Traumberuf Medizinjournalist (XV)

What should any researcher expect from a journalist beyond the keen intelligence needed to see the newsworthiness of the researcher's work, and the ability to spell his or her name correctly? For some scientists, the answer is probably 'Not much'. Many tend to think of science journalism as a kind of public-relations service, existing purely to explain new scientific findings to the masses.

Die Fachzeitschrift "Nature" macht sich anlässlich der 6. Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten (30.6-2.7. in London) Gedanken um die Zukunft des Wissenschaftsjournalismus. In drei Essays werden die Defizite und Herausforderungen für Journalisten und Naturwissenschaftler benannt.

Boyce Rensberger, bis 2008 Leiter des Knight Science Journalism Fellowship Programm am MIT, bringt es auf den Punkt:
If science journalists are to regain relevance to society, not only must they master the new media, they must learn enough science to analyse and interpret the findings — including the motives of the funders. And, as if that were not enough, they must also anticipate the social impacts of potential new technologies while there is still time to make a difference.

Bei dem Anspruch wird der real existierende Medizinjournalismus in Deutschland zum hoffnungslosen Fall.
 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-07-03   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Klosterfrau-Überzeugungstäter Bankhofer

Der ehemalige TV-Gesundheitsguru Hademar Bankhofer hat über Jahre verdeckt die Produkte der Klosterfrau-Gruppe angepriesen. Zu diesem Ergebnis kommt der Journalist Marcus Anhäuser hat in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Dafür hat Anhäuser sich insbesondere in der Fernsehzeitschrift rtv von Anfang 2007 bis Sommer 2008 angesehen. Da wimmelt es von eingetragenen Markenzeichen der Kosterfrau Healthcare Group.

Bei Bankhofers Rauswurf beim WDR im Sommer 2008 beteuerte der Naturheilkunde-Papst noch, dass er lediglich einen Beratervertrag habe, in dem stehe, dass er "keine Werbung und PR mache". Mit diesen neuen Fakten konfrontiert verwies er nun darauf, das er Überzeugungstäter sei:
."Dann ist es doch verständlich, dass ich mich auch im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit beim Schreiben von Zeitungs-Kolumnen aus Überzeugung - ohne Geld dafür zu bekommen - dafür einsetze."

In einem weiteren Artikel wird die wissenschaftliche Qualität seiner Tipps noch einmal hinterfragt. Es verstärkt sich der Eindruck, dass der Medizinjournalist auf das Überprüfen von Quellen verzichtet, wenn die Message sich schön verkaufen lässt. Zwei Journalistik-Professoren halten dies für hochgradig unseriös. Hier könnte man Bankhofer sogar zur Seite springen, denn seine Arbeitsweise unterscheidet sich nicht besonders von der vieler anderer Kollegen. Medizinjournalismus in Deutschland verlässt sich zu oft auf die Ausagen der Pharmaunternehmen und der von ihnen bezahlten Forscher.

Wobei der Begriff "Journalist" eigenlich nicht auf Bankhofer passt. Wie Marcus Anhäuser in seinem Blog zu Recht bemerkt: "Sein Format ist ist die Kolumne". Kolumne bezeichnet in der Presse sowie im Online-Journalismus einen kurzen Meinungsbeitrag als journalistische Kleinform. Meinung, nicht Evidenz und Objektivität ist das Geschäft von Bankhofer.
 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-06-13   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 

