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Gesetzlose Pharma-Werber Eigentlich sollte es eindeutig sein:
§ 51 (1) Laienwerbung darf nicht für
§51 Arzneimittelgesetz in Österreich.
Als Pharmainsider reibt man sich bei dieser Anzeige im "Standard" verwundert die Augen - in einer, wenn nicht der einzigen österreichischen Qualitätszeitung.
1. Arzneispezialitäten, die der Rezeptpflicht unterliegen ... betrieben werden. ![]() In blasser Schrift steht über dem im redaktionellen Stil gehaltenen Beitrag: "Bezahlte Anzeige". Unter dem Artikel finden sich die logos von rebif® und Merck-Serono dem Hersteller. Aber damit nicht genug. Die Anzeige ist auf einer Seite in einem positiven redaktionellen Umfeld eingebettet, hier zu sehen: seite merck-serono (jpg, 3,653 KB). In zwei Artikeln und einem Kasten wird erklärt, was Multiple Sklerose (MS) ist, welche Therapieansätze es gibt und wie die zukünftige Behandlung aussehen könnte. Alles in einer Sprache, die nicht gerade laien-kompatibel ist. Ganz nebenbei wird noch ein Kokurrenzpräparat von Rebif®, der monoklonale Antikörper Tysabri® mit kurzen Worten negativ präsentiert. "Leider kam es in drei Fällen nach Einnahme des Medikaments zu schweren Infektionen im Gerhirn", berichtet Vass. Tysabri® wurde deshalb nach Erstzulassung Ende 2004 im Februar 2005 wieder vom Markt genommen, aber Mitte 2006 unter Einhaltung strenger Richtlinien in Europa wieder zugelassen.
Tysabri® war zu diesem Zeitpunkt in Europa noch nicht zugelassen. Stattdessen wird ein Medikament von Novartis, das noch in der Entwicklung ist, schon mal erwartungsfroh gelobt.Den Werbeetat von Rebif® in Österreich hatte zumindest im Mai 2006 die Agentur Welldone. Die Marketing- und Kommunikationsagentur Welldone wurde vom Biotechnologie-Unternehmen Serono beauftragt, das Medikament Rebif®, ein Biologikum zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS), neu am Markt zu positionieren.
Am Rande wäre zu erwähnen, dass Novartis auch als Referenz auf der Internetseite der Agentur geführt wird. Kann aber auch Zufall sein.... Ziel ist es, mit der Kampagne und der Kreationsidee sowohl die Marke Serono, als auch das Produkt Rebif® neu zu positionieren, zu stärken und eine klare Abgrenzung zum Mitbewerb herzustellen. ... Kampagne soll sowohl die Bevölkerung, das Gesundheitssystem, die Ärzteschaft und die Patienten ansprechen und Serono mit dem Produkt Rebif® eine Alleinstellung in der MS-Therapie geben“, so Ascherl-Grandi. ... Die Aufgabe für die Kreation bestand darin, Rebif® gegenüber der Konkurrenz als eine durch hohe Dosierung hoch wirksame Therapie zu positionieren. Kein Zufall ist ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der Kundenzeitschrift von Welldone. Die stellvertretende Direktorin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Beate Hartinger, erläutert, warum eine Aufhebung des europaweiten DTC-Werbeverbots für verschreibungspflichtige Medikamente nur den Herstellern nutzen würde aber nicht den Patienten. So ist das wohl bei Werbern. Zwischen Aussendarstellung und Handeln liegen Welten. Nicht nur in Österreich. [Oesterreich]
Transparenz - nicht ganz freiwillig Im Dickicht von Pharma und Medizin gibt es durchaus auch Positives zu berichten. Meldung 1 Die forschenden Pharmaunternehmen wollen mit einer Selbstverpflichtung mehr Transparenz in die zu Recht in Verruf geratenen Anwendungsbeobachtungen bringen. Meldung 2 Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen hat einen Verhaltenskodex für die Ärztevertreter und den Vorstand der KV verabschiedet. Der Kodex sieht vor, dass die Mitglieder mögliche finanzielle Interessenkollisionen mit ihrer KV-Tätigkeit freiwillig offen legen. Es bewegt sich was, wenn auch nur sehr langsam. Und ja, ich glaube an das Gute, sonst würde ich die Branche wechseln. -- Update Und dann gibt es wieder Sachen, die mich zweifeln lassen: Renate Schmidt, ehemalige Bundesfamilienministerin, Rudolf Seiters, Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, und Barbara Stamm, Vizepräsidentin des bayerischen Landtags, bilden den neu gegründeten Ethik-Beirat des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks. Heiko Kretschmer - ja der von Johanssen + Kretschmer - ist zum Ethik-Beauftragten der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (degepol) berufen worden. Scholz & Friends hat eine eigene Agentur für Corporate Social Responsibility gegründet. Unter dem Namen Scholz & Friends Reputation werden Unternehmen in Fragen verantwortungsvoller Unternehmensführung beraten. [Ethik & Monetik]
