SiCKO: Fuzzy, toothless collection of anecdotes


Gestern ist SiCKO in den USA in 440 Kinos angelaufen. Das Wall Street Journal gehört nicht zu den Fans von Michael Moore. Im Blog werden einige Zeitungskommentare zitiert. Interessanter sind die Kommentare der blogleser. Man bekommt eine Ahnung davon, dass sich im Grunde nichts ändern wird, weil zu viele von dem Gesundheitssystem finanziell profitieren.
 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-06-30   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

SiCKO - Himmel und Hölle

Im Urban Dictionary finden sich acht Definitionen des Worts "Sicko". Den meisten gemeinsam ist, dass der Begriff eine psychisch kranke, perverse Person beschreibt. Nachdem "SiCKO" als Titel von Michael Moores neusten Projekt bekannt geworden war, wurde gemutmasst, dass sich der Streifen vornehmlich mit der Situation der psychisch Kranken beschäftigen würde. Angesichts der Schlagzeilen um Zyprexa, Prozac & Co. und die Vielzahl der Klagen und Schadensersatzzahlungen war das nicht abwegig - aber falsch. Im Grunde geht es in dem Film um das Recht auf Gesundheit und medizinische Versorgung, so wie es der "Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" der Vereinten Nationen im Artikel 12 festschreibt.

Offen bleibt, ob der Filmemacher "SiCKO" für seinen Dokumentarfilm über das US-amerikanische Gesundheitswesen auf das System bezieht oder auf die handelnden Personen. Nachdem ich den Film gesehen habe, würde ich sagen: Beides. Denn es ist unverkennbar ein Michael Moore Werk. Die Perversität des Systems wird runtergebrochen auf Personen, die dafür mit verantwortlich sind und deren Opfer. Typisch, doch nicht so typisch, da Moore grösstenteils auf aberwitzige Konfrontationen bei seinen Gesprächen und Begegnungen verzichtet. Zum einen, weil die "Gegenseite" nicht zu Wort kommt oder kommen will. Im Vorfeld gab es bei Pharmaunternehmen und Versicherungen generalsstabsmässige Anweisungen, wie mit Moore umzugehen sei, wenn er überraschend vor den Türen auftauchen würde. Zum anderen braucht er keine künstliche Zuspitzung: Beim Thema Gesundheit geht es um Leben oder Tod. Das macht Moore auf bedrückende Weise immer wieder deutlich.

Und in in den USA gewinnt unnötigerweise oft der Tod. Für Moore tragen Schuld daran die Politik, die Krankenversicherungskonzerne und die Pharmaindustrie. Gleich zu Beginn stellt er fest, dass der Film nicht über die fast 50 Millionen Unversicherten handelt, sondern das Schicksal der restlichen 250 Millionen US-Bürger auf der vermeintlich sicheren Seite beleuchtet. Patienten, denen Ansprüche mit Verweis auf verheimlichte Vorerkrankungen gestrichen werden, die im Notfall erst ein vom Versicherer genehmigtes Krankenhaus finden müssen, denen etablierte aber teuere Therapien mit der Begründung "experimentell" verweigert werden, die noch im hohen Alter eine Beschäftigung ausüben, nur im ihre Krankenversicherung nicht zu verlieren oder die einfach "gedumpt" werden, wenn die drohende Krankenhausrechnung von der Versicherung nicht gedeckt wird - aus dem Krankenwagen direkt vor die Türen einer kommunalen Klinik geworfen.

Mit dem US-Gesundheitswesen hält sich Moore nur rund die Hälfte der zwei Stunden auf. Die restliche Zeit zeigt er, wie Gesundheitsversorgung besser laufen kann: In Kanada, England, Frankreich und Kuba. Für die Lobbyisten regiert dort der "Sozialismus", und das nicht nur auf Kuba. Der Film nimmt dies ironisch auf, inklusive Übergangsszenen aus kommunistischen Propaganda-Filmen. Zu Wort kommen Amerikaner, die - mit Ausnahme von Kuba - in diesen Ländern leben und recht froh sind, von den Vorteilen des sozialistischen Gesundheitssystems zu profitieren, oder auch ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie an Eltern, Freunde und Verwandte denken, die dem US-Gesundheitssystem ausgeliefert sind.

Klar, der Film polarisiert. Auf der einen Seite die menschenverachtende US-Versicherungsmafia und im Gegensatz dazu paradiesische Zustände in anderen Ländern. Ohne Wartezeiten und Zuzahlungen, mit Hausbesuchen und engagierten Personal. In Europa wissen wir, dass alle Gesundheitssysteme, ob steuerfinanziert oder auf einer solidarischen Krankenversicherung basierend, mit ausufernden Kosten zu kämpfen haben. Dass dies möglichst nicht zu Lasten der Patienten geht, ist die eigentliche Leistung in diesen Ländern, was nach dem Film deutlich wird.