Cholesterin: FOCUS berichtet wie geschmiert

Mitten im Text erscheint eine ganzseitige Anzeige für eine bestimme Margarine. Genau diese Margarine wird zwei Seiten weiter im redaktionellen Text zum Verzehr empfohlen. Der Autor bestreitet einen Zusammenhang und schreibt auf die Fragen der Redaktion: „Produktnamen nenne ich in meinen Artikeln immer dann, wenn dies zum besseren Verständnis führt und den Servicecharakter der Geschichte erhöht.“
[...]
Aber wie neutral informiert der Artikel tatsächlich zu „Cholesterin“? Ein wichtiger Experte für den Focus-Autor, um seine These vom „gefährlichen“ Cholesterin zu untermauern, gehört zur sogenannten „Lipid-Liga“. Dieser Verein mit Sitz in einem Münchener Vorort will zu Fettstoffwechselerkrankungen informieren, ganz neutral, rein gesundheitlich. Doch die Liste der Förderer und Geldgeber, einsehbar im Internet, verwundert: Neben Namen aus der Pharmaindustrie steht der Hersteller der im Focus beworbenen Margarine.


Ein höchst sehenswerter Beitrag der WDR-Sendung "Servicezeit: Gesundheit" über die Focus-Titelgeschichte "Tödliches Blutfett - Cholesterin", die Interessenkonflikte des Autors Jochen Niehaus und seiner Ansprechpartner sowie das Geschäftsmodell des auf dem journalistischen Niveau von Hausfrauenillustrierten und kostenlosen Fernsehbeilagen angelangten Burda-Blättchens.
 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2009-05-29   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Die allgegenwärtige Pharma-PR

Die deutsche Presse kennt viele kleine Hademar Bankhofers.

Ein Artikel des epd (Evangelischer Pressedienst) beschäftigt sich mit dem Umgang mit Pharma-PR bei der Berichterstattung über Medikamente und Therapien in den deutschen Medien.
Offenbar ist das Problem verdeckter Pharma-PR branchennotorisch. Dies zeigt sich auch daran, dass sich der Deutsche Presserat in seiner Spruchpraxis immer wieder mit dem Schleichwerbeverdacht verbunden mit übertriebenen Heilungserwartungen, die Artikel bei Lesern erweckt hatten, befassen musste. Ziffer 14 der Publizistischen Grundsätze schreibt vor: "Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte."

Der Autor attestiert den Verlegern eine Doppelmoral. Die Schleichwerbungsfälle bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern würden kritisiert, jedoch in eigenen Medien werde die gebotenen Trennung von Redaktion und Werbung nicht ernst genommen.

In dem Artikel wird ein Beispiel aufgezeigt, dass jeden Vergleich mit Gesundheitsgurus standhalten kann:
Namhafte große Medien beschäftigten ihn als Autor: Günther Teuber [Name von der epd-Redaktion geändert] kam mit Gesundheitsartikeln, die nicht selten getarnte PR enthielten, in "Bild am Sonntag" ebenso unter wie im "stern spezial Gesund Leben". Von 2006 an unterhielt Teuber eigener Darstellung zufolge eine "spezielle Kooperation" mit 16 hochauflagigen Zeitungen und Zeitschriften, "denen ich meine Artikel honorarfrei anbiete". Teuber machte keinen Hehl daraus, dass er sich dabei von Pharmaunternehmen, großen Klinikkonzernen und PR-Agenturen bezahlen ließ. An Selbstbewusstsein kein Mangel: "Ich kann stets eine hohe Millionenauflage garantieren."

 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-05-27   Link   (12 KommentareIhr Kommentar  



 

Qualitätsjournalismus

Fast täglich versuchen Zeitungsverlage ihr Existenzrecht gegenüber dem Internet zu begründen. Heute wird in der FAZ Mirjam Meckel an die Front geschickt.

Wenn ich alleine schon den Begriff "Qualitätsjournalismus" lese, den Meckel intensiv bemüht. Gehört zu dem Qualitätsjournalismus, Mirjam Meckel als "Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen" vorzustellen? Quasi als neutrale Expertin?

Dabei ist Meckel zutiefst im journalistischen Establishment verstrickt, inkl. dem Einfluss der Parteien auf die Medienlandschaft und Partnerin einer Top-PR-Agentur, die u.a. "internationale Medien, Musik-, Buch- und Zeitschriftenverlage, Nachrichtenagenturen, Informationsdienste, Internet-Medien und Filmstudios" als Kunden auf ihrer Internetseite nennt.

