Beeindruckende Referenzen Peter Rosts Thriller, um die kriminelle Pharmabranche habe ich fast gelesen. Diese Meldung, die mich per E-Mail erreichte, lässt mich an der Grenze Fiktion-Realität zweifeln. Der neue OTC-TV-Leiter kommt von Aegis Media, die in einen der grössten Skandale der Werbewirtschaft verwickelt ist. Der ehemalige Chef sitzt seit 11 Monaten in Untersuchungshaft. Neben dem Vorwurf, Millionen in eigene Taschen an der Steuer vorbei gewirtschaftet zu haben, ist das "System Aegis Media" interessant, wie es der Ex-CEO in einem Interview aus dem Knast erklärt. Also haben wir Kundengeld investiert, um an Informationen zu gelangen. Auf völlig legalem Weg. Leute, die gerne reden wollten, haben wir reden lassen. In angenehmer privater Atmosphäre. Noch ein Beispiel: Den Geschäftsführer von BMW Österreich hatte ich lange versucht, persönlich zu treffen, obwohl er nicht Kunde von Aegis war. Ich traf ihn schließlich beim Verleih eines Autopreises in Wien. Als klar war, dass er auch Jäger war, habe ich ihn zur Hirschjagd eingeladen. Und schon haben wir den ganzen Abend miteinander sprechen können. Natürlich nicht nur über Rotwild, sondern auch übers Geschäft. ... Wir haben einen legalen Weg mit Kundengeldern gefunden, wie wir Kundenvorteile und Aegis Media-Vorteile generieren. Aegis hat inzwischen auch bestätigt, dass es dieses System gab und alle davon wussten. Erstklassige Referenzen für die Pharmabranche. [Pharmamarketing]
Augen auf bei Pharmaanzeigen Das ist keine Anzeige für das Novartis-Produkt Lucentis®, sondern soll bei den Ärzten den Umsatz des neuen Grippeimpfstoffs Optaflu® von Novartis steigern. In der Art Director-Schule würde man sagen: "Thema verfehlt, 6, setzen". In der Pharmawerbung schafft sowas die Ehrung zur Die beste Pharmaanzeige des Monats August 2007. [Pharmamarketing]
Grippevirus goes viral (update) Novartis versucht es mit user-generated, viralen Marketing. Auf youtube ruft der Pharmakonzern zu einem video-contest auf. Für den besten Gripppe-Clip in den Kategorien "Kinder und Grippe", "Sport und Grippe" und "Arbeit und Grippe" gibt es jeweils $ 500 Euro. Spannend könnten die Regeln sein. Die Internetseite liefert aber nur Fehlermeldungen. [via BrandweekNRX] -- Update Es sind die "Terms & Conditions zumindest bei youtube online. Mitmachen können nur US-residents. Alles was vom Sponsor als verächtlich aufgefasst wird, fliegt raus. Mal sehen, ob da noch viel übrig bleibt. [Pharmamarketing]
Pharmaanzeigen Wer immer schon einmal in die Untiefen der Pharmawerbung für Fachkreise blicken wollte, dem empfehle ich die Internetseite: Die beste Pharmaanzeige. Die Werbeagentur WEFRA stellt jeden Monat 5 Pharma-Anzeigen zur Auswahl und lässt den Nutzer entscheiden, welche der vorgestellten Anzeigen ihm am Besten gefällt. Achtung: Auf eigene Gefahr. Für Risiken und Nebenwirkungen für den Geschmack hafte ich nicht. Genau wie der Leser dieses blogs, der mich auf die Internetseite hingewiesen hat. [Pharmamarketing]
Bayer lässt sich Kommunikation was kosten In dem Programm für gesetzmäßiges und verantwortungsbewusstes Handeln verspricht der Pharmakonzern Bayer: Bayer ist bestrebt, mit allen zuständigen Behörden ein kooperatives, offenes Verhältnis herzustellen und zu erhalten. Die Sicherung der Rechte des Unternehmens und seiner Mitarbeiter in Fällen behördlicher Ermittlungen steht hierzu nicht im Widerspruch. Bayer nimmt dies ernst. Das kann man daran erkennen, dass der Konzern im ersten halben Jahr 2007 nach einer Meldung der Nachrichtenagentur ap für die Herstellung eines kooperativen Verhaltnisses in den USA mehr als $ 2 Milionen für das Lobbying beim US-Kongress und der US-Regierung ausgegeben haben soll. [Pharmamarketing]
Wüstenwunder Umckaloabo Bei der Recherche für den Echinacea-Artikel, ist mir ein anderes Wundermittel aus der Natur wieder über den Weg gelaufen. Umckaloabo - in diesem blog auch schon ein Thema. Den damals verlinkte FTD-Artikel sollte man immer wieder einmal in die Hand nehmen. In seltener Deutlichkeit wird der Einfluss des Pharmamarketings thematisiert. Es ein Schnelldreher in den Apotheken mit einem Umsatz von mehr als 80 Millionen Euro und das eines der erfolgreichsten rezeptfreien Präparate in Deutschland. Der Hersteller Spitzner Arzneimittel und Vertriebschef Traugott Ulrich haben von Anfang an voll auf Marketing gesetzt. Jedoch nicht traditionelle Formate, sondern ausnahmslos auf Advertorials und Schleichwerbung, sogenannte Sonderwerbeformen. Dafür gibt das Unternehmen jährlich mindestens 8 Millionen Euro aus, nach der groben Statistik von Nielsen. Auch Traugott Ullrich textet Advertorials selbst und schert sich nicht um gängige Regeln.