Das hätte Moore nachdrücklicher herausarbeiten können. Denn hier ist auch der Angriffspunkt für die Kritiker von SiCKO. David Gratzer, ein Marktradikaler und Autor eines Buchs mit dem Titel: "The Cure: How Capitalism Can Save American Health" schlachtet im Wall Street Journal genüsslich die Tatsache aus, dass in allen von Moore vorgestellen Ländern versucht wird, mit mehr Wettbwerb die steigenden Kosten für die Gesundheitsversorgung in den Griff zu bekommen.

Was hat das auf Markt ausgerichtete System in den USA bisher gebracht? Nach einer aktuellen Studie mussten 43,6 Millionen US-Amerikaner zum Zeitpunkt der Befragung ohne Krankenversicherung auskommen, 54,5 Millionen, oder 18,6% der Bevölkerung, zumindest zeitweise während des vergangenen Jahres. 56 Millionen Bürger haben keinen Zugang zu hausärzlichen Versorgungsangeboten. Der Pariser Arzt in SiCKO, der im ärztlichen Notdienst Hausbesuche absolviert, muss den Amerikanern wie Science Fiction aus einer Parallelwelt vorkommen.

Das ist Moores Trick, wie SiCKO die Diskussion in den USA beeinflussen könnte. Moore beschränkt sich nicht aufs Attackieren, er zeigt US-Bürgern, die England oder Frankreich nicht auf einer Weltkarte finden würden, dass es Alternativen mit zufriedenen Patienten gibt. Zur Zeit befriedigt das US-Gesundheitswesen hauptsächlich die Ansprüche von Versicherungen, Pharmakonzernen, Ärzten, Kliniken, Anwälten, und nicht zuletzt Unternehmen, die zunehmend die medizinische Versorgung ihrer Angestellten organisieren. Wobei dort die Arbeitskraft im Vordergrund steht und nicht der Mensch. Wer sich nicht an Gesundheitschecks und Vorsorgeprogramme beteiligt, ist schnell aus dem System wieder draussen oder muss im Krankheitsfall erhebliche Zuzahlungen leisten.

Auf einem so lukrativen Feld sind auch IT-Unternehmer nicht weit. Beispielsweise AOL-Gründer Steve Case, der so illustere Aufsichtsratmiglieder wie Carleton Fiorina (Ex-HP-Chefin), Franklin Raines (Ex-Chef der weltgrössten Hypothekenbank Fannie Mae) oder Colin Powell (Ex-US-Aussenminister) für sein Projekt "Revolution Health" gewonnen hat, oder Intel-Mitgründer Andi Grove, der sich Gedanken für die Gesundung des Medizinbetriebs macht. Beiden gemeinsam ist, dass sie die Lösung in der Nutzung der Informationstechnologie und des Internets und im Aufbau von wohnortnahen Kliniken für die Grundversorgung sehen. High-Tech-Medizin bleibt den gut Versicherten vorbehalten. In Europa würden Patienten dies als Rückschritt sehen und es ist von Michael Moores Visionen meilenweit entfernt. Jedoch werden die Geschäfte der Versicherungsbranche und der Pharmaindustrie nicht beeinträchtigt.

Bleibt die Frage, warum wir in Deutschland uns mit Michael Moores Dokumentation beschäftigen sollen. Die USA ist genauso wenig die Gesundheitshölle, wie Deutschland der Versichertenhimmel. SiCKO sollte dazu motivieren, weiterhin für die Beachtung der Grundsätze des professionellen ärztlichen Handelns von allen Beteiligten in unserem Gesundheitswesen zu kämpfen.
  1. Im besten Interesse der Patienten (Benefiz)
  2. Patienten vor Schaden bewahren (Nonmalefiz)
  3. Respekt vor Patientenwillen und Streben nach aufgeklärten Konsens (Autonomie)
  4. Die dem Gesundheitssystem zur Verfügung stehenden Mittel problembezogen auf alle Patienten verteilen (Gerechtigkeit)

 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-06-28   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

SiCKO soll US-Kongress Beine machen

Freitag nächster Woche hat SiCKO in den USA Premiere. Ich verspreche, dass es noch vor der Premiere hier im blog eine Besprechung des Films geben wird, der ja seit einigen Tagen im Internet an einschlägigen Orten zu finden ist. Michael Moore hat sich in einer Pressekonferenz auch dazu geäussert und die Pharmaindustrie verdächtigt, die Kopie übers Netz zu verbreiten:
"The film that leaked on the Internet is not taken in a movie theater with a home video camera, the way its usually done. This is an inside job. Now, if you were a police detective, what's the motive? Who has a vested interest in destroying the opening of the film? Of ruining the opening weekend box office?" By those parameters, a conspiracy to sabotage Sicko could involve anyone from the head of Pfizer to the folks behind Pixar's Ratatouille, which opens on June 29, when Sicko is scheduled to open nationwide.

So abwegig ist dies nicht, wenn man die Erwartungen sieht, die viele mit dem Film, einer schonungslosen Abrechung mit dem US-amerikanische Gesundheitswesen, verbinden.

