Champix®: FDA verschärft Warnhinweise

Im November hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA im Zusammenhang mit Berichten über Selbsttötungen und Selbstmordgedanken bei Patienten, die mit der Rauchentwöhnungspille Champix® (in den USA Chantix®) von Pfizer ihr Laster loswerden wollten, aufgenommen ("Safety Review").

Nun informiert die FDA die Ärzte und Patienten, dass nach den vorläufigen Ergebnissen der Behörde die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Einnahme von Champix® und dem Auftreten von psychiatrischen Symptomen wächst. Die pdf-DateiFachinformationen und Beipackzettel wurden in den USA entsprechend angepasst.
WARNINGS
Neuropsychiatric Symptoms
Serious neuropsychiatric symptoms have occurred in patients being treated with CHANTIX. Some cases may have been complicated by the symptoms of nicotine withdrawal in patients who stopped smoking; however, some of these symptoms have occurred in patients who continued to smoke. All patients being treated with CHANTIX should be observed for neuropsychiatric symptoms including changes in behavior, agitation, depressed mood, suicidal ideation and suicidal behavior. These symptoms, as well as worsening of pre-existing psychiatric illness, have been reported in some patients attempting to quit smoking while taking CHANTIX in the post-marketing experience. Patients with serious psychiatric illness such as schizophrenia, bipolar disorder, and major depressive disorder did not participate in the pre-marketing studies of CHANTIX and the safety and efficacy of CHANTIX in such patients has not been established.
Advise patients and caregivers that the patient should stop taking CHANTIX and contact a healthcare provider immediately if agitation, depressed mood, or changes in behavior that are not typical for the patient are observed, or if the patient develops suicidal ideation or suicidal behavior.

Dagegen weisen die Fachinformationen in Deutschland (Stand Februar 2008) nur auf die von Pfizer immer wieder als Argument angeführte generellen Auswirkungen eines Nikotinentzugs auf die Psyche des Patienten hin.
Raucherentwöhnung mit oder ohne Arzneimitteltherapie wurde mit einer Verschlechterung von psychiatrischen Grunderkrankungen (z. B. Depressionen) in Verbindung gebracht. Daher ist bei Patienten mit einer psychiatrischen Erkrankung in der Anamnese Vorsicht angebracht, weshalb sie entsprechend beraten werden sollten.
Eine depressive Stimmungslage kann ein Symptom des Nikotinentzugs sein. Bei Patienten, die versuchten, das Rauchen aufzugeben, wurde über Depressionen, selten mit Suizidgedanken und Suizidversuch, berichtet. Auch bei dem Versuch, das Rauchen mit CHAMPIX aufzugeben, wurden diese Symptome beobachtet. Ärzte sollten sich bewusst sein, dass sich bei Patienten, die versuchen, das Rauchen aufzugeben, eine schwere Depression entwickeln kann, und diese Patienten entsprechend beraten.

 
[Champix]
Autor: strappato   2008-05-17   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 


 

EU-Kartelluntersuchungen gegen Pharmabranche wird ausgeweitet

Die Untersuchungen der EU-Kartellwächter gegen Pharmaunternehmen wegen vermuteter Absprachen und Wettbewerbsbehinderungen wurden ausgeweitet. Nachdem Anfang des Jahres die Ermittler rund 100 Unternehmen befragt und Razzien durchgeführt hatten, sind nun medizinische Organisationen wie Verbände von Ärzten, Patienten und Apotheker, oder staatliche Behörden, die Preise für Medikamente aushandeln, an der Reihe.

Der Herald Tribune zufolge könnte sich der Fall zur den umfangreichsten Ermittlungen wegen Kartellverstössen in der Geschichte der EU entwickeln. Nach den Informationen der Zeitung sollen als nächstes Generika-Unternehmen über ihre Vereinbarungen mit Originalherstellern befragt werden, z.B. ob sie gegen Ausgleichszahlungen ihre Markteinführung von Medikamenten nach Auslaufen des Patentschutzes verzögert haben.

Hintergrund ist das Ziel, den Wettbewerb auf dem Pharmamarkt zu verstärken. Verbraucherorganisationen argumentieren, dass die Pharmakonzerne ihre Aktivitäten in den Schutz von Patenten und die Vermarktung von Medikamenten stecken, und durch fehlenden Wettbewerb die Entwicklung neuer Wirkstoffe vernachlässigen würden.
 
