Pandemie-Panikfolgen

Die Freiwillige Feuerwehr der österreichischen Ortschaft Merkenbrechts will eine Rechnung in Höhe von über 1000 Euro für Tamiflu®-Tabletten nicht bezahlen, die die Gemeinde Göpfritz/Wild auf dem Höhepunkt der Vogelgrippe-Hysterie im Jahr 2005 für die Feuerwehrmänner bestellt hat:
„Wir haben für jeweils einen Angehörigen aller 299 aktiven Feuerwehrmänner in der Gemeinde ein Packerl Tamiflu zum begünstigten Preis von 24,10 € bestellt“, erklärte Gemeindesekretärin Romana Hartner, „darunter 47 Stück für die Feuerwehr Merkenbrechts.
[...]
„Wäre die Pandemie ausgebrochen und wir hätten für die Feuerwehr Merkenbrechts kein Tamiflu gehabt – was wäre dann gewesen?“, fragt Bürgermeister Erich Mautner.“

 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-03-27   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  



 

Die Kunst des Weglassens

Nicht nur die DTC-Werbung ("direct-to-consumer") für verschreibungspflichtige Medikamente ist eingeschränkt, auch bei der Werbung für Fachkreise müssen einige Dinge beachtet werden. Das Heilmittelwerbegesetz gibt vor, dass jede Werbung für Arzneimittel beispielsweise Angaben zu Zusammensetzung, Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Warnhinweisen enthalten muss. Ein Ärgernis für die Pharmaunternehmen und die Marketing-Agenturen, nicht nur aus gestalterischer Sicht.

Es geht auch anders, wie die Anzeige von Roche für Bondronat®, einem Bisphosphonat, beweist. Wer findet die Pflichtangaben? Keine Angst, es gibt keine.

In dem von mir rot markierten Feld steht: Basisinformationen auf Seite 278. Die Angaben nach §4 HWG werden von der Anzeige getrennt.

Sehr kreativ, was gleich den Titel Die beste Pharmaanzeige des Monats einbrachte. In der Verkündungs-Mail jubelt die Agentur "WEFRA", die jeden Monat einen Gewinner kürt.
Gesetzlich konform. Genial gelöst. Und absolut vorbildlich. Im Idealfall haben wir in Zukunft nur noch Fachzeitschriften, die vorne im Sinn des Lesers „aufräumen“ und den aus gestalterischer Sicht absolut kontraproduktiven Pflichttext weit im hinteren Teil als „Bleiwüste“ abdrucken.

Im Idealfall aus Sicht der Agentur haben wir in Zukunft nur noch Ärzte, die sich für Indikationen und Kontraindikationen nicht mehr interessieren, sondern den Werbeversprechungen der Pharmakonzerne glauben. Alles nur im Sinn des Lesers.

Ganz nebenbei: Das Foto einer unbekleideten jungen Frau und eines Braunbärs entspricht nicht gerade dem typischen Bisphosphonat-Patienten. Bisphosphonate werden zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen eingesetzt. Und Bären haben die Fähigkeit, ihre Knochen, etwa während der langen Perioden der Inaktivität im Winterschlaf, vor Degeneration zu bewahren.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-03-14   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Bayer will Transparenz

Das Pharmaunternehmen Bayer Vital sieht sich ebenfalls in der Pflicht zu informieren. Geschäftsführer Hans-Joachim Rothe räumte ein, die Pharmaindustrie habe in der Vergangenheit zu wenig transparent gemacht, welche Patientengruppen sie finanziell unterstütze. Firmen müssten dazu gezwungen werden, solche Angaben offenzulegen. Sein Unternehmen werde ab dem Sommer im Internet darüber Auskunft geben, mit welchen Summen es Patientenorganisationen unterstütze und welchen Projekten das Geld gewidmet sei. Noch stärker als bisher müssten Pharmafirmen in ihren internen Abteilungen zwischen Werbung und der Vermittlung von Informationen trennen: "Man kann das nicht in einer Hand lassen. Die Gefahr des Missbrauchs ist sehr groß."
Quelle: FTD.

Es bewegt sich was. Das wird eine lange Liste werden, ein paar Beispiele:

Deutsche Kontinenzgesellschaft.
Deutscher Diabetiker Bund.
Deutsche Lungenstiftung.
Interessengemeinschaft Hämophiler.
Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe.
Pulmonale Hypertonie e.V..
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft.
Deutsche Herzstiftung.

--
Und wenn sich der Erfolg einstellt, gibt es Incentive-Reisen nach Südafrika und Mittelamerika für die Vertriebsmitarbeiter.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-03-14   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Werbung für Ärzte im TV erlaubt

Werbung im Fernsehen ist für Ärzte erlaubt. Ein Arzt aus Hessen siegte gegen die Ärztekammer vor dem Berufsgericht.

Fernsehspots sind ja relativ teuer. Aber demnächst im Privatradio, zwischen den besten Hits aus drei Jahrzehnten, Werbung für Anti-Aging-Mediziner und LASIK-Chirurgen?
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-03-13   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Simon Cowell erteilt Pfizer eine Abfuhr

"Der englische Dieter Bohlen", Simon Cowell, der in UK und den USA chronisch bei Talentshows in der Jury sitzt und wie unser Dieter von den Kandidaten gefürchtet wird, sollte Werbegesicht für Viagra® werden.
Last year my agent rang me and said ’You’ve been offered an incredibly big (£1 million) deal. It’s to be the face of Viagra'.

