Dejavue

Was würden Sie über diese Schlagzeile denken: Schmidt kündigt Massnahmen zur Trendwende bei den Krankenversicherungsfinanzen an? Etwa: Ja und, hat Ulla Schmidt das nicht schon oft angekündigt?

Andere Länder, ähnliche Probleme. Auch in Grossbritannien laufen die Kosten des Gesundheitswesens aus dem Ruder. Und die Überschrift der Pressemitteilung lautet im Original: Hewitt Announces Action To Turnaround NHS Finances. Nun werden dort Unternehmensberater von KPMG als Feuerwehrleute zu den grössten Brandherden geschickt.

Roland Berger, McKinsey, BCG & Co werden in die Arztpraxen geschickt, um die Ärzte bei der wirtschaftlichen Verordnung von Arzneimitteln zu unterstützen - das wäre doch wirklich mal ein neuer Ansatz in Deutschland. Hat nicht Ulla Schmidt gerade ihr Interesse für Lösungen in anderen Ländern entdeckt?
 
[Ausland]
Autor: strappato   2006-01-27   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Einkommen vs. Arbeitsorganisation

Zu den Arbeitszeiten der Klinikärzte ist ein Streit zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Marburger Bund entbrannt. Nach einer vom DKG in Auftrag gegeben Studie lehnen 62% der Ärzte die Abschaffung der Bereitschaftsdienste ab. Nicht zu Unrecht sieht der Marburger Bund darin einen weiteren Versuch der Krankenhausträger die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie weiter zu blockieren und kontert mit einer eigenen Befragung, in der sich 90% der Ärzte für eine Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf maximal 48 Stunden aussprechen.

Wenn man genauer hinsieht, widersprechen sich die beiden Studien nicht unbedingt. Bereitschaftsdienste haben gerade für junge Ärzte den Vorteil das Gehalt aufzubessern und gleichzeitig - inbesondere in den operativen Fächern - die zur Weiterbildung notwendige Anzahl von Operationen zu bekommen. Daher muss man die gewünschte Arbeitszeit von der Arbeitsorganisation trennen. Leider setzt der Marburger Bund seinen Fokus einseitig auf die Bezahlung und fordert 30% Gehaltserhöhung. Nur bessern schon jetzt viele Ärzte ihr Grund-Einkommen um 30% durch Bereitschaftsdienste auf. Der vom Marburger Bund geforderte Zuschlag würde bei gleichzeitig anderer Organisation der Arbeitszeiten mit Abbau der Überstunden und Bereitschaftsdienste für viele Ärzte keine Lohnerhöhung bringen, aber gleichzeitig verschlechterte Bedingungen für die Erreichung der für die Facharztprüfung notwendigen Berufspraxis.

Früher nannte man den Marburger Bund scherzhaft oft den "Verband der Chefärzte Deutschlands". An der Reaktion auf die DKG-Studie sieht man wieder, dass es den Funktionären des Marburger Bundes mehr um die Sicherung der Privilegien der leitenden Ärzte geht, wenn etwa das Zusatzeinkommen aus der Behandlung von Privatpatienten nicht zur Diskussion steht. Assistenzärzte werden mit der unrealistischen Forderung nach 30% Gehaltszuwachs ruhig gestellt. Das System steht nicht zur Debatte, beispielsweise bei den schlechten Bedingungen bei der Vereinbarkeit von Kliniktätigkeit, Weiterbildung und Familie. Früher mussten Ärztinnen schon fast nachweisen, dass sie keine Kinder kriegen. Sehr viel geändert hat sich daran nicht. Wer dies hinnimmt, darf keinen Ärztemangel beklagen. Aber auch dafür ist nach Meinung des Marburger Bundes lediglich die unangemessene Bezahlung schuld.
 
[Klinik]
Autor: strappato   2006-01-26   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Schonungslos

Der renomierte Kieler Gesundheitssystemforscher Fritz Beske legt den Finger in die Wunde: Ein konstanter Beitragssatz wird bei den Kosten der demographischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts nicht realisierbar sein. Einer der wenigen Experten in der Gesundheitspolitik, der sein Fähnchen nicht nach der politischen Grosswetterlage in den Wind hängt.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-01-26   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Nachtrag zum gelobten Land

Allen deutschen Jungmedizinern, die sich mit dem Gedanken tragen, in das gelobte Land auszuwandern, empfehle ich die Lektüre von Dr. Crippen's NHS Blog. Da wird deutlich, dass sich die deutschen Gesundheitspolitiker eigentlich keine Sorgen machen müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele junge Ärzte unbedingt vom Regen in die Traufe kommen wollen.

