18000 Franken

Auch in unserem Nachbarland Schweiz machen sich die Behörden Gedanken über die Kosten von Lucentis®. 18000 statt 450 Franken pro Jahr. Dort will Novartis Behandlungen über neun Spritzen pro Patient und Jahr selbst bezahlen.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-09-26   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Novartis macht weiter Druck für Lucentis-Erstattung

Novartis lässt nicht locker und hat die Krankenkassen nochmals aufgefordert, über das Angebot der Übernahme aller Kosten für die Therapie mit Lucentis® zu verhandeln, die 315 Millionen Euro im Jahr übersteigen. Bei geschätzten Kosten von mindestens 700 Millionen Euro für die Behandlung der gesetzlich Versicherten, wo könnten für den Pharmakonzern die Vorteile liegen? Aus meiner Sicht:
  • Der nominelle Preis für Lucentis bleibt bestehen und kann als Referenz-Preis für die Verhandlungen in anderen Ländern genutzt werden.
  • Das Marketing kann endlich anlaufen und die Ärzte und Patienten von Lucentis überzeugen.
  • Ein Übertreffen der erwarteten Ausgaben ist Argument für die Notwendigkeit des Präparats und heizt die Diskussion um die stärkere Beteiligung der Krankenkassen an der Finanzierung an - gerade mit den positiven Erfahrungen der Patienten und Ärzte.
  • Es bietet einen Einstieg in pay per performance Modelle, die in anderen Ländern schon genutzt werden, um bei stärker werdenden Kostendruck einen Fuss in der Tür zum Markt zu bekommen.
Novartis muss das Zeitfenster ausnützen, bis die Ergebnisse der direkten Vergleichstudien zwischen Lucentis® und Avastin® veröffentlicht werden. Selbst die Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), will selber eine Studie zum Vergleich von Lucentis® mit Avastin® starten. Ausserdem werden neue Medikamente mit dem gleichen Wirkungsprinzip auf dem Markt kommen. Wie ernst dies ist, zeigt die Meldung, dass Bayer mit "VEGF Trap-Eye" die Phase II Studien erfolgreich abgeschlossen hat. Die Phase III Studien werden sofort als direkte Head-To-Head Trials mit Lucentis® begonnen. Die prognostizierten Umsätze von 300-400 Millionen Euro ausserhalb der USA deuten auf eine realistischere Einschätzung des erzielbaren Preises hin.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-09-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Pfeifen im Walde von Novartis-Chef

Die Diskussionen um den Preis von Lucentis® haben Analysten und Anleger nervös gemacht. Das Medikament kann für Novartis zum Megablockbuster oder auch zum Rohrkrepierer werden. Novartis-Vorstandvorsitzende Thomas Ebeling erwartet die Ergebnisse von Vergleichsstudien zwischen Avastin® und Lucentis® nicht vor 2009. Die möglichen Folgen für den Umsatz in Europa seien vollkommen unklar. Ebeling sieht das Problem des Off-Label-Use vornehmlich in den USA. Ärzte in den Vereinigten Staaten würden eher als ihre Kollegen in Europa ein nicht zugelassenes Medikament verschreiben, da europäische Krankenversicherungen und Regierungen nicht bereit wären, eine Behandlung mit nicht zugelassenen Medikamenten zu bezahlen.

Auswirkungen der öffentlich geförderten direkten klinischen Vergleichsstudien in den USA und Grossbritannien auf den erwarteten Umsatz mit Lucentis® fürchtet er nicht. In the European Union we will continue to see Lucentis growing.

Zu den Preisen in Europa wollte er nichts sagen: For Europe, the price hasn't been disclosed and varies from country to country. Kein Wort davon, dass Novartis in Deutschland, dem weltweit drittgrössten Arzneimittelmarkt, den Krankenkassen angeboten hat, alle Ausgaben, die 315 Millionen Euro im Jahr übersteigen, zu übernehmen. Auch die negative Empfehlung des NICE, das in Grossbritannien die Kosten-Nutzen-Bewertung durchführt, wird natürlich nicht erwähnt.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-09-16   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Pricing und Umsatzmaximierung

Ein Nachtrag zur Avastin-LucentisStory und ein Einblick in die Preisgestaltung von Arzneimitteln.