[EU]
Autor: strappato   2008-05-16   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

J&J verliert Rechtsstreit gegen Rotes Kreuz in den USA

Ein Gericht hat bei dem vom Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) in den USA angestrengten Rechtstreit für die Rechte des American Red Cross (ARC) am Symbol des Roten Kreuzes auf weissem Grund entschieden.

J&J hatte mit dem amerikanischen Roten Kreuz 1895 die Nutzung des Symbols als Warenzeichen für jegliche pharmazeutischen oder medizinischen Produkte vereinbart. Die gemeinnützige Organisation hatte jedoch selber Lizenzen vergeben, die mit den Produkten von J&J konkurrieren. Die Juristen des Unternehmens waren der Ansicht, dass die Hilfsorganisation unzulässigerweise das Recht an andere Firmen, das rote Kreuz als Markenzeichen zu verwenden, vergeben würde, und dagegen geklagt.

In den USA hatte das Vorgehen von J&J einiges Aufsehen erregt und war der Reputation des Unternehmens bei Kunden und Patienten nicht gerade dienlich.

Die Entscheidung erlaubt es dem Unternehmen die Klage gegen das ARC wegen der Lizenzvergabe an zwei der vier Unternehmen fortzuführen, ebenso wird die Gegenklage der betroffenen vier Unternehmen weiter ermöglicht.

In den US-Medien wird dies als umfangreiche Niederlage von J&J interpretiert.
 
[Ausland]
Autor: strappato   2008-05-16   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Eingeschränkter Kampf gegen Keime

Journalismus in Deutschland: Kampf gegen Keime titelte gestern die Kölnische Rundschau und kündet von den Taten des NRW-Gesundheitsministers Laumann bei der Prävention von multiresistenten Erregern (MRSA) im Krankenhaus:
In einem Erlass hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Kliniken dazu verpflichtet, die strenge Hygiene-Richtlinie des Robert-Koch-Instituts gegen multiresistente Keime (MRSA) einzuhalten. Dazu gehört auch ein wenige Euro teurer Test aller neu eingelieferten Patienten per Nasenvorhof-Abstrich.

An dieser Kernaussage des Artikels stimmt nichts. Was sich hier im blog schon Mitte März andeutete. Das Dokument liegt mir seit einigen Tagen nun vor.
  • Die Aktualität: Der Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) ging am 20 März, also vor fast 2 Monaten raus.
  • Der Empfänger: Der Erlass richtet sich an die untere Gesundheitsbehörden, also die Gesundheitsämter - nicht die Kliniken.
  • Die Massnahmen: Das Robert-Koch-Instituts (RKI) empfiehlt, Personen mit besonderem Risiko (beispielweise mit bekannter MRSA-Anamnese) zu testen, und nicht alle neu aufgenommenen Patienten. Eine möglicherweise angemessene, aber im Vergleich zu anderen Ländern nicht besonders "strenge" Richtlinie.
  • Die Kosten: Der Preis ist von der Art des Tests und des Vertrags mit dem Anbieter inkl. Geräte und Wartung abhängig. Aber mit "wenigen Euro" wird man nicht auskommen. Kulturbasierte Schnelltests sind unter 10 Euro nicht zu machen, als molekularbiologischer MRSA-Direktnachweis über PCR kann man locker das doppelte und mehr ansetzen.
Das RKI in der der pdf-Dateiaktuellen Stellungnahme von 2005 zum Management des MRSA-Screenings:
Das RKI hat kürzlich gemeinsam mit der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention die Empfehlungen für das MRSA-Screening hinsichtlich der bei der stationären Aufnahme einzubeziehenden Patientengruppen konkretisiert. Danach sind besonders Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese, Patienten, die aus Regionen bzw. inrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz verlegt werden, Kontaktpatienten von MRSA-Trägern, aber auch Patienten mit chronischer Pflegebedürftigkeit, liegenden Kathetern, Dialysepflichtigkeit, Hautläsionen chronischen Wunden und Brandverletzungen als Risikopatienten anzusehen.