Wie hätte es geklungen, wenn stattdessen unter dem Artikel gestanden hätte:
Miriam Meckel ist Partnerin der Brunswick Group, eines international tätigen Unternehmens für Strategieberatung.

Wäre ehrlicher gewesen, da ich mal einfach annehme, dass hier die Haupteinkommensquelle der Autorin ist.
 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-05-12   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  



 

Kerners meinungsfreies Burda-Stiftung Engagement

Nach dem Spiegel-Titel beschäftigte sich gestern Johannes B. Kerner in seiner ZDF-Sendung mit dem Nutzen von Früherkennungsuntersuchungen

In der Sendung bezeichnete sich Kerner als "weitgehend meinungsfrei" als ein Experte in der Runde den Nutzen der Darmkrebsfrüherkennung erklärte und Kerners Zustimmung einforderte. Meinungsfrei genug, um für die Felix Burda Stiftung als Prominenter seinen Kopf hinzuhalten und für die Früherkennungs-Koloskopie zu werben.


Klicken für grosse Version.

Kerner Meinungsfreiheit bestätigt eindrucksvoll eine Aussage von Prof. Ingrid Mühlhauser, die die Früherkennungs-Kritikerin und Gast bei Kerners Talk am Nachmittag vor der Sendung in einem Interview mit SPON gemacht hat:
SPIEGEL ONLINE: Wie bewerten Sie dann die Werbekampagne der Felix-Burda-Stiftung mit den ganzen Prominenten, die nun zur Darmkrebs-Vorsorge aufgerufen haben?

Mühlhauser: Diese Art von Kampagnen ist einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Promis nicht über den Nutzen und auch nicht über den Schaden der Untersuchung Bescheid wissen. Die wissen nicht, was hinter dieser ganzen Vorsorge-Propaganda steht und lassen sich einfach missbrauchen. Wenn diese Leute besser informiert wären über die wissenschaftliche Basis und die Informationen wirklich verstehen könnten, würden sie sich wohl nicht für solche Kampagnen hergeben.

In der von dem doch nicht so meinungsfreien Kerner geleiteten Sendung kam Ingrid Mühlhauser nicht so oft zu Wort und verglichen mit dem Spiegel-Interview fehlte die pointierte Kritik. Der Hintergrund: In der 5 Stunden zuvor aufgezeichneten Sendung wurde der Vorsorgeteil nach meinen Informationen um 10 Minuten gekürzt. Unter anderem sehr detaillierte Ausführungen der Professorin zu den möglichen Risiken der grossen Darmspiegelung und die Bedeutung von falsch positiven Befunden der Mammographie für die Betroffenen wurden rausgeschnitten. Stattdessen durfte der Inhaber eines Hitech-Früherkennungs-Centers für Privatpatienten - und Anti-Aging-Papst - anhand eines Patienten mit rechtzeitig erkannten Nierenkarzinom, der voll des Lobes war, für seine 2750 Euro teure Dienstleistung werben.

Soviel wieder einmal zum Journalismus in Deutschland beim Umgang mit Medizin-Themen.
 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-04-22   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Traumberuf Medizinjournalist (XIV) (Update 2)

Heute ist wieder so ein Tag, an dem die Medizinjournalisten in aller Welt zur Hochform auflaufen. Nur die Kollegen aus Deutschland sind noch ein wenig in Verzug. Selbst "focus.de" ist bis jetzt noch nicht am Start.