Es gibt zwei verwandte Wirkstoffe, die unter den Namen Lucentis® und Avastin® auf dem Markt sind. Beide gehören zur Gruppe der VEGF-Antagonisten, sind rekombinante monoklonale Antikörper und werden von dem Unternehmen Genentech hergestellt. Ranibizumab (Lucentis®) unterscheidet sich von Bevacizumab (Avastin®) lediglich durch sechs Aminosäuren, fünf an der "Heavy Chain" des Moleküls, eines an der "Light chain". Lucentis® ist von Genentech und Novartis gemeinsam entwickelt worden, Avastin® von Genentech und wird von Roche ausserhalb der USA vermarktet. Während 100 mg des einen Wirkstoffes in Deutschland 444,16 Euro (Apothekenverkaufspreis) kosten, muss für 3 mg des anderen 1523,26 Euro auf den Tresen des Apothekers gelegt werden.

Man kann davon ausgehen, dass die Entwicklungskosten nicht den Preisunterschied rechtfertigen. Wieso kostet das eine Medikament das Mehrfache des anderen?

Also: Wie wird der Preis gemacht? Diese "Wissenschaft" nennt man Pricing und ist genauso essentiell, wie die Zulassung eines Wirkstoffes. Ziel ist immer der "premium price". Um diesen zu erreichen, werden erstmal die verfügbaren Therapien unter die Lupe genommen. Welchen Mehrwert muss das neue Präparat bringen, um einen höheren Preis zu erzielen? Dies ist Gegenstand von Marktuntersuchungen bei KOL (key opinion leader) aus Klinik, Krankenversicherungenen und allen, die in den jeweiligen Ländern mit der Bezahlung befasst sind. Es geht einzig darum, die Schmerzgrenze auszuloten. Dabei gilt es Preis und Akzeptanz so in Einklang zu bringen, dass das Maximum beim Umsatz herausgeholt wird.

Für Avastin® ist "Comparator" bei der Darmkrebsbehandlung in Kombination mit einer Chemotherapie das Konkurrenzpräparat Cetuximab (Erbitux®). Während in Studien die Überlebenszeit durch Avastin® um 5 Monate gesteigert werden konnte, war bei Erbitux® der Lebenszeitgewinn geringer, lediglich bei der Zeit des progressionsfreien Überlebens um 2,5 Monate höher. Wie es aussieht haben die Preisstudien ergeben, dass dies einen Zuschlag von 50% gegenüber Erbitux® rechtfertigt und die Kosten der Therapie um mehr als 20.000 Euro erhöht.

Für Lucentis® gibt es keine Alternative, es ist das erste zugelassene Präparat, das eine Verbesserung der Sehschärfe bei Patienten mit alterabhängiger Makuladegeneration (AMD) bringt. Bei 6 Behandlungen im Jahr würden rund 10.000 Euro, insgesamt über 2 Jahre 20.000 Euro anfallen. Was die mutmassliche Schmerzgrenze bei den befragten Experten war.

Danach folgt die Launch-Strategie. In fast allen Gesundheitssystemen ausser den USA, Deutschland und UK gibt es Preiskontrollen bei Medikamenten. Teils direkt, teils über Erstattungsanteile. Die Preise und die Erstattung müssen mit der Regierungsbehörden oder Krankenversicherungen ausgehandelt werden. Meist werden dabei andere Länder als Referenz herangezogen. Die Reihenfolge der Verhandlungen entscheidet über den zu erwartenden Gesamtumsatz. Dabei darf es wiederum auch keinen zu grossen Preisunterschiede geben, da dann das Medikament für Parallelimporte interessant wird. Ausserdem muss der Hersteller immer die pharmakoökonomische Kosten-Nutzen-Bewertung im Auge haben, die z.B. in Grossbritannien bisher die Bezahlung von Avatistin® durch den
staatlichen NHS bei der Darmkrebsbehandlung verhindert hat und in anderen Gesundheitssystemen, wenn nicht für die Erstattung, dann zumindest als Argument bei den Preisverhandlungen von Bedeutung ist. Die Unternehmen verzichten lieber auf die Erstattung in kleineren Märkten, wenn dies negative Folgen für den Preis auf relevanteren Märkten hat.