Nach dem Erlass sollen die Gesundheitsämter gezielt darauf hinwirken, dass die Krankenhäuser in NRW konsequent ihr Präventions-Management fortführen beziehungsweise intensivieren.
Insbesondere ist sicherzustellen, dass bei der inhaltlichen Umsetzung der o.g. Empfehlungen folgende grundlegenden Strategien zur Prävention der Weiterverbreitung von MRSA beachtet bzw. umgesetzt werden:
- Identifizierung, Erfassung und Bewertung von MRSA (Surveillance nach § 23 Abs. 1 IfSG) und Untersuchung von Risikopatienten auf MRSA bei der Aufnahme ins Krankenhaus,
- strikte Umsetzung geeigneter Hygienemaßnahmen,
- Sanierung von MRSA-Trägern (auch bei medizinischem Personal),
- kontrollierter Einsatz von Antibiotika zur Vermeidung eines die Verbreitung von MRSA fördernden Selektionsdrucks und
- Sicherstellung eines angemessenen Verlegungs- und Entlassmanagements.

Keine Testung aller Patienten, keine direkte Anweisung an die Kliniken und keine Empfehlungen, die über die des RKI hinausgehen. Meilenweit von der vollmundigen Ankündigung im Januar entfernt.

Eines muss man Minister Laumann lassen. Eine gute Presse hat er in seinem Bundesland. "Der Westen" hat die Meldung auch übernommen, die Westfälischen Nachrichten in ähnlicher Weise.

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Anmerkung:
Dem Erlass ist ein Anhang mit der Auswertung einer Befragung von Kliniken in NRW beigefügt. Danach gaben die Kliniken im Mittel 1,9 MRSA-Fälle pro 1000 Patiententage an. Fast die Hälfte der antwortenden Krankenhäuser (46%) machte zu Nasenabstrichen auf 1000 Aufnahmen keine Angaben. 38% gaben zwischen 1 und 45 Nasenabstriche auf 1000 Aufnahmen an. Der Mittelwert lag bei 62,3 pro 1000 Aufnahmen - weil es einige Kliniken gab, die relativ viele Tests durchführten. In einer Region in NRW läuft das MRSA-net EUREGIO-Projekt, das von den teilnehmenden Kliniken ein intensives Screening fordert. In Düsseldorf gibt es ebenfalls Krankenhäuser, die jeden Patienten testen. In der Analyse des Ministeriums wird die Einschätzung der Gesundheitsämter, dass 57% der Krankenhäuser die RKI-Richtlinie umsetzen kritisch hinterfragt, weil von einer kompletten Umsetzung aller Empfehlungen nicht auszugehen sei, vor allem bestünden Lücken bei kostenintensiven Massnahmen wie Screening und Isolierung.

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Die Westdeutsche Zeitung hat das mit den Risikopatienten verstanden, aber der Erlass richtet sich für die Journalistin wieder an die Kliniken.
 
[Politik]
Autor: strappato   2008-05-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Entwicklungskosten-Mantra

Die Pharmaindustrie stöhnt gerne über die Entwicklungskosten von neuen Medikamenten und rechtfertigt damit hohe Preise. Nur: genaue Summen sind unbekannt. Regelmässig wird das Mantra der 1 Milliarde Dollar für die Erforschung und Entwicklung eines neuen Medikamentes, oder auch in Deutschland gerne 800 Millionen Dollar, runtergebetet.

Marcia Angell, früher Herausgeberin des NEJM, hat in ihrem Buch "Der Pharma-Bluff " Kosten von durchschnittlich 100 Millionen Dollar als realistisch eingeschätzt.

Peter Rost weist auf ein aktuelles Interview mit einem Experten der schwedischen Arzneimittelbehörde hin. Lennart Forslund geht von 1 Milliarde schwedischen Kronen aus. Das wären umgerechnet 167 Millionen Dollar oder 107 Millionen Euro.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-05-15   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Pfizer startet Transparenz-Initiative

Das Wort mit dem grosen "T" scheint in den USA bei den Pharmakonzernen beliebt zu werden. Nun hat auch Pfizer eine "Transparenz-Initiative" angekündigt. Der weltgrösste Pharmakonzern veröffentlicht ab 2008 quartalsweise die Spenden und Zahlungen an Fachverbände und Patientenorganisationen.

Im ersten Quartal 2008 hat Pfizer in den USA fast 10 Millionen Dollar verteilt. Mehr als ein Drittel davon (3,4 Millionen Dollar) ging an die Hausärztevereinigung in Kalifornien (California Academy of Family Physicians) für eine nationale Rauchstopp-Kampagne.

Mal sehen, wann die Transparenz auch Pfizer Deutschland erreicht. Das wäre sicher nicht unbedingt im Interesse einiger Patientenverbände.
 
[Ethik & Monetik]
Autor: strappato   2008-05-15   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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