Einflussnahme bei der HPV-Impfempfehlung


Dieser Spot war Aufmacher eines Berichts im ARD-Magazin [plusminus, der den Nutzen der HPV-Impfung kritisch in Frage stellte. Die Impfung sei teuer und sogar möglicherweise kontraproduktiv, weil sich die geimpften Frauen sicher fühlen, obwohl der Impfstoff nur 70% der Genotypen des HP-Virus abdeckt, die zu Zervixkarzinom führen können. Früherkennungsuntersuchungen, die schon jetzt zu wenig Frauen erreichen, würden durch die Impfung nicht überflüssig. Auf der Seite von [plusminus sind einige interessante Artikel dazu verlinkt.

Alleine in Deutschland haben der Impfstoff Gardasil® von Sanofi Pasteur MSD (SPMSD - in den USA Merck & Co) und der seit Ende September in Europa zugelassene Konkurrent Cervarix® von GlaxoSmithKline (GSK) ein Umsatzpotential von 1 Milliarde Euro jährlich. Die Lobbyarbeit war gewaltig - besonders auch in der Politik, da die Erstattungsentscheidungen von Impfungen stärker als bei Medikamenten von der Gesundheitspolitik abhängig ist. Einen Einblick, wie es in den USA abgelaufen ist, gibt Judith Siers-Poisson in ihrem blog auf PRWatch.org.

In Europa hat SPMSD eigens eine "Coalition Against Cervical Cancer" ins Leben gerufen, um durch klassisches Astroturfing Lobbyarbeit zu betreiben. Eine weitere Lobbyorganisation der Pharmakonzerne: European Cervical Cancer Association (ECCA), finanziert zu über die Hälfte durch die Pharmaindustrie, allen voran GSK, aber auch SPMSD ist dabei. Deutsche Mitglieder der ECCA: Prof. Gerd Gross und Prof. Thomas Iftner. Beide auch im "HPV Management Forum", das sich für die Impfung ausgespochen hat und die in der Stellungnahme mit Sternchen für ihre Honorartätigkeit für nicht genannte Pharmaunternehmen auffallen. Beide sind Mitglieder der Projektgruppe Zervita, Iftner sogar Initiator, das durch die Europäische Union und "weitere Förderer" getragen wird. Hauptsponsoren: Die HPV-Testkit Hersteller Cytyc und Digene und GSK und SPMSD.

Noch ein Beispiel: Die AG Piks, die in Schulen für die HPV-Impfung wirbt, bezahlt von SPMSD.

Jetzt kommen wir auch wieder zurück zu dem Werbespot mit Jette Joop, der im plusminus-Beitrag zu Recht als "suggestiv" bezeichnet worden ist. Der ist vom Deutschen Grünen Kreuz (DGK), auch Mitglied bei Zervita. Eine Tochterfirma vom DGK, Pro Preventa, betreut als technischer Admin-C auch die Internetseiten von Zervita. Das Grüne Kreuz wirbt traditionell besonders auch mit Impfkampagnen, dort gibt es langjährige Verbindungen zu den Impfstoffherstellern, beispielsweise sind GSK und SPMSD Sponsoren bei der Arbeitsgemeinschaft Masern und Varizellen des DGK.

Das ist nur ein kleiner Einblick in die Lobby- und Marketingarbeit bei der HPV-Impfung. Das Geflecht von multinationalen und nationalen Verbänden und Initiativen, die von SPMSD und GSK in den letzten Jahren weltweit Spenden und Sponorengelder erhalten hat, um die HPV-Impfung zu promoten ist unüberschaubar und harrt einer Analyse.
 
[TV-Magazine]
Autor: strappato   2007-10-03   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 

Fortbildung & Marketing - passt scho


Ärztefortbildung und Pharmaindustrie ist ein weites Feld. Unabhängige Veranstaltung sind die Ausnahme, die Pharmaindustrie steuert die Inhalte und die Ärztekammern verlassen sich darauf, dass sich die Pharmakonzerne an die Regeln halten.

In Österreich ist das nicht anders, mit dem Unterschied, dass sich die Pharmaunternehmen noch mehr anstrengen müssen, die Ärzte und Ärztinnen zu erreichen. Anders als in Deutschland ist dort die regelmässigen Fortbildung keine Verpflichtung.