Die Preisgestaltung hängt in einem international so komplexen Feld wie dem Gesundheitswesen von vielen Faktoren ab. Ziel ist die Umsatzmaximierung - die Entwicklungskosten spielen eine eher untergeordnete Rolle. Nach den Berichten hat Novartis den gesetzlichen Krankenkassen angeboten, alle Kosten über 315 Millionen Euro im Jahr zu übernehmen. Was einen Rabatt von mindestens 50%-70% bedeuten, je nach Anzahl der Verschreibungen, jedoch den nominalen Preis aufrechterhalten - und den Einstieg für die Verhandlungen in anderen Ländern nicht verschlechtern würde.



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Um noch einmal die Dimensionen zu zeigen: Alleine in Deutschland rechnen die Pessimisten unter den Experten mit Kosten von bis zu 7 Milliarden Euro jährlich für die Behandlung mit Lucentis®. Das würde den Krankenkassenbeitrag um 0,7 Prozentpunkte erhöhen. Wenn Novartis mit dem Preis Erfolg hat, wird Lucentis zum Megablockbuster, der selbst das zur Zeit weltweit umsatzstärkste Medikament Lipitor®/Sortis® von Pfizer (12,9 Milliarden Euro Jahresumsatz) in den Schatten stellt.
 
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Autor: strappato   2007-09-15   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

Interessensjournalismus

Die FTD macht sich für das Novartis Medikament Lucentis® stark. Mit der Überschrift "Kassen drängen zur Billigtherapie" und einem Leitartikel, der "Medikamente - Billiges Abenteuer" titelt, wird die Stimmung gegen den off-label Einsatz des verwandten VEGF-Antagonisten Avastin® angeheizt.

Seit Anfang des Jahres ist in Europa der monoklonale Antikörper Lucentis® (Ranibizumab) von Novartis zur Behandlung der altersabhängige Makuladegeneration (AMD) auf den Markt. AMD ist eine häufige Erkrankung besonders im Alter und führt unbehandelt zu nicht reversiblen Sehverlusten bis zur Erblindung. Früher konnten Schäden allenfalls gestoppt werden, die VEGF-Antagonisten Avastin® und Lucentis® brachten zum erstem Mal eine Verbesserung der Sehschärfe für die Betroffenen. Das nicht für AMD zugelassene Avastin® (Bevacizumab) kommt vom gleichen Hersteller Genentech, wird aber ausserhalb der USA von Roche vermarktet und kostet nur einen Bruchteil von Lucentis®. Bis Lucentis® auf dem Markt gekommen ist, gab es zur Off-label-Therapie mit Avastin® keine Alternative. Aus Kostengründen wird die Verschreibung ausserhalb der Zulassung von den Krankenkassen weiterhin stillschweigend gebilligt, da diese bis zu 700 Millionen Euro jährliche Mehrausgaben beim Einsatz von Lucentis® fürchten. Ein ernstes Problem. Hilflos mutet da das Statement des Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Aufsichtsbehörde an. Das PEI würde es begrüssen, wenn die Zulassung von Avastin® für das Auge "gestützt auf Daten aus klinischen Prüfungen" beantragt würde. Daran haben weder Genentech, noch dessen Mutterkonzern Novartis oder Roche - 30% Anteilseigner Novartis - ein Interesse, da sie die Indikationen und Gewinne geschickt optimiert und aufgeteilt haben.

