfstoffe nur in begrenztem Maß zur Verfügung ständen. Um eine öffentliche Entscheidung, in welcher Reihenfolge unterschiedliche Teile der Bevölkerung versorgt werden sollten, haben sich Bund und Länder bisher gedrückt. Um die Zahl der Toten zu minimieren, müßten Ältere Priorität bekommen, heißt es im Nationalen Pandemieplan, um den Staat zu schützen, Ordnungskräfte und Politiker. Solle der wirtschaftliche Schaden gering gehalten werden, müßten Kinder Vorrang erhalten. Ein klassisches Triage-Problem bahnt sich an.

Mein Tipp: Vorräte anlegen. Im Ernstfall bricht das öffentliche Leben zusammmen. Aber da stösst man wieder an ein Dilemma: Wie soll man propagieren, dass die Bevölkerung Vorräte anlegen soll, ohne dass Panikreaktionen ausgelöst werden - die auch angesichts der derzeitigen Lage vollkommen ungerechtfertigt wären.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-01-23   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



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