Ärztliche Fortbildung in Industriehand

Obwohl ich mit Umweltmedizin wenig anfangen kann - Erdstrahlen und so, you know? - finde ich diesen pdf-DateiBrief des Umweltmediziners Dr. Wolf Bergmann bemerkenswert.

Das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF), ein Lobbyverein der Mobilfunknetzbetreiber, veranstaltet unter dem Titel "Mobilfunk und Gesundheit" Fortbildungen für Ärzte, die von der Ärztekammer anerkannt sind und mit Fortbildungspunkten belohnt werden.

Dr. Bergmann beschwert sich in einem Brief an die Bundesärztekammer (BÄK) über die einseitige Darstellung der Gefahren des Mobilfunks und den Verstoss gegen die Berufsordnung und Fortbildungsordnung, da die Referenten im Dienst der Mobilfunkindustrie stehen. Der §5 (1) der Fortbildungsordnung von Baden-Württemberg legt fest: Die Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme setzt voraus, dass die zu vermittelnden Fortbildungsinhalte ... frei von wirtschaftlichen Interessen sind.. Er fordert den Präsidenten der BÄK auf, eine weitere Vergabe von Fortbildungspunkten für Veranstaltungen des IZMF oder anderer von der Mobilfunkindustrie abhängiger Einrichtungen sofort zu stoppen.

Auch die Pharmaindustrie sponsert anerkannte Fortbildungen. Es herrscht sogar weithin die Auffassung vor, dass Fortbildung ohne die Unterstützung der Pharmaindustrie nicht möglich wäre.

Dazu auch ein Bericht eines Arztes von einer Diabetes-Fortbildung im Ärzteblatt.
Naive könnten dies jetzt für eine Win-win-Situation halten. Ich habe meine Fortbildungspunkte bekommen, durfte noch umsonst etwas essen, und die Pharmaindustrie konnte mich über ihre Blockbuster in spe informieren. Auf der Strecke jedoch blieb ganz sicher das, was mit der Fortbildungspflicht im DMP beabsichtigt war: eine wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Arzneimitteltherapie. Und dies ist, fürchte ich, exemplarisch für das ganze Elend der Fortbildungspflicht. Man jagt die Kollegen in die Fortbildungen, wo sie mit offenen Armen von der Industrie begrüßt werden. Die Regelung, wonach es nur Fortbildungspunkte für Veranstaltungen gibt, die wirtschaftlich unabhängig sind, ist offensichtlich zahnlos. Nie liefen die Chappi-Veranstaltungen so gut wie heute, wo selbst solche Kollegen kommen müssen, die sich früher aus gutem Grund fernhielten.

 
[Aerzte]
Autor: strappato   2007-03-12   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Mein Essen zahl' ich selbst - verhungert?

Der Süddeutschen Zeitung war zu entnehmen, dass im Januar 2007 eine Initiative von unbestechlichen Ärzten gegründet werden sollte: Mein Essen zahl' ich selbst (MEZIS), die deutsche Adaption der No free lunch-Kampagne. Auch vor der Gründung stiess dies schon auf Resonanz in der Presse. Die Artikel bis zum 19. Dezember sind auf der Internetseite zu sehen. In der letzten Information, die ich gelesen habe, wurde der 31.1.2007 als Gründungsdatum angegeben.

Heute haben wir den 3. Februar und die Internetseite ist seit 19. Dezember unverändert. Google-News kann nichts über eine Gründung finden. Meine e-mail mit der Bitte um Aufnahme in den Presseverteiler und mit Hinweis auf mein blog blieb unbeantwortet. Ärzte klagen ja gerne über ihr karges Einkommen. Mein Essen zahl' ich selbst kann da leicht zum Hungertod führen. Trotzdem hoffe ich, dass MEZIS noch aus den Startlöchern kommt.
 
[Aerzte]
Autor: strappato   2007-02-03   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Doktor Hokuspokus

Eine böse Karikatur in der TAZ auf Dietrich Grönemeyer, dessen Selbstvermarktung negative Schlagzeilen gemacht hat.

Die vor Weihnachten veröffentlichten Artikel von SPON und der WAZ-Gruppe mit Details der Vorwürfe des Medien-Beraters sind nicht mehr im Internet zu finden.

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Update: Hier Thread in eine Forum zu einem anderen Spiegel-Artikel.

Weil auch der Thread gelöscht ist, hier ein paar Zitate aus dem Spiegel-Artikel vom 23.10.2006:
Und so erzählte Dietrich Grönemeyer mit ausladenden Handbewegungen, wie er in seinem Institut in Bochum Patienten behandelt: sehr schonend, sehr modern, sehr erfolgreich. Dann wetterte er wie so häufig gegen die Krankenkassen. Die würden erfolgreiche Methoden zur Früherkennung von Herzinfarkten nicht bezahlen, die "ich vor 15 Jahren in Deutschland eingeführt habe". Und er durfte erklären, wie er Krebstumoren zerstört, an die sich kein gewöhnlicher Kollege heranwagen würde.
Reinhold Beckmann, dem Gastgeben der Talkrunde am 3. April, stand vor Staunen leicht der Mund offen, "Das ist phantastisch", sagte der ARD-Mann, "das hört sich so einfach an. Das hört sich so einfach an."
Ist es aber nicht. In der Fachwelt brachte die TV-Runde denn auch das Fass zum Überlaufen. In einen Brief an den NDR-Intendanten Jobst Plog bezeichneten leitende Wissenschaftler der Deutschen Krebsgesellschaft und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg Grönemeyers Auftritt in der ARD als "einen Schlag ins Gesicht" all jener, die sich ernsthaft um die Heilung von Patienten bemühen.

...
Viele von Grönemeyers Theorien seien "wissenschaftlich nicht haltbar", so der renommierte Forscher und DKFZ-Vorstand Otmar Wiestler sowie Michael Bamberg, erfahrener Strahlentherapeut und Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. Grönemeyer wecke "unberechtigte Hoffnungen", kritisierten die beiden. Es sei unerträglich, wie mit der Angst und Hilflosigkeit Betroffener finanzielle Vorteile erlangt würden, ergänzt Bamberg.
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Was Grönemeyer als Neuigkeit verkaufe, sei entweder medizinische Platitüde oder aber Hokuspokus - und zudem teilweise gefährlich. Ärzte werfen dem Dampfplauderer schlichten Populismus und Geldschneiderei vor.
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Bemerkenswert ist auch die Geschichte, wie der bis dahin weitgehend unbekannte Grönemeyer im Ruhrgebiet an seinen Professorentitel kam. 1982 hatte Konrad Schily [...] große Mühe, angesehene Wissenschaftler für die junge Hochschule [Anm. Witten-Herdecke] zu gewinnen. Also nahm er Grönemeyer. Normalerweise erhält ein Professor den Ruf wegen seiner wissenschaftlicher Leistung - oder er legt eine unfangreiche Habilitationsschroft vor. Bei Grönemeyer reichte eine magere Sammlung von Pubklikationen.

 
[Aerzte]
Autor: strappato   2007-01-03   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 



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