I have five patients, all under the age of 45, who have severe sciatica and have been off work for nearly a year. They have "slipped discs". Bad ones. They cannot work. They can barely walk. Opening their bowels is agony. They need disc decompressions. This relatively minor surgery could have them back to work in a few weeks. To get this surgery, they need to have an MRI scan. The government does not allow me to get an MRI scan directly. So I refer them to the "back clinic". The waiting list is seventeen weeks. When they get to the back clinic, they see the "nurse specialist" who is cleverer than I and so is allowed to order MRI scans. After a two minute assessment she orders the scan. The waiting list for the waiting list is three months and the waiting list is another three months. The MRI scan will then confirm that they need an operation, which I already know (before we had the advantage of MRI scans, they just had the operation). They then go on the waiting list to have the operation. That will be another six months or so. Thank God it is a Three Star Hospital. During all this time, they have to be signed off work. And they are off so long they end up on invalidity benefit.
 
[Ausland]
Autor: strappato   2006-01-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Hitliste

Am Jahresanfang meine Hitliste, zur Frage, was die Patienten umtreibt: Lediglich Befindlichkeitsstörungen oder ernste und/oder chronischen Erkrankungen?

Meistgesuchte Medikamente bei netdoktor.de:
  • Insidon®: Psychische Erkrankungen
  • Cipralex®: Depressionen
  • Aerius®: Allergie
  • Propecia®: Haarausfall
  • Xusal®: Allergie
  • Reductil®: Gewichtsreduktion
  • Viagra®: Impotenz
  • Trevilor®: Depressionen
  • Cialis®: Impotenz
  • NuvaRing®: Verhütung
Auswahl der Themen meiner Projekte im letzten Jahr:
  • Rota-Virus
  • Inkontinenz
  • Cochlear-Implantate
  • Chronisch-Entzündliche Darmerkrankungen (CED)
  • Chronische Schmerzen
  • Kanülenstichverletzungen im Krankenhaus
  • Zulassung von Medizinprodukten
  • Aktinische Keratose
  • Diabetes
  • DDD/ATC-Nomenklatur
Auf der einen Seite Patienten, für die Gesundheit hauptsächlich bedeutet, noch besser "drauf" zu sein und den Idealen der Hochglanz-Gesellschaft zu entsprechen. Auf der anderen Seite meist Patienten mit chronischen Erkrankungen, deren Ziel es ist, ohne Einschränkungen ihr Leben zu meistern oder im Fall der Kanülenstichverletzungen, medizinisches Personal mit der Gefährdung durch die tägliche Arbeit bleibende Schäden davon zu tragen.
 
Autor: strappato   2006-01-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Fatale Überweiung

Der IPPNW (Verein Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs) fordert in seiner Kampange achten statt verachten, die gesetzlichen Voraussetzungen für ein System anonymer Behandlungsangebote für Flüchtlinge ohne Papiere zu schaffen und Rechtssicherheit bei der Unterstützung, Betreuung und Behandlung von Menschen ohne Papiere herzustellen. Die Unterschriftenliste soll Anfang dieses Jahres dem Bundespräsidenten übergeben werden.

Illegale Einwanderer sollten ein innenpolitisches Problem sein, aber kein gesundheitspolitisches. Allein in Berlin leben geschätzte 100.000 bis 200.000 illegale Migranten. Sozialverbände oder karitative Einrichtungen, die medizinische Hilfe für diese Menschen in Deutschland anbieten, bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone: Sie können wegen Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland angezeigt werden. Darüber hinaus ist es durch die Bürokratie, Dokumentation und Datenverarbeitung für Ärzte schwieriger geworden, Patienten ohne Papiere zu behandeln.

Ein Punkt, in dem das englische Gesundheitssystem besser ist als das deutsche: Dort verweigert das staatliche Gesundheitssystem NHS niemanden eine Behandlung und der Weg zum Arzt führt nicht direkt in die Abschiebehaft.
 
[Public Health]
Autor: strappato   2006-01-25   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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