Was die Gesellschaft und Politik in den 14 Jahren seit der Task Force on National Health Care Reform von US-Präsident Bill Clinton nicht geschafft hat, soll nun ein 2-stündiger Dokumentarfilm erreichen. Die Amerikaner von der Notwendigkeit und Realisierbarkeit einer umfassenden Gesundheitsreform zu überzeugen

Wie es im "President's Health Security Plan schon 1993 verspochen wurde: All Americans and legal residents are guaranteed access to health services in a national defined, comprehensive package of benefits with no lifetime limits on coverage.

Bei der Vorstellung des Films im US-Kongress in dieser Woche war Moore überzeugt: I think one movie can make a difference; I do believe that. Dafür tourt der Filmemacher auch seit Wochen durchs Land, bindet das Internet für seine Kampagne ein und hat Politik-PR Profis angeheuert, die Öffentlichkeit schaffen und die Angriffe der Pharma- und Versicherungslobby abwehren sollen.

Experten halten das nicht für abwegig. Die NY Times berichtet, dass liberale und linke Politiker und Lobbyisten die Diskussion nutzen wollen. Die Argumente der Gegener sind bisher eher schwach: The American people do not support a government takeover of the entire health care system because they know that means long waits for rationed care." Es müsste wohl eher heissen: The American people do support a government takeover of the entire health care system because they know what means no care.

Das Mitglied im US-Repräsentantenhaus, John Conyers, ein Demokrat aus Moore’s Heimatstaat Michigan, hat diese Woche eine Anhörung abgehalten, um die Fordererungen zu unterstützen. Einige Videos aus einer Anhörung des kalifornischen Senats mit Michael Moore sind bei youtube zu finden.

Trotzdem bin ich skeptisch, ob die Diskussion zu politischen Konsequenzen führt, da der Film zu spät kommt. Was könnte der Film für den Rest der Welt bedeuten? Zumindest einen Einblick in die Gesundheitsversorgung in andere Länder und die kritische Reflektion, dass im eigenen Land doch nicht alles so schlecht ist. Aber dazu mehr in wenigen Tagen.
 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-06-24   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Michael Moore goes web2.0

Michael Moore nutzt das Internet sehr geschickt für seinen Film "SiCKO" über die Zustände im US-amerikanischen Gesundheitswesen. Auf youtube ruft er Patienten auf, ihre Erfahrungen mit der Gesundheitsversorgung zu schildern. Sein Video wurde innnerhalb von 10 Tagen fast 600.000 mal aufgerufen und hat 1430 Textkommentare und 58 Video-Kommentare bekommen.


Auch die schon vor dem offiziellen Start im Netz kursierenden Raubkopien des Films scheinen Michael Moore nicht zu stören. Was der Produzent sicher etwas anders sehen wird.

Und da ja Lobbyisten sich keine Raubkopien ansehen oder mit web2.0 wenig anzufangen wissen, hat Moore die Washingtoner Vertreter der Versicherungs- und Gesundheitskonzerne und Verbände zu einer kostenlosen Vorführung eingeladen. Die sind für einen "free lunch" immer zu haben:
Paul Miller, past president of the American League for Lobbyists, predicted that some of the listed lobbyists will take him up on the offer.

 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-06-18   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Michael Moore bei Oprah Winfrey

Part I


Part II


Micheal Moore erzählt, dass eine Pharmaunternehmen eine interne Hotline eingerichtet hatte, falls der Filmemacher irgendwo im Unternehmen auftaucht.
 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-06-06   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

SiCKO - Interview mit Michael Moore

Michael Moore bei Bill Maher.

 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-05-29   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

SiCKO - Offizieller Trailer

Hier ist auch der offizielle Trailer zu Michael Moores neuem Film SiCKO. Auf der Internetseite können User über ihre Erfahrunen mit ihrem Gesundheitsystem bzw. ihrem healthcare provider berichten.


Zusammenstellung von Pressekritiken auf film-zeit.de.
 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-05-28   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Michael Moore's SiCKO - zu spät?

Am Samstag hat SiCKO - der Dokumentarfilm vom Michael Moore über das US-Gesundheitswesen beim Festival in Cannes ausserhalb des Wettbewerbs seine Premiere. Ein grosses Thema in den US-Medien und bei den Pharmabloggern. Wenn man die Artikel überfliegt, hat man den Eindruck, dass die Erwartungen insgesamt positiv sind, was bei einem Film von Michael Moore einem zu denken geben sollte.


Interessant ist die Meinung in BrandweekNRX. Danach kommt der Film um Monate zu spät. Ein Fest für die Pharmaindustrie, der es in den letzten Wochen durch geschicktes Lobbying trotz der demokratischen Mehrheit gelang, ihre Vorteile durch Gesetze weiter zu festigen. Der Vorwurf: Michael Moore geht es mehr um den Oscar und den wirtschaftlichen Erfolg, als um die politische Sache - und die 40 Millionen US-Amerikaner ohne Krankenversicherung.
 
[SiCKO]
Autor: strappato   2007-05-22   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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