Zeitgeist mit Cochrane

Google analysiert als "Zeitgeist" anhand der beliebtesten Suchbegriffe, was die Internetwelt bewegt. Das Äquivalent in der Medizin könnten die am häufigsten aufgerufenen Artikel der Cochrane Library sein. Die Bibliothek der Cochrane Collaboration versammelt systematische Übersichtsarbeiten auf englisch seit 1992, die sich durch die Bewertung nach Evidenzkriterien auf Basis von bewiesener Wirksamkeit auszeichnen.

#1 bei den Top 10 Accessed Reviews on The Cochrane Library - Worldwide, 2007 war ein Artikel zu "Interventions for preventing falls in elderly people". Es folgen Übergewicht bei Kindern, Beta-Blocker bei Bluthochdruck, Gewichtsreduzierung durch Lebensmittel mit niedrigen glykämischen Index (GLYX) oder die Rolle von Nikotinrezeptoren bei der Raucherentwöhnung (Vareniclin).

Interessanter ist die pdf-DateiAuswertung nach Ländern. Meist gelesener Artikel in Deutschland war 2007 der Rauchstopp, in unserem Nachbarland Österreich nur Platz 104. Ob dies an den Rauchergesetzen liegt, oder an der Diskussion um Champix bzw. dem Marketing von Pfizer?
 
[Wissenschaft]
Autor: strappato   2008-04-29   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Klassiker

Kein Polit-TV-Magazin in Deutschland ohne einen Beitrag zu Medizin und Gesundheitswesen. Vergangene Woche waren "Klassiker" angesagt:

In Frontal21: Gierige Ärztefunktionäre. Eine schlaffe Verallgemeinerung anhand von zwei Fällen bei Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und einem Ermittlungsverfahren bei der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein. Jeder dieser Fälle hätte eine tiefere Recherche vedient. Zweites Thema waren gefährliche Schönheitsoperationen. Man sollte meinen, dass im Fernsehen dazu schon alles gesagt worden sei.

Die Kollegen von Plusminus im Ersten gruben einen weiteren Untoten aus: Praxis geschlossen - Wie wir mit dem Ärztemangel umgehen. Stichworte: Arzt mit Wochenenddiensten in England, polnischer Arzt in Mecklenburg-Vorpommern, und östereichische Medizinerin in Sachsen. Schon mal besser aufbereitet gesehen.
 
[TV-Magazine]
Autor: strappato   2008-04-29   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Allergan beim faltenfreien Astroturfing

Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie (DGBT) hat sich der Information von Patienten und Ärzte und der Kommunikation der Grundlagen und Neuentwicklungen zu den Aspekten der Botulinumtoxin-Therapie verschrieben. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die Fachgesellschaft ein Kommunikationsmedium des Unternehmens Allergan ist, dem Hersteller von Botox®, in Deutschland für die Faltenglättung unter dem Handelsnamen Vistabel® auf dem Markt.

Die DGBT gibt an, dass Schätzungen zufolge in Deutschland bislang erst rund 1000 Ärzte die Faltenglättung mit Botulinumtoxin anbieten. Das soll sich ändern, denn zur "Kommunikation" gehören Fortbildungskurse, die sich an Ärzte aller Fachrichtungen richten. Nur Zahnärzte müssen leider draussen bleiben. Sie müssen sich in Deutschland auf die Mundhöhle als Therapieobjekt beschränken. In den USA spritzen auch Dentisten Botox. Nach zwei Tagen darf sich der Arzt "Zertifizierter Anwender für ästhetische Botulinumtoxin-Therapie" nennen.