In einem Interview mit der britischen Zeitschrift "Glamour" gab er an, sich schwer beleidigt gefühlt zu haben. Wollte Pfizer die Zielgruppe für die Potenzpille altersmässig nach unten erweitern?
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-03-03   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Die Pharmaindustrie will nur das Beste

Mal eine erfrischende Meinung:

Paul H. Rubin, Professor für Wirtschaft und Recht an der Emory University in Atlanta, plädiert bei forbes.com für ein uneingeschränktes Marketing durch den Pharmaaussendienst. Bestrebungen, den Wert von Geschenken an Ärzte zu beschränken oder anderen Restriktionen in der Beziehung der Pharmaindustrie zu den Ärzten erteilt er eine klare Absage.

Begründung: Die Pharmaberater unterstützen den Arzt beim Bewältigen der Massen von neuen Informationen und Studien. Forschung und Marketing sind beides Aktivitäten mit dem Ziel der Information. Wenn die Pharmakonzerne nicht mehr effektiv Marketing betreiben dürfen, hat das negative Auswirkungen auf die Investitionen in Forschung. Im übrigen ist die Vielfalt der Informationsquellen gewahrt, da der Arzt mit mehreren Pharmareferenten Kontakt hat.

Was die Vorwürfe angeht, dass der Pharmaaussendienst Schuld daran ist, dass Ärzte teure Medikamente gegenüber preiswerteren Generika bevorzugen, wiederholt Rubin die Standardantwort der Pharmaindustrie: Innovative, Patent geschützte Präparate kosten zwar mehr, aber sparen Ausgaben durch bessere Wirksamkeit und damit seltenere Arztbesuche und Krankenhauseinweisungen.
A recent report shows that the life expectancy of Americans is at its highest level ever and will continue to increase. It is truly amazing that this society keeps coming up with ways to demonize and penalize an industry that has provided us with so many benefits.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Eigentlich müsste man eine neue Rubrik "Märchen und Mythen" aufmachen.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-02-13   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Marketing 1.0

Wie läuft strategisches Online-Marketing in einem Medizintechnik-Unternehmen? Wie es sich der Marketing-Student im 2. Semester vorstellt. Man schickt eine Anja-Tanja vor und versucht per Serien-E-Mail die Relevanz der Internetseiten von Selbsthilfeverbänden abzuklopfen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Herr *** *** der Leiter unserer Abteilung New Media, führt eine Recherche zum Thema Communities für Menschen mit Behinderungen durch. In diesem Zusammenhang hat er mich gebeten die Besucherzahlen pro Monat/Jahr ihrer Website herauszufinden. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir dazu einige Angaben senden könnten.

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

*** ***

Corporate Communication

*** GmbH

 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-02-11   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Lipitor®/Sortis® hilft nicht beim Rudern

Dr. Jarvik, in den USA bekannter Miterfinder eines Kunstherzens, der in Spots für Pfizer als Arzt auftritt, jedoch keine Lizenz zum Praktizieren hat, erhielt dafür 1,35 Millionen Dollar. Das in den Ruderszenen eines Spots eingesetzte Double, ein Profi-Fotograf und begeisterter Ruderer, sicher weniger. Lipitor® hilft anscheinend nicht beim Rudern.

Damit hat Pfizer einen nicht unbedeutenden Teil der 258 Millionen Dollar, die insgesamt von Januar 2006 bis September 2007 in den USA in die Werbung für den Cholesterinsenker Lipitor® (in Deutschland Sortis®) gesteckt worden sind, für Jarvik ausgegeben. Pfizer hatte Unterstützung durch bekannte Gesichter nötig: Die Kampagne mit Jarvik wurde gestartet, da der ärgste Konkurrent von Lipitor®, Zocor® von Merck & Co. (Wirkstoff Simvastatin), durch Patentablauf als preiswertes Generikum auf den Markt kam.

Leserbriefe in der NY Times lassen vermuten, dass die Wirkung von Testimonials in der Pharmawerbung überschätzt wird.
How disillusioning to read that Dr. Robert Jarvik is not the person rowing energetically across a lake! Watching the commercial inspired me to buy an expensive rowing machine for dry land. How can we accept the authenticity of Lipitor’s effectiveness when the manufacturer and a doctor deceive us with their commercial?

 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-02-10   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Motivational Deficiency Disorder

Neuer Werbespot für das Medikament "Strivor" gegen MDD (Motivational Deficieny Disorder). Die weit verbreitete und unterdiagnostizierte Krankheit wurde in einem am 1. April 2006 im British Medical Journal (BMJ) erschienenen Artikel erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.



(Hintergrund)
 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-02-05   Link   (5 KommentareIhr Kommentar  



 

Tischthema: Pharmamarketing


Link: sevenload.com

In Tischthema.tv laden Thomas Escher und Lucas von Gwinner Menschen aus Kommunikation und Marketing an ihren Esstisch.

In der 10. Folge erzählt Dr. Angela Liedler von der Agentur Liedler GSW wie Pharmamarketing funktioniert.
Da wird einfach durch diesen Deckmantel Heilmittelwerbegesetz bei uns Produktinformation und Image von Pharmafirmen einfach, wie soll ich sagen, fast sogar manipuliert. Weil über die guten Sachen dürfen wir nicht reden, reden wir über die schlechten. Das regt mich total auf.

In den USA gibt es kein Heilmittelwerbegesetz. Dort ist das Vertrauen der Patienten in die Pharmaindustrie 10 Jahre nach der weitgehenden Freigabe der Pharmawerbung zerstört. Aber wenigstens verdienen die Werbeagenturen und PR-Berater gut.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-01-23   Link   (11 KommentareIhr Kommentar  



 



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