Übernahmeerwartungen

Was in den Meldungen als freundschaftliche Übernahme aussah, scheint doch nicht so im Sinne des Schering-Vorstandes zu sein. Der Schering-Vorstand lehnt die Offerte jedoch ab, da sie die Gesellschaft erheblich unterbewerte.

Immerhin 35% Zuschlag zum Durchschittskurs der letzten 3 Monate. Bei Schering waren auch immer schon Übernahmefantasien mit eingepreist. Der Vorstand muss sich vorwerfen lassen, dass es an der Kursdynamik in den letzten 2 Jahren gefehlt hat. Während der DAX 25% oder MDAX über 50% im letzten Jahr zulegten, dümpelte Schering eher vor sich hin. Der grösste Anteilseigner ist mit 12% die Allianz, der Rest ist in Streubesitz. Endlich Zeit, die Übernahmeerwartungen in klingende Münze zu verwandeln. Auf den Schering-Vorstand würde ich kein Geld mehr setzen.

Das Schring-Papier notiert aktuell schon bei 81 Euro. Die Zeit für die Zocker hat begonnen.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-03-13   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Gigantomanie

Die Merck KGaA will das Pharmaunternehmen Schering übernehmen. Endlich mal eine gute Nachricht für den gebeutelten deutschen Pharmastandort, dachte sich SPON und schwärmt von einem neuen Giganten.

Mit einem Gesamtumsatz von 11,2 Milliarden Euro und einer Börsenkapitalisierung von 29 Milliarden Euro (inkl. des Merck-Familienanteils) wäre der Gigant global gesehen aber ziemlich mickrig. Wenn man diese Tabelle vergleicht, wäre Merck-Schering beim Pharmumsatz, Gesamtumsatz und Börsenkapitalisierung höchstens #14. Selbst "ein neuer deutscher Pharma-Champion" entstünde nicht, da Merck nur zwei Drittel seines Umsatzes mit Pharma erwirtschaftet. Boehringer wäre beim Pharmaumsatz grösser.

Einzig für die Schering-Aktionäre wäre das gigantisch: 77 Euro soll es für eine Schring-Aktie geben. Die Aktie bewegte sich in den letzten 2 Jahren eher zwischen 45 und 55 Euro. Auch liegt der Verdacht nahe, dass Insider mit abkassieren wollen. So zogen die Schlusskurse seit Dienstag merklich an und obwohl Schering am Freitag die Umsatzprognose für das Hormonersatzpräparat "Angeliq" reduzieren musste, erreichte die Aktie ein 52-Wochen-Hoch.

Soviel Sachverstand in einer Wirtschaftsredaktion ist ein Boo wert.

Update
SPON hat den Artikel geändert und fand das dann doch nicht mehr so gigantisch. Aber der Unterschied zwischen Pharma- und Spezialchemieumsätzen von Merck ist dort noch nicht vorgedrungen. Denn: Schering ist das zweitgrösste deutsche Pharmaunternehmen, nicht das drittgrösste.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-03-12   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Wettbewerb wird siegen

Staatliche Reglementierung und rigide Kostendämpfung - das sind die Rezepte in fast allen Ländern, das Gesundheitswesen zu retten. Es gibt aber auch andere.

In einem Interview mit dem Ärzteblatt erläuterte der stellvertretende US-amerikanische Gesundheitsminister Alex Azar seine Sicht. Aber bei der ganzen Kostendiskussion dürfen wir nicht vergessen, dass unser Gesundheitswesen noch Jahrzehnte Bestand haben soll, ein Gesundheitswesen, das Innovationen, Technik, Arzneimittel und Hilfsmittel zur Verfügung stellt, die die Gesundheit weltweit verbessern.

Diw USA ist der weltweit grösste Markt für Medikamente und Medizingeräte. Wie sähe das Angebot der Hersteller auch für uns aus, wenn dort eine Gesundheitspolitik wie in Europa gefahren würde? Die Pharmaindustrie argumentiert gerne, dass die USA durch die hohen Preise andere Pharmamärkte subventionieren würde. Das ist sicher übertrieben, aber die Bedingungen in Europa sind kein grosser Anreiz für die Entwicklung neuer Therapien.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-02-14   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Versuchskarnickel

Grosse Hoffnungen sowohl der Politik als auch der Industrie liegen auf der elektronischen Gesundheitskarte. Sie soll ein Allheilmittel gegen die ausufernde Bürokratie sein, gleichzeitig die Qualität der Versorgung verbessern und die grundlegende Modernisierung des deutschen Gesundheitswesens ermöglichen. In den Modellregionen beginnt nun die Erprobung. Dabei zeigt sich, mit welch' heisser Nadel das Projekt gestrickt ist.