Die FTD verschweigt, dass es zwar keine Zulassung für die Indikation AMD gibt, jedoch jahrelange weltweite Erfahrungen vorliegen. In den bisher veröffentlichten klinischen Studien konnte die Wirksamkeit und Sicherheit von Avastin® bei AMD gezeigt werden. Da von einem va banque Spiel zu sprechen, ist masslos übertrieben.

Der FTD-Kommentar klingt zynisch, angesichts der Konsequenzen der Erkrankung und der Vielzahl der Patienten:
Es ist zwar unvermeidlich, dass in einer alternden Gesellschaft mit teurem medizinischem Fortschritt die Frage auftaucht, wann einige extrem kostspielige Leistungen rationiert werden müssen. Solche Entscheidungen müssen aber transparent sein und sorgfältig diskutiert werden.
Transparente Rationierung wie in England? Dort wehrt man sich auf Kosten der Patienten gegen die Preispolitik der Pharmakonzerne, indem die Behandlung mit Lucentis nur Erkrankten empfohlen wird, die das Augenlicht auf einem Auge schon eingebüsst haben.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-09-14   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

Lucentis-Marketing

Novartis macht in Österreich Druck, damit das Medikament Lucentis® zur Behandlung altersbedingter Makuladegeneration (AMD) von den Krankenkassen erstattet wird. In dem Artikel im Standard wird Deutschland als Beispiel genannt, wo die Therapie finanziert werden würde. Soweit sind wir hierzulande nocht nicht, was selbst die deutsche Ärzte Zeitung bedauert.

Am Ende holt der Novartis-Chef noch eine Trumpf aus dem Ärmel:
Die Behandlung mit "Lucentis" ist laut einer vom Institut für Pharmaökonomische Forschung (IPF) im April durchgeführten Studie kosteneffektiv, da der verbesserte Gesundheitszustand von Betroffenen weniger Pflegebetreuung oder Depressionen mit sich bringt, berichtete Seiwald.
Wenn man sich den Vorstand und das Kuratorium des "unabhängigen Instituts" ansieht, in dem Seiwald als Kuratoriumsmitglied geführt wird, dann hätte jedes andere Ergebnis überrascht.

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Wem in der Liste das "GIRP" nichts sagt: Es ist der Europäische Verband der Pharmagrosshändler.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-06-28   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Auge um Auge

Schönes Beispiel, wie in England Rationierung funktioniert.

Seit einigen Monaten ist in Europa der monoklonale Antikörper Lucentis® (Ranibizumab) von Novartis zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) auf den Markt. Zu einem horrenden Preis: Apothekenverkaufspreis in Deutschland liegt bei über 1500 Euro. In den ersten 3 Monaten der Behandlung wird es monatlich intravitreal (in den Glaskörper des Auges) gespritzt und nach einer Erhaltungsphase gegebenfalls wiederholt.

Bisher gab es noch keine wirkliche Therapie gegen die chronisch fortschreitende AMD, trotz bis zu 1 Million Betroffener allein Deutschland. Nicht nur in England fürchten die Verantwortlichen in Politik und Krankenkassen, dass Lucentis® die Budgets sprengen könnte.

In England hat das NICE daher empfohlen, 20% der Patienten mit Lucentis® zu behandeln - aber nur Patienten, die das Augenlicht auf einem Auge schon eingebüsst haben. Die Verwendung des Konkurrenzpräparats von Pfizer (Macugen®) wurde explizit ausgeschlossen. Die endgültige Entscheidung wird für September erwartet.

Das deutsche IQWiG soll sich ja bei seinen Kosten-Nutzen-Bewertungen auf internationale Standards stützen. Ein Auge langt für die Wirtschaftlichkeit. So stellt sich Ulla Schmidt sicher nicht die internationalen Standards vor.
 
[Avastin - Lucentis]
Autor: strappato   2007-06-14   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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