Zitat aus: werben & verkaufen Nr. 50 2004, S. 58-60.Traugott Ulrich hatte vor zwei Jahren noch die Kooperation mit Sat 1 dementiert, es langte dennoch zu einer Rüge des Deutsche Rats für Public Relations gegen die vermittelnde PR-Agentur Connect-TV. Übrigens zusammen mit dem ebenfalls durch unerlaubte Werbeformen auffällig gewordenen Klosterfrau Melissengeist. Zum Nutzen des Mittels stellte das arzneimittel-telegramm 2003 fest: Ein Nutzen des Pelargonium-Extrakts UMCKALOABO, der als "pflanzliches Antibiotikum" insbesondere bei Atemwegsinfektionen angeboten und beworben wird, ist nicht nachgewiesen.
2005 hat das Medikament vom BfArM die Nachzulassung erhalten, jedoch nur für die Indikation "akute Bronchitis". Es wird aber immer noch in den Medien allgemein für Erkältungen und Schnupfen empfohlen. Auch ein Erfolg des aggressiven Marketings.... Wir raten von der Anwendung des unzureichend dokumentierten Produktes ab. Ob die noch ausstehende Nachzulassung dem Mittel ein Ende bereitet? Der Pflichttext "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" entfällt bei Advertorials und ist quasi überflüssig, da im Internet ein separater Bereich mit speziellen Informationen für Fachkreise bei umckaloabo.de fehlt. Obwohl vor 3 Jahren angekündigt. Der Arzt oder Apotheker weiss im Zweifelsfall nicht mehr als der Patient, oder kennt nur die Erfolgsmeldungen aus der Ärzte Zeitung. Noch ein paar Highlights aus dem Umckaloabo-Marketing:
[Pharmamarketing]
Reform-Manifesto Bevor Jim Edwards, Wirtschaftsjournalist bei Brandweek, ein Fellowship an der Columbia Universität antreten wird, hat er sich in seinem letzten posting im blog BrandweekNRX Gedanken über das Pharmamarketing gemacht und eine Liste mit 10 Punkten veröffentlicht. 10 Reforms That Drug Advertising Needs Right Now
Die Reformpunkte beziehen sich auf den US-Markt, einige Dinge treffen auf Deutschland und Europa nicht zu, jedoch sollte man im Hinterkopf haben, dass die Pharmaindustrie gegen unsere Werbeeinschränkungen zu Felde zieht und amerikanische Verhältnisse sich wünscht - im Namen der Patientenautonomie. Die meisten angesprochenen Reformvorschläge würden auch hierzulande dringend nötig sein. Sie betreffen die Datensammlung auf dessen Basis der Pharmaaussendienst erfolgsabhängig honoriert wird, Transparenz bei den Leistungen der Pharmaunternehmen an Ärzte - für Vorträge oder gesponserte Fortbildungen, Transparenz bei den Spenden an Verbände und Selbsthilfegruppen, direkte Vergleichsstudien (head-to-head trials) statt Placebo-Vergleiche, Veröffentlichung der Marketingaufwendungen, bessere Kommunikation. Ich denke, dass relevante Dinge angesprochen werden, die mit für das schlechte Image der Pharmaindustrie bei Politik, Ärzten und Patienten verantwortlich sind. Nur glaube ich nicht, dass sich was ändern wird. -- In amerikanischen Pharmablogs wird spekuliert, dass der Nachfolger von Jim Edwards bei brandweekNRX kein Geringerer als Peter Rost sein wird. Peter Rost hatte in seinem blog schon vorangegangene Woche über einen Job als Journalist bei einen "real magazine" berichtet. [Pharmamarketing]
Product Placement In den USA wird nicht nur für verschreibungspflichtige Medikamente geworben, auch das Product Placement in TV-Sendungen ist beliebt. Im letzten Jahr zählte Nielsen 462 Erwähnungen, mehr als doppelt soviele, wie 2004. [Pharmamarketing]
Big Bucks, Big Pharma (Upadate) "Big Bucks, Big Pharma - Marketing disease and pushing drugs", die Dokumentation über das Pharmamarketing in den USA ist in voller Länge bei googlevideo zu sehen. Featuring interviews with Dr. Marcia Angell (Dept. of Social Medicine, Harvard Medical School; Former Editor New England Journal of Medicine), Dr. Bob Goodman (Columbia University Medical Center; Founder, No Free Lunch), Gene Carbona (Former Pharmaceutical Industry Insider and Current Executive Director of Sales, The Medical Letter), Katharine Greider (Journalist; Author, The Big Fix: How the Pharmaceutical Industry Rips Off American Consumers,), Dr. Elizabeth Preston (Dept. of Communication, Westfield State College), and Dr. Larry Sasich (Public Citizen Health Research Group) -- Update Das "Prescription Access Litigation (PAL) Project" hat die DTC (Direct-to-Consumer) Werbeausgaben veröffentlicht. In den USA gaben die Pharmakonzerne im Jahr 2006 $ 4,8 Milliarden für TV-Spots, Anzeigen, usw.) aus. Alleine für die 3 umsatzstärksten verschreibungspflichtigen Medikamente (Lipitor, Nexium, Advair) wurden $ 460 Millionen in die DTC-Werbung gesteckt. [Pharmamarketing]
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