Ärztewanderung Wenn das Übergewicht aus den Schlagzeilen verschwunden ist, wird wieder der Ärztemangel ein Thema sein. Dabei kann man interessante Beobachtungen machen. Deutsche Kliniken machen Jobbörsen in Österreich, um Jungärzte anzuwerben. Was der Artikel verschweigt: Das ist erfolgsversprechend, da es in unserem Nachbarland an Turnusstellen fehlt. Während Deutschland das AiP abgeschafft hat, muss in Österreich ein Jungmediziner den Turnus absolvieren, eine 3-jährige "Ausbildung" zum Arzt für Allgemeinmedizin, der zur selbständigen Berufsausübung berechtigt. Oftmals verlängert sich das noch, weil Stellen für die notwendigen Fächer zur Weiterbildung nicht zum geeigneten Zeitpunkt zu bekommen sind. Wie bekannt, studieren deutsche Medizinstudenten gerne in Wien oder Innsbruck und/oder absolvieren in Österreich gerne ihre Facharztausbildung und blockieren so Turnusstellen. Wenn man sich dann so an die alpenländische Lebensart und Umgebung gewöhnt hat, kann es gleich als Facharzt in der Schweiz weitergehen. Die Schweiz wirbt intensiv um Mediziner aus Deutschland. Aber Deutschland ist auch ein Arzt-Einwanderungsland: Die Zahl ausländischen Ärztinnen und Ärzte ist im Jahr 2006 um 931, auf 19513 gestiegen. Ein Punkt: Weil Deutschland für Ärzte aus Osteuropa attraktiv ist. Angesichts des desolaten Gesundheitssystems in diesen Ländern, erscheint selbst Deutschland wie das Paradies. Mehr als 5000 Ärzte sind aus Polen seit dem EU- Beitritt ausgewandert oder sind im Begriff, das Land zu verlassen, berichtete die Zeitung Gazeta Wyborcza am 14.7.2006. Da kommen wir auch zu den wirklich Betroffenen dieser Ärztewanderung: Die Patienten in den Ländern, die ohnehin schon unter der mangelhaften Gesundheitsversorgung zu leiden haben. Diese werden bei den Schlagzeilen zu Ärztemangel und Brain-Drain vergessen. [Aerzte]
Hooked ![]() Seit Jahrzehnten hat die Pharmaindustrie den medizinischen Betrieb im Griff. Howard Brody, Professor und Direktor des Institute for the Medical Humanities der Universität von Texas im schönen Galveston am Golf von Mexiko legt in seinem Buch Hooked: How Medicine's Dependence on the Pharmaceutical Industry Undermines Professional Ethics eine Analyse der vielfältigen Beziehungen vor. Vom Pharmaberater, der Aufmerksamkeiten an Studenten und Ärzte verteilt, bis zu den von der Industrie bezahlten klinischen Studien. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber die Kritik in der NY Times klingt sehr vielversprechend. Howard Brody. Hooked: How Medicine's Dependence on the Pharmaceutical Industry Undermines Professional Ethics. Lanham MD: Rowman & Littlefield Publishers, 2007. -- Howard Brody hat auch ein blog zum Buch. [Ethik & Monetik]
AstraZeneca tapes Der Albtraum für AstraZeneca nimmt kein Ende. Peter Rost wurden zwei Audio-Aufnahmen zugespielt, die zur Schulung der Pharmaberater eingesetzt worden sind. Diese belegen, dass AstraZeneca das Brustkrebs-Medikament Arimidex® mit Informationen vermarktet hat, die aus den klinischen Studien bei objektiver Bewertung nicht haltbar sind. The AstraZeneca's policy for product promotion states that "As with all product discussions, all such product comparisons may be made only in the context of an objective, balanced presentation. The benefits of one product and the shortcomings of another may not be singled out." Das ist ein Bruch Vereinbarung des "Corporate Integrity Agreement" von AstraZeneca mit dem Gesundheitsministerium und kann im Extremfall bedeuten, dass AstraZeneca vom Verkauf im Rahmen der staatlichen Programme ausgeschlossen wird. [AstraZeneca - Bucket of cash]
Baron Münchhausen Der Journalist Werner Bartens von der Süddeutschen Zeitung hat es bis zum Baron der Woche bei boocompany gebracht. Nun macht die Süddeutsche Zeitung kräftig Werbung für sein neues Werk: Das Ärztehasserbuch und veröffentlicht eine Erklärung für "Ärztelatein". Sehr gut getroffen hat es der Kommentator, des heutigen Artikels: Herr Bartens und sein "Ärztehasserbuch" scheinen es Ihnen ja angetan zu haben. Ich weiß nicht genau, wie lange der Verfasser als Arzt gearbeitet hat. Ich jedenfalls habe eine ganze Reihe dieser Ausdrücke in zwölf Jahren Tätigkeit noch nie gehört. Aber ein Buch muß sich ja auch gut verkaufen - da spielt die Wahrheit dann keine so große Rolle... -- So ganz ausgelastet ist er als Redakteur nicht. Er schreibt nicht nur Bücher, sondern steht natürlich für Rundfunkgespräche, Vorträge, Seminare, Moderationen und Lesungen zur Verfügung. [Journalismus]
