Pflege als nächstes Sanierungsprojekt

Wenn die Gesundheitsreform auf dem Weg gebracht worden ist, soll die Pflegeversicherung saniert werden.

Da zeigt sich ein Trümmerfeld: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen empfahl in seinem Gutachten 2005 eine Verschmelzung von Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Das Gutachten war eine Ohrfeige für die Politik:
  • Wenig konsequente Ansätze, um Pflegebedürftigkeit zu verzögern oder zu vermeiden.
  • Kaum Anreize, die die Vorbeugung belohnten.
  • Missachtung des Leitgedankens "Reha vor Pflege"
  • Versorgungslücken und Defizite durch fehlende Koordination zwischen Pflegekassen und Krankenkassen.
  • Mängel bei der Betreuung Demenzkranker.
  • Mängel bei elementaren Bereiche der Pflege.
Statt diese Probleme anzugehen, kündigt das Bundesgesundheitsministerium Leistungsumschichtungen von der stationären zur ambulanten Pflege an. Die ambulante Pflege belastet die Pflegekassen weniger als die stationäre. Angesichts der demographischen Situation aber nur eine kurzzeitige Lösung und kein Weg um die Pflegeversicherung finanziell dauerhaft zu stabilisieren. Auszubaden haben es die Familien, die bei reduzierten stationären Pflegesätzen einen grösseren Teil selber aufbringen müssen.

Eine Entlastung würde die Legalisierung der geschätzten 100.000 osteuropäischen Pflegekräfte bringen, die zur Zeit in den Privathaushalten tätig sind. Das Problem ist lange bekannt, aber keine Regierung will sich mit den gemeinnützigen Trägern und der Pflegelobby anlegen.

Da sind unsere österreichischen Nachbarn weiter: Bundeskanzler Schüssel plädiert für eine Legalisierung ausländischer Pflegekräfte. Und kann sich dabei der Unterstützung von 70% der Österreicher sicher sein.
 
[Pflegeversicherung]
Autor: strappato   2006-09-01   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Die eiserne Ulla

In der Presse erhält Ulla Schmidt Respekt für ihr kluges Taktieren. Sie hat die Union in eine Lage hinein manövriert, in der sie alles schlucken muss, was die Ministerin ihnen vorsetzt. Die Eckpunkte der Reform bieten einiges an Interpretationsfreiraum. Schmidt wird ihn nutzen.

Ein Grund dafür ist, dass die CDU/CSU keine Gesundheitspolitiker von Format hat. Seehofer lebt von seinem Ruhm als Ex-Minister und ist in der Fraktion isoliert, da er eher die Politik der SPD favorisiert. So kann die eiserne Ulla weiter alle Hebel in Richtung Einheitskasse und Staatsmedizin setzen.

Nur: Der Lösung der Probleme und einer notwendigen Reform, die den Namen verdient, kommen wir nicht näher.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-09-01   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Expertokratie

Wir leben in einer Expertokratie. Das ist kein neuer Befund. Aber wieviele Experten es mittlerweile gibt, ist erstaunlich.

Mehr als drei Viertel der Bundesbürger lehnen die geplante Gesundheitsreform ab. In einer Umfrage für das Magazin „Stern“ erklärten 78 Prozent der Befragten, dass man die Reform in dieser Form nicht durchführen und die Grundzüge der Reform nochmals neu aushandeln sollte.

Ich bin noch nicht soweit mit der abschliessenden Bewertung der Gesundheitsreform, auch weil es noch viele offene Details gibt, die einen grossen Einfluss auf das Resultat haben. Da wissen also 87% der Bürger (13% antworteten "weiss nicht") mehr über die Gesundheitsreform als ich, obwohl ich die Eckpunkte gelesen habe und mir anmasse, die Folgen halbwegs beurteilen zu können. Umsonst die beiden Studiengänge, die Promotion und die 15 Jahre Tätigkeit in Gesundheitswissenschaft, -politik und -beratung.

Spass beiseite. Solche Umfragen sind geradezu fahrlässig, da wohl für jeden Befragten "Die Gesundheitsreform" etwas anderes ist. Sozialwissenschaftler würden sagen: Die Validität fehlt. Diese Befragungen sind also nur dazu da, um Stimmung zu machen.
 
[Reform]
Autor: strappato   2006-08-30   Link   (8 KommentareIhr Kommentar  



 

Praxistest

Was hat denn der Marburger Bund erreicht? Erfahrungen in einer Uniklinik:
a) 10 Stellen gestrichen werden, da ja nun 42 Wochenstunden gearbeitet werden, statt, wie bisher, 38,5 und
b) Ärzte, die an einer anderen als einer Uni-Klinik angefangen haben, zurückgestuft werden. Das heißt, wenn man zwar schon vier Jahre als Assistenzarzt tätig war, davon aber die ersten drei an einer anderen als einer Uni-Klink, ist man, da man ja erst ein Jahr an der Uni-Klinik ist, im ersten Ausbildungsjahr zum Facharzt. Und somit ist man dann billiger.
c) sind stellvertretende Oberärzte keine Oberärzte und bekommen somit auch kein Oberarztgehalt.
Daß die 3,5 Stunden Mehrarbeit laut Tarif vollkommener Unsinn sind, weil z.B. ein Anästhesist deswegen nicht eine OP mehr am Tag mitmachen wird, ist egal. Daß die 38,5 Wochenstunden sowieso nie wirklich eingehalten wurden, ist auch egal. Und stellvertretende Oberärzte, die de facto die Arbeit eines Oberarztes machen, auch für diese Arbeit entsprechend zu entlohnen? Nein, das geht nun wirklich nicht.

Aus einem Kommentar bei boocompany.
 
[Klinik]
Autor: strappato   2006-08-21   Link   (4 KommentareIhr Kommentar  



 



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