Ein paar Indizien für das Astroturfing:
  • Die Kurse des DGBT werden von der Agentur "Logi-Vent" organisiert, die auch für Allergan die Fortbildung zu " Injektionstechniken mit Vistabel®" managed.
  • Für die Pressearbeit der DGBT ist die Agentur "Haas & Health Partner" zuständig. Wie auch für die PR von Allergan.
  • Der Vorsitzende des DGTB, Boris Sommer, ist Mitglied des European Advisory Board von Allergan.
  • Sommer hat mit der Schatzmeisterin des DGBT, Dorothee Bergfeld, gemeinsam Konsensusempfehlungen zum Gebrauch von Botulinumtoxin A in der ästhetischen Medizin verfasst. Das Advisory Board Mitglied sieht als einzigen Interessenskonflikt die Unterstützung von Frau Dr. Bergfeld durch Allergan.
  • Der zweite Vorsitzende, Prof. Raulin, arbeitet mit Dr. Sommer in einer gemeinsamen Praxis.
  • Dementspechend findet das Produkt von Allergan eine besonders positive Erwähnung in den Pressemeldungen des DGBT.
Die Internetseite der Gesellschaft wäre als Auftritt von Allergan nicht mit den Heilmittelwerbegesetz vereinbar. Neben unkritischen Patienteninformationen über die Behandlung gibt es eine Ärzteliste mit den zertifizierten Behandlern. Es überrascht nicht, dass die Finanzierung des Verbands nicht kommuniziert wird. Ziel scheint, die Anwendung zu pushen. Die Presseresonanz ist gut und das Schlagwort "Botox-TÜV" wird gerne von den Medien aufgenommen.

Von den Medien in Deutschland dagegen kaum beachtet: Die Ergebnisse einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie an Ratten lassen vermuten, dass das Neurotoxin Botulinum Type A nicht nur an den Stellen des Körpers bleibt, in die es injiziert wird, sondern sich im Gehirn und im Körper ausbreiten kann. In den USA fordert die Verbraucherorganisation "Public Citizen" schärfere Warnhinweise für Botox. Nach den Angaben der Organisation sind zwischen 1997 und 2006 den Behörden 658 zum Teil lebensbedrohende Zwischenfälle und 16 Todesfälle nach Botox-Injektionen gemeldet worden. Public Citizen zitiert auch Zahlen aus Europa, wo ebenfalls mehr als 600 Zwischenfälle, darunter einige tödlich, aktenkundig geworden sind.
 
[Botox]
Autor: strappato   2008-04-29   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

VfA kocht PR-Süppchen auf Heparinskandal

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) verweist heute in einer Presseerklärung auf den Heparinskandal mit zahlreichen Todesfällen in den USA. Der Leser reibt sich erstaunt die Augen: Will sich der VfA überraschend für eine bessere Kontrolle der fernöstlichen Produktionsstandorte renommierter Pharmaunternehmen einsetzen? Oder gar für einen Rückzug aus China?

Weit gefehlt. Vielmehr darf der vielzitierte BKA-Experte Frank Lippert zum gefühlt 500. Mal medienwirksam auf vermeintliche Gefahren durch Medikamentenfälschungen aufmerksam machen.

Was die beiden Themen miteinander zu tun haben? Eigentlich nichts.
 
[Counterfeit drugs]
Autor: hockeystick   2008-04-28   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 


 

Ulla Schmidts Haupt(stadt)büro

Die Wirtschaftswoche verschafft regelmässig in einer Kolumne Einblick in die Büros von Entscheidungsträgern und Managern. Aktuell sieht man Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gut gelaunt an ihrem Schreibtisch. Vielleicht weil am Hauptdienstsitz des Bundesministeriums für Gesundheit in Bonn Ende letzten Jahres ein schicker Neubau für das Ministerium eingeweiht worden ist?



Eher nicht. Das Foto wurde im Büro von Ulla Schmidt im zweiten Dienstsitz in Berlin aufgenommen. In der Hauptstadt residieren auch alle relevanten Verbände und Lobbyisten im Gesundheitssektor. Für die abgeschobenen Mitarbeiter am Hauptsitz bleibt wenigstens ein "zukunftsfähiges Bürogebäude von hoher gestalterischer und architektonischer Qualität" - und sie wissen nun, wie es bei der Dienstherrin in Berlin aussieht.
 
[Politik]
Autor: strappato   2008-04-26   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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