Pharmakonzerne setzen auf Exklusivverträge Mike Lascelles beschreibt in Australien, was in anderer Form, auch in Deutschland kommen könnte: Pharmakonzerne schliessen Exklusivvereinbarungen mit niedergelassenen Ärzten ab. Bei uns ist sowas denkbar, wenn die Rabattpläne im Gesundheitsreformgesetz Wirklichkeit werden. Sowohl Apotheken als auch Krankenkassen sollen mit Herstellern um Rabatte feilschen. Für die Pharmakonzerne ist das nur sinnvoll, wenn sie im Gegenzug auch eine gewisse Sicherheit haben, dass ihre Produkte bevorzugt werden. Auch interessant: Der von Mike Lascelles erwähnte Trend in Australien zu "Corporate GP practices". Die Praxis wird von einem Unternehmen betrieben und der Arzt ist auf Honorarbasis dort tätig. Angesichts der Unüberschaubarkeit von Versorgungsmodellen, Medikamentenvereinbarungen, Dokumentationspflichten, Arbeitgeberregelungen, usw. ist das ein Modell, was sicher bei einigen niedergelassenen Ärzten hierzulande auf Sympathie stösst. ... and drug reps from other companies are banned.
Alleine dafür würden manche Ärzte einiges geben.[Ausland]
Patientenverbände als PR-Truppen Die Beziehungen von Pharmakonzernen zu Patientenverbänden sind auch ein Thema in UK. The Sunday Times zeigt, welche Beträge dort fliessen. Sir Michael Rawlins, chairman des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE), das in Grossbritannien über die Erstattung von Medikamenten und Therapien durch das staatliche Gesundheitssystem entscheidet, warnte davor, dass dieses Sponsoring zu einem übertriebenden Druck und ungerechten Entscheidungen über die Medikamente, die erstattet werden, führen könnte. Eine sehr lautstarker Verband Cancerbackup hat umgerechnet 43.000 Euro von Roche erhalten. Was ein erfolgreiches Investment war. Roches Medikament Herceptin® erhielt überraschend schnell nach einer erweiterten Zulassung die Zustimmung für die Erstattung. Onkologen haben NICE vorgeworfen, dass die Entscheidung durch eine Medienkampagne des Herstellers Roche beeinflusst worden ist, bei der die Patientenverbände grossen Anteil hatten. Rawlings statement klingt sehr ernst: In the long term it will do the patient organisations an immense amount of damage and the confidence in their neutrality will dissipate. . . It certainly is distasteful. [Ausland]
Massenmail Pfizer will 20% seiner Mitarbeiter im Pharmaaussendienst entlassen. Peter Rost, der "whistleblower", der auf Pfizer nicht so gut zu sprechen ist nutzt dies für eine Spitze gegen Pfizer und die Pharmaindustrie: Er veröffentlicht die e-mail-Adressen von 300 Pharma-Headhuntern - mit der Aufforderung, an alle die Berwerbungsunterlagen zu senden. [Ausland]
PR vs. Wissenschaft Normalerweise hat das britische NICE den Ruf, besonders kritisch bei der Beurteilung einer neuen Therapie zu sein. Nun hat NICE hatte im August dieses Jahres seine Zustimmung für den Einsatz von Trastuzumab bei Frauen mit HER-positivem Mammakarzinom im Frühstadium gegeben. Damit darf das Medikamente von Ärzte des Staatlichen Gesundheitsdienstes NHS (National Health Service) eingesetzt werden. Die positive Stellungnahme erfolgte nur zwei Wochen nach der Erweiterung der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMEA (European Medicines Agency). Das Ärzteblatt berichtet, dass Onkologen dem NICE nun vorwerfen, dass die Entscheidung durch eine Medienkampagne des Herstellers Roche beeinflusst worden ist. Das erklärt auch die Meldung, dass im Fall der Entscheidung über die Erstattung von Medikamenten gegen Alzheimer die Alzheimer's Society vorgeschickt wird, um über die Öffentlichkeit Druck auszuüben. Ob das deutsche IQWiG standhafter gegen PR-Attacken sein wird, wenn es demnächst bei neuen Medikamenten die Kosten-Nutzen-Bewertung machen soll? Krisenzeiten sind immer gute Zeiten für die PR-Branche. [Ausland]
Pharmalobby in der Defensive In den USA brechen für die Pharmaindustrie harte Zeiten an. Die Pharmakonzerme wollen mit aller Macht Umsatzverluste durch Importmedikamente und Preisverhandlungen verhindern. Die NY Times gibt einen Einblick in Lobbyisten-Kämpfe und die Situation nach der Wahlniederlage der Republikaner. Dumm gelaufen: The pharmaceutical industry lost one of its most effective defenders when Senator Rick Santorum, Republican of Pennsylvania, was not re-elected. The new Senate Republican whip, Trent Lott of Mississippi, is no friend of the brand-name drug industry. He supports bills to allow imports from Canada and to increase access to generic drugs. [Ausland]