Bei den teilnehmenden Ärzten kommt erster Unmut auf. Der Aufwand ist immens und die Gegenleistung vage: Bitte gehen Sie davon aus, dass die Kassenärztliche Vereinigung sowie die Ärztekammer Nordrhein bzw. die auf Bundesebene federführende KBV und BÄK alles unternehmen werden, um den teilnehmenden Testpraxen eine angemessene Aufwandserstattung durch die bereitstehenden Gelder der gematik zukommen zu lassen. Was im Einzelnen tatsächlich bezahlt wird, kann jedoch erst ermittelt werden, wenn die weiteren Verhandlungen der Projekte mit der gematik abgeschlossen sind.

Die Ärzte sind ja in Sachen Honorar einiges gewöhnt, aber dagegen ist selbst der Punktwert des EBM eine harte Währung. Man hat den Eindruck, dass die beteiligten Unternehmen und Verbände glauben, dass die Ärzte sehnsüchtig auf die Karte gewartet haben. Hat denn keiner aus den Erfahrungen bei der Einführung der Versichertenkarte und der Praxiscomputer gelernt?
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-01-30   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

The Next Big Thing

Letzte Woche fand in München der Digital Lifestyle Day statt. Andere blogger haben diese Veranstaltung schon umfassend kommentiert.

Ein kleiner, aber interessanter Punkt: In der Session The Next Big Thing mit Marissa Mayer (google), Esther Dyson und Martin Varsavsky auf dem Podium wurde viel über google und searching gesprochen, aber nur ein Thema als "big next thing" benannt: Healthcare.

Wird ja schon länger als kommende Boom-Branche vermarktet. Nur: Das Gesundheitswesen ist komplex und hat sehr viele nationale Eigenheiten - von den Gesetzen zur Pharmawerbung über die Versorgungslandschaft bis zum Schutz personenbezogener Daten. Die Internet-Firmen haben z.B. bisher auch nicht gerade viel Verständnis für ethische Belange gezeigt. Mit ein wenig Software, ein paar buzz-words und den richtigen PP-Slides kommt man da nicht weiter. Deutschland wird aber als weltweit 3. grösster Markt eine wichtige Rolle spielen. Jetzt sind die Experten gefragt - die aber in der Regel mit den digital-lifestyle-Fantasien nicht viel anfangen können. Pharma- und Medizingeräteindustrie wappnen sich aber, um ihre Interessen zu wahren. Ich bekomme zur Zeit soviel Anrufe von headhuntern, wie noch nie.

p.s. noch war der Traumjob nicht dabei.
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-01-29   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Professionell an die Wand

Ist noch aus dem letzen Jahr, aber beispielhaft:

Betriebswirt/in für Management im Gesundheitswesen - ein neues Karriereangebot für Arzt- und Tierarzthelfer/innen und Zahnmedizinische Fachangestellte - so die Pressemitteilung des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Neue Versorgungsstrukturen, die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Pflegebereich, eine verstärkte Herausbildung von Praxisverbünden sowie ein modernes Praxismanagement stellen veränderte Qualifikationsanforderungen auch an die Praxis-Helfer/innen. In den Weiterbildungsangeboten für Arzt- und Tierarzthelfer/innen sowie für Zahnmedizinische Fachangestellte wurden diese veränderten Qualifikationsanforderungen bisher kaum berücksichtigt.

Ich kann nicht glauben, dass es unter den über 130 Studiengängen und unzähligen Weiterbildungsangeboten keine Qualifizierung für Arzthelferinnen gibt. Wie wäre es damit, zufällig gefunden, da auf der Liste ganz oben: Kontaktstudiengang Gesundheits- und Sozialmanagement?

Seit einigen Jahren schiessen Ausbildungen und Weiterbildungsangebote im Gesundheitswesen wie Pilze aus dem Boden. Das alles wird unter "Gesundheitswirtschaft" subsumiert, welches ein schrecklicher Begriff ist, der von denselben Technokraten geprägt wurde, die morgen die Hafenwirtschaft fördern und übermorgen der Entsorgungswirtschaft auf die Sprünge helfen wollen. Patienten sind aber, anders als See- oder Abfall-Container, kein Logistik-Problem.

Dahinter steckt nicht so sehr der Bedarf, als vielmehr die Verzweifelung. Gesundheit gilt als einer der wenigen Wachstumsektoren. Googel spuckt unter Gesundheitswirtschaft über 319.000 Treffer auf deutsch aus. Entsorgungswirtschaft bringt es nur auf 129.000. Dementsprechend wollen sich die Kommunen als "Gesundheitsregionen" etablieren. Wer sich zu Gesundheitsregion informieren will, kann zwischen 40.000 google-Treffern wählen.

Allein die Weiterbildungsstudiengänge bilden konservativ geschätzt mehr als 1500 Absolventen jährlich aus. Hat dies unserem Gesundheitswesen bisher genützt, oder muss man froh sein, dass diese Experten-Armada dem deutschen Gesundheitswesen nicht sonderlich geschadet hat?
 
[Gesundheitswirtschaft]
Autor: strappato   2006-01-22   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



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