In unserem Nachbarland versucht die "Akademie der Ärzte", eine Einrichtung der Ärztekammer, ein ähnliches System wie in Deutschland mit der Vergabe und dem Sammeln von Fortbildungspunkten (in D: cme-Punkte, in A: DFP-Punkte) auf freiwilliger Basis zu etablieren. Gleich auf der homepage präsentiert sich Partner Pfizer. Nicht überraschend, dass der Pfizer-Austria Marketing Director Robin Rumler Referent bei der Veranstaltung "ärztliche Fort- und Weiterbildung im Medizin-Marketing" war, auf der Pharmaunternehmen die Möglichkeiten der Produktpräsentation im Rahmen von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen und e-learning Modulen schmackhaft gemacht werden sollte. Eingeladen hatte der Verlag "Medizin Medien Austria". Ein Bericht gibt es auf pharmainside.tv.

Für Robin Rumler muss Fortildung kurzweilig sein..., weg von dem viel zu wissenschaftlichen..., Infotainment. Sein Thema: "Ärztliche Fortbildung und Pharma-Marketing – passt das?". Für ihn sicher eher eine rhetorische Frage.
 
[Oesterreich]
Autor: strappato   2007-10-02   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Alli für Europa

GlaxoSmithKline (GSK) hat in Europa die Zulassung der rezeptfreien Diätpille Alli® beantragt. Mehr zu Alli beim Klick unten auf das Stichwort "Orlistat".
 
[Orlistat]
Autor: strappato   2007-10-02   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Ärztestreik in Polen und die deutschen Medien

"Polnische Medien kritisieren Ärzte-Streiks an Kliniken", schreibt die Ärzte Zeitung. Sie beruft sich auf einen Bericht der Tageszeitung "Dziennik", nach dem ein Mann an einem Spital nicht behandelt worden sei, weil die Ärzte sich dort im Streik befanden. Kurze Zeit danach sei der Mann gestorben.

Zum Verständnis sollte man wissen, dass in Polen seit Monaten Ärzte und Krankenschwestern durch Streik auf ihre desolate Lage aufmerksam machen. Ein grosser Teil der Ärzte hatte demonstrativ zum 1. Oktober gekündigt, worauf der Gesundheitsminister jegliche Lohnerhöhung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen für dieses und das kommende Jahr ausschloss. Alles in der Hoffnung, dass die Ärzte ihre Kündigung nicht vollziehen würden. Vize-Gesundheitsminister Boleslaw Piecha hat das ganze Wochenende über den Medien versichert, dass keinem Patienten durch den Streik Leid geschehen würde, obwohl er von dem Fall am Samstag wusste und Dziennik konnte es gestern als erste Auswirkungen der Kündigungen präsentieren.

Die Zeitung Dziennik wird von Springer herausgeben, gibt sich intellektuell, aber ist ebenso wie Springers polnisches Boulevard-Blatt "Fakt" fest auf Kurs der rechtskonservativen Regierung.

Wenn man die Meldungen der polnischen Presse verfolgt, scheint die Lage in einigen Regionen dramatisch zu sein. Krankenhäuser und Stationen wurden mangels Ärzten, die nicht zum Dienst erschienen sind, evakuiert. Die deutschen Medien, nicht nur die Ärzte Zeitung sollten sich mit der Situation in unserem Nachbarland beschäftigen und nicht nur Meldungen von regierungsfreundlichen Gazetten abschreiben.

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Update
Ein Bericht des ORF.
 
[Ausland]
Autor: strappato   2007-10-02   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

In eigener Sache

Die Meldung von der "Last Lecture" des Informatik-Professors Randy Pausch ist heute Thema bei SPON. Für die Leser dieses blogs schon seit 10 Tagen bekannt.
 
[heile Welt]
Autor: strappato   2007-10-02   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Neoliberaler Gesundheitsvergleich: D auf Platz 5 - Update

Das Deutsche Ärzteblatt meldet: Gesundheitssystemvergleich: Deutschland auf Platz fünf. Als Initiator des Rankings wird das in "Brüssel ansässige Beratungsunternehmen Health Consumer Powerhouse (HCP)" genannt - ohne nähere Erklärungen.