Medikamentenskandal in Polen Unser Nachbarland Polen wird von einem Medikamenten-Skandal erschüttert. Der Arzneimittelhersteller Jelfa aus Jelenia Góra (Województwo Dolnośląskie - Niederschlesien) hat bereits vor Wochen ein falsch etikettiertes Medikament in Umlauf gebracht. In Packungen des Anti-Allergie-Präparats Corhydron befindet sich ein starkes Betäubungsmittel, das kurzfristig auch die Atemwege lähmen kann. Mittlerweile sind 27 Todesopfer ermittelt, die das Medikament regelmässig eingenommen haben. Die Menge betroffenen Packungen soll zwischen 15.000 und 29.000 liegen und damit erheblich über dem, was das Unternehmen anfangs angegeben hatte. Nach Berichten der Zeitung Der Standard herrschten in dem Unternehmen skandalöse Zustände - aber auch im polnischen Gesundheitsministerium. Der oberste Arzneimittelinspektor Zbigniew Niewojt verfügte nach Informationen der Tageszeitung "Rzeczpospolita" bereits vor einem Monat über Hinweise auf die nicht gewünschte Wirkungsweise von Corhydron. Er ließ zwar die Produktion stoppen und verbot die Auslieferung des Mittels. Niewojt versäumte es jedoch, den Gesundheitsminister zu informieren. Der Gesundheitsminister Zbigniew Religa hat daher schon in der letzten Woche seinen Rücktritt angeboten. [Ausland]
Fusionsfieber im Medikamentenhandel Auch anderswo kommt einiges in Bewegung. In den USA haben CVS, die zweitgrösste Drogerie-/Apothekenkette der USA, und Caremark, der führende Vermittler von rezeptpflichtigen Medikamenten einen Fusionsvertrag unterzeichnet. Das fusionierte Unternehmen kommt auf eine Marktwert von $ 45 Milliarden und wird an einer Milliarde Rezeptverschreibungen jährlich beteiligt sein. CVS betreibt rund 6.200 Fillialen. Caremarks Kunden sind 2.000 Krankenversicherungen sowie Unternehmen und staatliche Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter und deren Angehörige versichern. Die Medikamente kauft Caremark direkt bei den Pharmakonzernen ein. Der Vertrieb erfolgt über ein landesweites Netz von rund 60.000 Apotheken sowie durch Versandhandel. 75% aller rezeptpflichtigen Arzneimittel werden in den USA über "pharmacy benefits managers" (PBM) wie Caremark vermittelt. Diese Einkaufsmacht setzt die Pharmakonzerne unter Druck. Auch in den USA scheint die Zeit der überteuerten Medikamente sich dem Ende zu zuneigen. Ein Anzeichen war der Einstieg von Wal-Mart in den Generika-Verkauf mit Kampfpreisen von $ 4,00 pro Medikament. Die einen versuchen es mit Grösse, die anderen mit Diversifikation: McKesson Corp., der grösste US-Pharmahändler will Per-Se Technologies, ein Software-Unternehmen, übernehmen. Pre-Se sorgt mit seiner Software und dem grössten Apotheken-Datennetzwerk dafür, dass in dem unübersichtlichen US-Gesundheitsmarkt mit tausenden von pharmacy benefit plans, health benefit plans, HMOs usw. kein Arzt, Apotheker, keine Klinik oder Versicherer den Überblick verliert. [Ausland]
Vorbildliches System Stellen Sie sich also vor, Ihr Haus-, Frauen-, Kinder- und wahrscheinlich auch Tierarzt ist eine Person. Medizinische Grundversorgung hin oder her. Wenn es ernst wird, wollen Sie eine anständige Behandlung, auch mal einen Spezialisten. Wer also mehr als nur ein Rezept verschrieben haben möchte, reist nach Deutschland und lässt sich dort behandeln. Zwischen Düsseldorf und Mönchengladbach stellen Arztpraxen mittlerweile holländische Krankenschwestern ein, um für die vielen Patienten aus dem Westen besser gewappnet zu sein. So kann man seine Gesundheitsversorgung auch retten: die kostspieligen Behandlungen einfach auslagern.
Michael Streck erläutert in der TAZ die Wahrheit über die Niederlande.Das Gesundheitsssystem in den Niederlanden wird ja gerne als Vorbild für die deutsche Reform dargestellt: Abgeordnete loben niederländisches Gesundheitssystem. [Ausland]
Cheap drugs Wal-Mart, der weltgrösste Einzelhandelskonzern, ist in den USA unter Beschuss. Die von der PR-Agenture Edelman gesteuerte Image-Kampagne, droht in einem Desaster zu enden. Getreu der Devise: America's working families benefit from Wal-Mart, hat das Unternehmen begonnen, Generika preiswert zu verkaufen und dies nun überraschend auf weitere US-Staaten ausgeweitet. Die Pressemitteilung passt zur Image-Kampagne: In one pharmacy in Florida, our pharmacist told me that a woman broke down and started to cry as she told of how the $4 program was saving her $75 a month,” said Simon. “She said, ‘It may not sound like a lot to you, but for the first time in a long time, I’ll be able to buy my grandkids presents for Christmas. It has been a long time since I was able to do that.’ Rührend. Ganz oben auf der Liste in der Pressemitteilung: Fluoxetine, bekannt als Prozac. [Ausland]
Heimwerker Was macht ein Chirurg, wenn ihm während einer OP ein Werkzeug fehlt? Er besorgt sich das passende im Baumarkt. So geschehen in England, wo anscheinend Torx-Schrauben in der Chirurgie unbekannt sind. Gut, wenn der Chirurg so pragmatisch handelt und nicht mit ungeeigneten Werkzeug rumpfuscht, was jeder ambitionierte Heimwerker sicher nachvollziehen kann. [Ausland]
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