Krankenkassen und EU-Wettbewerbspolitik

In den Mitteilungen des Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WZB) weisen Rolf Rosenbrock (Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen) und Thomas Gerlinger (Direktor des Instituts für medizinische Soziologie an der Goethe-Uni Frankfurt) auf das EU-Wettbewerbsrecht hin, das den Reformen der GKV Grenzen setzt.

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Bisher hat die EuGH-Rechtssprechung den Unternehmenscharakter der Gesetzlichen Krankenkassen verneint und so Kollektivverträge auch gegen das Wettbewerbsrecht ermöglicht.
Je stärker diem Privatisierung von Behandlungskosten und Privatversicherungsformen in der GKV vorangetrieben wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass die europäische Rechtssprechung den gestezlichen Krankenkassen den sozialen Charakter abspricht. Wird der soziale Charakter der GKV durch eine Fortsetzung des umrissenen Reformtrends weiter ausgehöhlt, könnte sie auf diese Weise unter den Unternehmensbegriff des EU-Wettbewerbsrecht fallen.

Würden die Kollektivverträge in der Krankenversicherung für vertragswidrig erklärt werden, wäre ein Kernelement unseres Gesundheitssystems in Frage gestellt.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-09-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Politischer Kindergarten

Das Gezerre im die Eckpunkte der Gesundheitsreform entwickelt sich zum politischen Kindergarten. Schwierig zu verstehen, wer wann, warum, was, in welchen Medien gesagt hat oder haben soll. Das Handelsblatt versucht ein wenig Durchblick zu geben. Auch die Infografiken am rechten Rand beachten. Beispielsweise welche Chancen einzelne Lösungsvorschläge haben.

Update: Koalition setzt Gesundheitsstreit unvermindert fort.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-09-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Verhärtete Fronten

Wie soll man das nennen: Märtyrertum, Wagenburgmentalität, einfach nur Starrsinn?

Die Gesundheitsreform wird von Lobbyisten und Experten fast einvernehmlich kritisiert, abgelehnt, und sogar Verfassungsbedenken werden geäussert. Trotzdem hält die Bundesregierung weiter an den Plänen fest.

Die Gefahr: Die Fronten haben sich verhärtet, die Bundesregierung kann kaum noch Änderungen zulassen, ohne dass der Koalitionsstreit offen ausbricht und Merkel bei der wichtigsten Reform ihr Gesicht verliert. Keine gute Ausgangslage.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-09-04   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Die eiserne Ulla

In der Presse erhält Ulla Schmidt Respekt für ihr kluges Taktieren. Sie hat die Union in eine Lage hinein manövriert, in der sie alles schlucken muss, was die Ministerin ihnen vorsetzt. Die Eckpunkte der Reform bieten einiges an Interpretationsfreiraum. Schmidt wird ihn nutzen.

Ein Grund dafür ist, dass die CDU/CSU keine Gesundheitspolitiker von Format hat. Seehofer lebt von seinem Ruhm als Ex-Minister und ist in der Fraktion isoliert, da er eher die Politik der SPD favorisiert. So kann die eiserne Ulla weiter alle Hebel in Richtung Einheitskasse und Staatsmedizin setzen.

Nur: Der Lösung der Probleme und einer notwendigen Reform, die den Namen verdient, kommen wir nicht näher.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-09-01   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Expertokratie

Wir leben in einer Expertokratie. Das ist kein neuer Befund. Aber wieviele Experten es mittlerweile gibt, ist erstaunlich.

Mehr als drei Viertel der Bundesbürger lehnen die geplante Gesundheitsreform ab. In einer Umfrage für das Magazin „Stern“ erklärten 78 Prozent der Befragten, dass man die Reform in dieser Form nicht durchführen und die Grundzüge der Reform nochmals neu aushandeln sollte.

Ich bin noch nicht soweit mit der abschliessenden Bewertung der Gesundheitsreform, auch weil es noch viele offene Details gibt, die einen grossen Einfluss auf das Resultat haben. Da wissen also 87% der Bürger (13% antworteten "weiss nicht") mehr über die Gesundheitsreform als ich, obwohl ich die Eckpunkte gelesen habe und mir anmasse, die Folgen halbwegs beurteilen zu können. Umsonst die beiden Studiengänge, die Promotion und die 15 Jahre Tätigkeit in Gesundheitswissenschaft, -politik und -beratung.