Wunderpille gegen Herzerkrankungen (der Standard)
'Superpill' may cut heart disease: study (AFP)
Polypill cuts stroke risk by half (Livemint)
Five-in-one 'polypill' can halve risk of heart disease, says study (Guardian)
Polypill 'significantly reduces the risk of heart disease and strokes' (Telegraph)

Worin genau liegt die Sensation? Eine Studie eines kanadischen Wissenschaftlers mit umfangreichen Verbindungen zur Pharmaindustrie hat im Auftrag einer indischen Pharmafirma gezeigt, dass die gemeinsame Einnahme von fünf Wirkstoffen ausgewählte Laborparameter ähnlich stark beeinflusst, als würde man die Wirkstoffe einzeln schlucken.

Der in vielen Schlagzeilen behauptete klinische Nutzen, der bei der Primärprävention von Herzinfarkten und Schlaganfällen schon für die Einzelwirkstoffe fraglich ist, war noch nicht einmal Gegenstand der Untersuchung.
--

Update: Na also, geht doch. Focus Online gewinnt wie erwartet den nationalen Geschwindigkeitspreis mit dem Titel "Kombi-Pille: Alleskönner für den Herzschutz".

Update 2: Auf Platz 2 begrüßen wir Werner Bartens (jetzt.de / Süddeutsche Zeitung):
Besonders Herzinfarkt und Schlaganfall wurden durch den Arzneicocktail weniger wahrscheinlich.
und Bronze geht an die Berliner Morgenpost, mit einem Sonderpreis für den größten klinischen Nutzen:
Damit sinkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei gesunden Personen um mehr als 80 Prozent.

 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2009-03-31   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 

Traumberuf Medizinjournalist (XIII)

Wieder einmal ein Beispiel für die Qualität des Journalismus, wenn es um Medizinthemen geht: Experten halten Potenzmittel-Meldung für PR-Coup. Irgendwie scheinen da einige Sicherungen auszusetzen, wenn die Begriffe "Viagra" oder "Potenzmittel" fallen.

Die Nebenwirkungen des Bio-Potenzmittels waren im Übrigen auch ein wenig heftiger, als es in den bisherigen Berichten den Anschein hatte. Bei den 25 Probanden, die das Mittel eingenommen hatten, kam es laut Schröder in sieben Fällen zum Durchfall - "allerdings intensiverer Natur", wie der Student einräumt: "nicht kalkulierbar und explosionsartig".

 
[Journalismus]
Autor: strappato   2009-03-17   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Traumberuf Medizinjournalist (XII)

Die Heil- und Mineralquellen in Germete waren jetzt Drehort für die Fernsehsendung "Background" des Privatsenders NRW.TV.

"Das Format ,Background' beleuchtet mit Expertenhilfe interessante Themen und Fragen", informiert Unternehmenssprecher Wolf-Rüdiger Mutter. So gehe Moderator Matthias Killing am Montag, 20. April, auf dem Sender ab 19 Uhr der Frage nach, was ein gutes Mineralwasser ausmache und welche Unterschiede es im Hinblick auf andere Getränke gebe. "Als Gäste hat er sich den anerkannten Gesundheitsexperten Prof. Hademar Bankhofer und Thomas Grah, den Geschäftsführer des Unternehmens Germeta, ins Studio nach Düsseldorf eingeladen", so Mutter. "Dort werden sie spannende Fragen rund um das Mineralwasser diskutieren."
(Quelle)
 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2009-03-06   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Traumberuf Medizinjournalist (XI)

Hademar Bankhofer wird demnächst andere Medizinjournalisten an seinem Wissen als medizinischer Kommunikationsexperte teilhaben lassen.
Das neue Internationale Bankhofer-Zentrum Bad Füssing soll zu einer Plattform des Informationsaustausches zwischen Experten und medizinischen Laien werden. Die in das Zentrum integrierte Akademie für medizinische Kommunikation sieht ihr Ziel unter anderem in der Fortbildung von Medizinjournalisten.
[...]
Fortbildungsveranstaltungen insbesondere in Richtung medizinische Publizistik sollen überdies zur Verbesserung der Qualität medizinischer Berichterstattung in den Medien beitragen.

 
[Journalismus]
Autor: hockeystick   2009-02-10   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 



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