Zur Einordnung: Das HCP ist Teil eines neoliberalen Netzwerks, das mit Unterstützung der Pharmaindustrie Lobbyarbeit für ein marktradikales Gesundheitswesen macht. Unter Patientenorientierung versteht das HCP den Traum der Pharmaindustrie: Kunde statt Patient, Leistungen statt Engagement, Verträge statt Vertrauen.

Was das HCP als Verbesserung der Patienteninformation vorstellt, zielt auf Aufhebung der Werbebeschränkungen für Arzneimittel ab:
If information is limited there is no way for the consumer to make good choices. Therefore it is unacceptable that certain countries have put up bans on the right of care providers to communicate with the consumer via third parties. Nor should the citizens be banned from seeking and digesting certain types of information. Here the legislation on EU level should improve according to the principles of freedom of information, care consumer empowerment and partnership in care.

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Update

Ich habe mir mal das externe Expertenpanel zu dem Bericht angesehen.

Darunter: Juan Acosta und Frank Ahedo, zwei Manager des Unternehmens "Best Docters", das privat finanzierte Ärzte für Zweitmeinungen vermittelt. Einige private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten.

Dann Tom Kass, Chef des Bereichs Gesundheitswesen einer schweizer Privatbank, der früher bei den Consulting-Unternehmen PricewaterhouseCoopers und KPMG gearbeitet hat - und ehemaliger Vize-Präsident für "International Business Development and Strategic Marketing" bei Svenska Tobaks, des grössten schwedischen Tabakunternehmens (seit 1992 Teil von "Swedish Match").

Desweiteren Meni Malliori, Professorin für Psychiatrie an der Universität Athen und stellvertretender Vorstandsvorsitzende des Europäischen Zentrum zur Prävention und Bekämpfung von Seuchen (ECDC), vorher Mitglied des Europäischen Parlaments. In ihrer Zeit als Europaabgeordnete war sie Mitglied des Ausschuss für Technikfolgenabschätzung des Europäischen Parlaments STOA (Scientific and Technical Options Assessment), das zur Zeit eine wichtige Rolle bei der Einigung über eine Patent-Strategie der EU spielt.

Leonardo la Pietra, medizinischer Leiter des European Institute of Oncology, das eng mit der Pharmaindustrie zusammenarbeitet.

Denitsa Sacheva, seit 2001 Direktorin für Internationale Angelegenheiten und Öffentlichkeitsarbeit am Internationalen Institut für Gesundheitsversorgung und -versicherung in Sofia, Bulgarien vorher zwei Jahre Büroleiterin des bulgarischen Gesundheitsministers. Sie war Mitglied des Beratergermiums der bulgarischen Europaministerin, die seit diesem Jahr das Amt des Verbraucherschutzkommisars der europäischen Kommission inne hat. Ausserdem lehrt Denitsa Sacheva Gesundheits-Kommunikation an der London PR School und sitzt für Bulgarien in dem internationalen PR-Verband IPRA im Vorstand und ist Mitglied des European Association of Communication Directors, einem Verband der PR-Leiter der grossen europäischen Konzerne - darunter die Pharmaindustrie.

Alles EU-Lobbyisten auf hohem Niveau. Da irritiert ein wenig das deutsche Mitglied in dem Expertenpanel: Katrin Grüber, früheres Mitglied des NRW-Landtags für die Grünen und Leiterin des Institutes Mensch, Ethik und Wissenschaft, das von der Behindertenselbsthilfe und den freigemeinützigen Trägern finanziert wird. Ich bin da noch unschlüssig, würde aber eine Portion Naivität nicht ausschliessen.

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Noch ein Update
Die Journalistin hat das Thema noch bei der FTD untergebracht, und zitiert den Studienleiter:
Der Index stelle vielmehr einen Versuch dar, die Qualität der medizinischen Dienstleistungen und die Transparenz der Gesundheitssysteme aus Patientensicht zu bewerten.
Wer diesen Versuch bezahlt hat, bleibt auch hier offen.
 
[PatientView]
Autor: strappato   2007-10-01   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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