Spass beiseite. Solche Umfragen sind geradezu fahrlässig, da wohl für jeden Befragten "Die Gesundheitsreform" etwas anderes ist. Sozialwissenschaftler würden sagen: Die Validität fehlt. Diese Befragungen sind also nur dazu da, um Stimmung zu machen.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-08-30   Link   (8 KommentareIhr Kommentar  



 

Der Wille zählt - nicht das Ergebnis

Die Neuorganisation ist gewollt
.
Franz Knieps, Abteilungsleiter im Bereich Gesundheitsversorgung im Bundesgesundheitsministerium.

Warum trotz aller Proteste an dem Reformkompromiss festgehalten wird. Ein Artikel auf ZEIT online.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-08-03   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Eckpunkte

Wen es interessiert. Hier sind die Eckpunkte der Reform:

eckpunkte gesundheitsreform juli 2006 (pdf, 139 KB).

Achtung sind 54 Seiten.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-07-05   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Gesundheitskompromiss

Einige erwarten ein paar Sätze zum erzielten Kompromiss bei der Gesundheitsreform. Vielleicht schreibe ich morgen etwas dazu. Im Grunde ist das alles ziemlich traurig, was da abläuft.

Ein Projekt zum Thema Versorgung mit Implantaten bei Hörstörungen nimmt mich zeitlich ziemlich in Beschlag. Am Rande geht es auch um Hörgeräte. Was da die Experten in den Gesprächen einem mitteilen, lässt unbedarfte Naturen verzweifeln: HNO-Ärzte, Hörgeräteakustiker, HNO-Kliniken - keiner traut dem anderen über den Weg und jeder hat Angst, dass er den Kunden/Patienten verliert. Ergebnis: Mangelhafte Versorgung, schlechte Qualität, unzufriedene Patienten.

Aber laut Aussagen der Politiker fehlt es dem Gesundheitswesen hauptsächlich an Geld.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-07-03   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Arithmetik

Journalisten können nicht recherchieren - oder nicht rechnen. Wahrscheinlich sogar beides.

Die Bundesregierung will die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen reduzieren. Mindestens eine Million Versicherte soll eine Krankenkasse dann haben. Reuters schreibt dazu: Mindestgrenze eingeführt werden, würde sich die Zahl der Krankenkassen um 110 bis 120 verkleinern, ... und alle übernehmen das,

Wollen wir mal rechnen, anhand der Zahlen in Wikipedia: 70,3 Millionen Bürger sind gesetzlich krankenversichert. Es gab am 1.1.2006 noch 253 Krankenkassen. Wenn eine Krankenkasse mindestens 1 Million Versicherte haben soll, dann ist rechnerisch höchstens Platz für 70 Kassen. Macht am Ende einen Verlust von mindestens 180 Kassen. Praktisch wären höchstens 50 Krankenkassen denkbar. Übrigens die Zahl, die Ulla Schmidt schon lange favorisiert. Das würde das Aus für 200 Krankenkassen bedeuten - und nicht 110-120 wie es die Presse gegenseitig als Zahl übernimmt.

Was gravierender wäre. Auch die Spitzenverbände der Krankenkassen in Bund und Ländern wären damit zum grossen Teil überflüssig, genauso wie die Einteilung der Kassenarten in Primär- und Ersatzkassen und die Unterscheidung zwischen landes- und bundesunmittelbaren Krankenkassen. Fast eine Revolution im Krankenkassenbereich. Das würde den Einfluss der Krankenkassen auf die Gesundheitspolitik erheblich steigern. Wer zahlt bestimmt die Musik. Die Folgen wären also erheblich weitreichender - ein Aspekt, den die Journalisten bisher übersehen haben.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-06-27   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 

Gewinner & Verlierer

Es gibt auch positive Stimmen zu dem geplanten Gesundheitsfonds. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Betriebskrankenkasse hat sich für das Konzept ausgesprochen.

Was auch nicht verwundert: Die Deutsche BKK ist ein Zusammenschluss aus den Betriebkrankenkassen von VW, Telekom und Post. BKK-typisch ist das gute Risikoprofil der Versicherten. Aber sie ist auch führend bei Disease Management Programmen, Präventionsangeboten, Integrierten Versorgungsverträgen, Boni für Nichtraucher und Normalgewichtige, Beitragsrückzahlung für freiwillig Versicherte, Zusatzversicherungen in Kooperation mit der PKV, usw. Daher fordert der Vorstandsvorsitzende auch die Einbindung der privaten Krankenversicherung. Diese BKK muss sich sicher nicht vor dem Wettbewerb fürchten.

Es wird Gewinner und Verlierer geben. Die Ablehnungsfront und die Einheit der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber der Politik bröckelt.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-06-16   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 



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