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Versuchskarnickel Grosse Hoffnungen sowohl der Politik als auch der Industrie liegen auf der elektronischen Gesundheitskarte. Sie soll ein Allheilmittel gegen die ausufernde Bürokratie sein, gleichzeitig die Qualität der Versorgung verbessern und die grundlegende Modernisierung des deutschen Gesundheitswesens ermöglichen. In den Modellregionen beginnt nun die Erprobung. Dabei zeigt sich, mit welch' heisser Nadel das Projekt gestrickt ist.Bei den teilnehmenden Ärzten kommt erster Unmut auf. Der Aufwand ist immens und die Gegenleistung vage: Bitte gehen Sie davon aus, dass die Kassenärztliche Vereinigung sowie die Ärztekammer Nordrhein bzw. die auf Bundesebene federführende KBV und BÄK alles unternehmen werden, um den teilnehmenden Testpraxen eine angemessene Aufwandserstattung durch die bereitstehenden Gelder der gematik zukommen zu lassen. Was im Einzelnen tatsächlich bezahlt wird, kann jedoch erst ermittelt werden, wenn die weiteren Verhandlungen der Projekte mit der gematik abgeschlossen sind. Die Ärzte sind ja in Sachen Honorar einiges gewöhnt, aber dagegen ist selbst der Punktwert des EBM eine harte Währung. Man hat den Eindruck, dass die beteiligten Unternehmen und Verbände glauben, dass die Ärzte sehnsüchtig auf die Karte gewartet haben. Hat denn keiner aus den Erfahrungen bei der Einführung der Versichertenkarte und der Praxiscomputer gelernt? [Gesundheitswirtschaft]
The Next Big Thing Letzte Woche fand in München der Digital Lifestyle Day statt. Andere blogger haben diese Veranstaltung schon umfassend kommentiert. Ein kleiner, aber interessanter Punkt: In der Session The Next Big Thing mit Marissa Mayer (google), Esther Dyson und Martin Varsavsky auf dem Podium wurde viel über google und searching gesprochen, aber nur ein Thema als "big next thing" benannt: Healthcare. Wird ja schon länger als kommende Boom-Branche vermarktet. Nur: Das Gesundheitswesen ist komplex und hat sehr viele nationale Eigenheiten - von den Gesetzen zur Pharmawerbung über die Versorgungslandschaft bis zum Schutz personenbezogener Daten. Die Internet-Firmen haben z.B. bisher auch nicht gerade viel Verständnis für ethische Belange gezeigt. Mit ein wenig Software, ein paar buzz-words und den richtigen PP-Slides kommt man da nicht weiter. Deutschland wird aber als weltweit 3. grösster Markt eine wichtige Rolle spielen. Jetzt sind die Experten gefragt - die aber in der Regel mit den digital-lifestyle-Fantasien nicht viel anfangen können. Pharma- und Medizingeräteindustrie wappnen sich aber, um ihre Interessen zu wahren. Ich bekomme zur Zeit soviel Anrufe von headhuntern, wie noch nie. p.s. noch war der Traumjob nicht dabei. [Gesundheitswirtschaft]
Studienregister Die Pharmaverbände Europas, Japans und der USA haben im Januar 2005 zusammen mit dem Internationalen Pharmaverband IFPMA beschlossen, künftig sämtliche von forschenden Arzneimittelherstellern gemeinsam mit Kliniken oder Arztpraxen durchgeführten Studien in öffentlich zugängliche Internet-Datenbanken zu stellen. Dies soll dazu beitragen, dass sich Ärzte bei der Behandlung ihrer Patienten und Wissenschaftler bei der Forschungsplanung stets auf den gesamten Wissensstand zu einem Medikament stützen können. Leider konnte man sich nicht auf eine gemeinsame Datenbank einigen. Der deutsche Verband forschender Arzneimittelhersteller gibt einen Überblick, wo welches Unternehmen seine Studien registriert oder deren Resultate veröffentlicht. Zur Transparenz gehört auch die letztes Jahr geschlossene Vereinbarung, dass das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die Ergebnisse aller unveröffentlichten Studien von Pharmafirmen erhalten und seine Nutzenbewertung damit auf einer vollständigen Datenbasis vornehmen kann. [Klinische Studien]
Feedback Nun ist das blog eine Woche alt. 16 Einträge sind von mir geschrieben worden. Natürlich fragt man sich: Liest das denn jemand? Interessiert das jemand? Oder ist das unverständlich geschrieben? Ich weiss, die Einträge sind zu lang, es fehlen Katzenbilder, persönliche Alltagssituationen und vielleicht auch Erotik. Ach ja: Keine Angst vor Kommentare. Ich beisse nicht, obwohl die Einträge gelegentlich dozierend klingen
Milchmädchenrechnung Durch das AVWG sollen jährlich 1,3 Milliarden Euro Ausgaben für Arzneimittel eingespart werden. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht: Insbesondere soll die Arzneimittelversorgung besser als bisher an dem tatsächlichen Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet sein. Dahinter steht die Annahme, dass es bei den Arzneimitteln Über- oder Fehlversorgung gibt, die zu nicht notwendigen Mehrausgaben führen. Aus dem jährlich von der GEK erstellten Arzneimittelreport meint Ulla Schmidt ein Einsparpotenzial von rund 3 Milliarden Euro zu erkennen. Was gerne ignoriert wird: Neben einer Überversorgung oder Fehlversorgung gibt es in Deutschland auch massive Unterversorgung bei vielen Erkrankungen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem Gutachten 2000/2001 auf die Über-, Unter- und Fehlversorgung untersucht und kam zu folgender Erkenntnis: Vergleicht man die derzeit in "Überversorgung" gebundenen Aktivitäten und Mittel ("Wirtschaftlichleitsreserven") mit den vielfältigen Anforderungen, die zur Beseitigung der derzeitigen zahlreichen Formen der Unterversorgung nötig erscheinen, bleibt schon theoretisch ungewiss, in welchem Umfang sich eine solche Umschichtung rechnerisch ausgleichen würde. Wenn alle Patienten nach den medizinischen Leitlinien behandelt werden würden, hätte das allein bei den Medikamenten enorme Mehrkosten zufolge. Eine Dokumentation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus dem Jahr 2003 hat 5 Milliarden Euro Mehrbedarf ermittelt In einem Gutachten aus dem Jahr 2004 wird von 20 Millionen Patienten ausgegegengen, die Arzneimittel nicht im benötigtem Umfang oder gar nicht erhalten In einer kürzlich erschienenen Dissertation über den Mehrbedarf bei leitliniengerechter Arzneimitteltherapie wurden die Mehrkosten bei der Behandlung des Tumorschmerzes, bei der Schizophrenie, der Depression, und bei koronaren Herzkrankheiten ermittelt. Je nach gewähltem Szenario besteht zwischen Ausgaben und erforderlichen finanziellen Mitteln für eine leitliniengerechte Therapie der ausgewählten Krankheitsbilder ein Mehrbedarf von allien 1,9 bis zu 3.2 Milliarden Euro. Medizinische Leitlinien sind eine gute Orientierungshilfe für Arzt und Patient auf dem Weg zu einer sowohl optimalen als auch individuellen Therapie, so Ulla Schmidt in einer Rede anlässlich der Eröffnungsveranstaltung des 107. Deutschen Ärztetages am 18. Mai 2004 in Bremen. Vielleicht meinte sie auch nur die Leitlinien aus ihrem Hause in Form von Gesetzen, die durch Budgetierung und Restriktionen eine Versorgung von Patienten auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse (Evidence Based Medicine) verhindern. [Reform]
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