Die guten Beziehungen der Rhön Klinikum AG Im Klinikbereich findet zur Zeit eine Grundsatzdebatte statt. Bisher konnten die privaten Klinikketten ohne Widerstände Krankenhäuser übernehmen. Viele Kommunen haben ihre Einrichtungen sogar auf den silbernen Tablett serviert, um die defizitären Kostentreiber loszuwerden. Nun hat das Bundeskartellamt der Rhön-Klinikum AG die Übernahme von zwei Kliniken untersagt, was von den Gerichten bestätigt wurde. Übernahmen müssen genehmigt werden, sobald die Unternehmen mehr als 500 Mio. Euro im Jahr umsetzen. Klinikketten waren in den letzten Jahren für Investoren sehr lukrative Anlagen. Die privaten Betreiber sehen ihre Geschäftsgrundlage in Gefahr und rufen die Politik auf den Plan. Gesundheitsstaatssekretär Theo Schröder und der größte deutsche Krankenhauskonzern Rhön Klinikum AG werfen dem Kartellamt vor, die Privatisierung öffentlicher Krankenhäuser unnötig zu erschweren, meldet die FAZ. Das überrascht nicht, wenn man sich die Biographie des Staatssekretärs ansieht. Dezember 1994: Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Soziales und Gesundheit in Erfurt, in dem er unter anderem für einen neuen Krankenhausplan und die Umstrukturierung der Thüringer Krankenhauslandschaft verantwortlich zeichnete.
Das 1995 eröffnete Klinikum Meiningen GmbH, eine 100% Tochter der Rhön Klinikum AG, gilt als erstes mischfinanziertes und privat geführtes Akutkrankenhaus Deutschlands. In Thüringen sind private Klinikbetreiber mit über 30% Marktanteil überdurchschnittlich vertreten. In einigen Kreisen dominieren private Träger die Kliniklandschaft. Dezember 1999: Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen in Berlin, wo er insbesondere Verantwortung für die Gesundheitspolitik, die Stabilisierung der Berliner Krankenkassen und die Umgestaltung der städtischen Krankenhäuser Berlins trug.
2001 hat Helios das Klinikum Berlin-Buch mit erworben. Die Rhön Klinikum AG war im Bieterwettstreit unterlegen.Dezember 2000: Bereichsleiter des Vorstandsbereiches Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen in der Rhön-Klinikum AG, Bad Neustadt an der Saale.
Der Tagesspiegel nannte dies einen pikanten Seitenwechsel.Doch der kommunikationsarme Schröder ging schon nach einem einjährigen Gastspiel stiften, hatte noch einen Mini-Auftritt bei den Rhön-Kliniken, um dann als Staatssekretär bei der neuen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) anzuheuern, wie es die Ärzte Zeitung umschreibt. -- Ich weise gerne wieder einmal auf das blog kliniksterben.de hin. [Klinik]
London calling Die Affäre um AstraZenecas Verkaufsmanager und das unethische Marketing des Unternehmens hat seinen Weg über den Atlantik gefunden: Am Hauptsitz von AstraZeneca in London berichtet die Zeitng "The Independend" über den Fall. The pharmaceutical giant AstraZeneca is at the centre of a storm in the US after firing one of its sales directors for comments he made likening doctors' offices to "a big bucket of money". [AstraZeneca - Bucket of cash]
Saubere Alpenrepublik Die Staatsanwaltschaften sind in Deutschland mit dem Gesundheitswesen Unser Nachbarland Österreich hat ein ähnlich komplexes Gesundheitssystem, das wahrscheinlich auch zu Korruption einlädt - sollte man meinen. Aber trotzdem ist es ein Land der Saubermänner, wie die Salzburger Nachrichten am 3.4.2007 titelten: keine_korruption (pdf, 196 KB). Der Nationalratsabgeordnete Johann Maier hatte wieder einmal nachgefragt und die bekannten Antworten [Oesterreich]
Komplex Österreich ist ein interessanter, aber sehr komplexer und reglementierter Markt.
Die neue Pfizer-Austria Chefin Theresa Firestone im "Wirtschaftsblatt" am 4.4.2007.Da wird es sicher in den Verbänden, bei den Sozialpartnern oder PR-Agenturen einige geben, die Ms Firestone gerne in die Feinheiten des komplexen Systems einführen. Aber cave: Die Dame kann kein deutsch - oder gar ![]() Was Deutschland und Österreich trennt, ist die gemeinsame Sprache. Karl Kraus [Oesterreich]
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