Auftragsforschung

Bevor ich mich nachher mit einem befreundeten Apotheker treffe und mir Klagen über das Vorgehen von DocMorris anhöre, möchte ich grob ein wenig Einblick in die Mechanismen geben, die Interessenskonflikte erzwingen. Im Kommentar hatte ich ein Beispiel gebracht.

In einer kürzlich erschienen Studie wurde gezeigt, dass ein opioides Schmerzmittel (patentgeschützt) Vorteile gegenüber Morphin hat, da das Risiko für Frakturen beim Patienten erheblich verringert ist. Grund dafür ist, dass es "nicht so dusselig im Kopf macht". Das könnte bedeuten, dass die Mehrkosten durch die Frakturen (bei älteren Patienten oft Oberschenkelhalsbruch mit Hüftendoprothese, Reha und Pflegebedürftigkeit) höher sind, als die Einsparungen durch das preiswertere Morphin.

Mal fiktiv das weitere Vorgehen: Die Studie wurde augenscheinlich nicht von der Pharmaindustrie gesponsert und beruht auf Daten eines schwedischen Registers. Das Ergebnis bleibt dem Pharmaunternehmen, dessen Medikament diesen Vorteil hat, nicht unbemerkt und es erhofft sich dadurch ein neues Argument für die Erstattung. Das Unternehmen versucht nun Wissenschaftler und Beratungsunternehmen zu finden, die in verschiedenen Ländern gesundheitsökonomische Modelle auf Basis der schwedischen Resultate anfertigen und in den nationalen Fachzeitschriften veröffentlichen. Auch soll sie mit Datenbanken in anderen Ländern wiederholt werden. Die Hersteller der Konkurrenzpräparate, die nicht so gut abgeschnitten haben, werden auch die ein oder andere Studie in Auftrag geben, um das Ergebnis zu relativieren oder gar zu widerlegen. Dazu braucht man Wissenschaftler, die im Gegenzug für Drittmittel die Veröffenlichung pushen und ihren guten Namen geben.

Mal angenommen es ist ein junger Wissenschaftler, der noch interessenskonfliktmässig unbefleckt ist. Die Autoren der initialen Studie haben den Vorteil, dass die Veröffentlichung von anderen zitiert wird. Was primäres Ziel eines Wissenschaftlers ist. Ihm wird angeboten, dass er die Ergebnisse mit Unterstützung des Pharmakonzerns genauer untersuchen kann. Er wird eingeladen, um auf Veranstaltungen über seine Studie auch international zu referrieren. Er lernt dort andere Kollegen kennen, die auch klinische Studien oder andere Dinge für das Unternehmen durchführen. Frei nach Casablanca: Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: strappato   2006-08-11   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Conflict of interest

Die Pharmaindustrie bezahlt klinische Experten - für Studien, für Vorträge, für Beratung und viele andere Dinge. Ein australischer Artikel verdeutlicht die Folgen: Es gibt keine Spezialisten, die keinen "conflict of interest" haben. Für Gremien, die den Nutzen und die Erstattung von Medikamenten und Medizinprodukten beurteilen müssen, finden sich kaum unabhängige Experten.

Wenn in Deutschland zukünftig Entscheidungen über die Erstattung durch die Gesetzliche Krankenversicherung verstärkt auf Basis von Evidenz und Kosten-Nutzen-Bewertungen getroffen werden, dann wird der "conflict of interest" ein echtes Hindernis. Beim IQWiG müssen externe Sachverständige potentielle Interessenskonflikte offenlegen. Das geht von Honoraren bis zu persönlichen Beziehungen. Ob das langt? Mit der Bedeutung des IQWiG für den Erfolg eines Produkts wird auch die Einflussnahme durch die Unternehmen steigen. Wie das in anderen Ländern aussieht ahne ich, wenn die Kunden uns nach dem "Mr. IQWiG" fragen, den sie als Key Opinion Leader nach allen Regeln der Kunst bearbeiten wollen.

[via Pharma Watch]
 
[Ethik & Monetik]
Autor: strappato   2006-08-10   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Wahrheit

Mein Beitrag zur BILD-Kampagne:


Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.

Das ist doch ein schönes Bauwerk.

Am nächsten Sonntag jährt sich der Tag des Mauerbaus zum 45. Mal.
 
Autor: strappato   2006-08-08   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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