Den üblichen seriösen Standards entsprechend Das Ärzteblatt Baden-Württemberg (ÄBW) ist das offizielle Amts- und Mitteilungsblatt der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württembergs. Damit auch die Ärzte im Südwesten fachlich auf dem Laufenden bleiben, beglückt das Blatt seine Leserschaft regelmäßig mit Artikeln in der Rubrik "Fortbildung". So, wie es branchenüblich ist, streift das Blatt gar nicht selten Themen, die der Pharmaindustrie besonders am Herzen liegen. Gerne hübsch aufbereitet mit bunten Grafiken: Das Bild zeigt eine Seite des Ärzteblatts Baden-Württemberg aus der Ausgabe September 2007 (unten rechts) und eine aus der Ausgabe Juni 2009 (oben links). Die Artikel unterscheiden sich besonders in einem kleinen Detail. Unten rechts ist die erste Seite eines Fachartikels zu sehen. Oben links ist die erste Seite einer doppelseitigen bezahlten Anzeige des Impfstoffherstellers Baxter zu sehen. Sie ist gekennzeichnet durch das klein gesetzte Wörtchen "Anzeige" direkt unter der Rubrikenüberschrift "Fortbildung". Das Arzneitelegramm (a-t) hat auf Hinweis eines Lesers nachgefragt: Die Redaktion des Ärzteblattes erachtet die Anzeige auf Anfrage als "formal korrekt" und "den üblichen seriösen Standards aller Zeitschriften des Verlags" entsprechend. Der Kolumnentitel "Fortbildung" sei bei Umbrucharbeiten im Verlag "leider nicht korrigiert worden". [Pharmamarketing]
a-t fordert Ablösung der STIKO wegen Inkompetenz Der unabhängige Arzneimittel-Informationsdienst "arznei-telegramm" (a-t) bezieht sich dabei in seiner aktuellen Ausgabe auf die kürzlich in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung geschilderten Merkwürdigkeiten rund um die Bewertung der HPV-Impfung. Es stellt sich die Frage, wie eine Kommission, die offenbar nicht in der Lage ist, Berechnungen zum Nutzen einer Immunisierung korrekt und mit realistischen Annahmen durchzuführen, Empfehlungen abgeben kann, denen - nicht zuletzt nach Einschätzung eines ihrer Mitglieder - die Bedeutung eines medizinischen Standards zukommt. Auch Impfempfehlungen müssen wissenschaftlich valide und überprüfbar sein. Daher fordern wir die Ablösung des Gremiums in seiner jetzigen Form. [HPV]
a-t kritisiert intransparente Datenlage zu Qlaira® Der unabhängige Arzneimittel-Informationsdienst "arznei-telegramm" (a-t) hat sich in der aktuellen Ausgabe die neue Verhütungspille Qlaira® (gesprochen "Klära") angesehen und kommt zu einem negativen Ergebnis: Aufgrund des geringen Erprobungsgrades und des Fehlens nachvollziehbarer Daten raten wir von QLAIRA ab. Besonders die intransparente Studienlage, die keine gesicherte Bewertung zulässt, halten die Autoren für inakzeptabel. Keine der drei zulassungsrelevanten multizentrischen klinischen Studien ist vollständig veröffentlicht, sodass sich die Zuverlässigkeit der neuen Kombination nicht hinreichend beurteilen lässt. Das Risiko venöser Thromboembolien unter QLAIRA ist nicht bekannt (6). Insgesamt ist die Datenlage für Dienogest-haltige Kontrazeptiva hier weiterhin unzureichend: Zwei Fallkontrollstudien dazu sind bis heute nur als "Zusammenfassung" (10) oder gar nicht publiziert (11) und daher nicht beurteilbar. Beide wurden - wie auch entsprechende Untersuchungen zu anderen ursprünglich von Schering/Jenapharm entwickelten Verhütungsmitteln, beispielsweise zum Thromboembolierisiko Drospirenon-haltiger Kontrazeptiva (YASMIN u.a.) oder zum Brustkrebsrisiko der Hormonspirale MIRENA -, von einem in Berlin ansässigen Institut durchgeführt, das von dem ehemaligen Schering-Mitarbeiter J. DINGER und dem für seine Nähe zur Industrie bekannten L. HEINEMANN geleitet wird (vgl. a-t 2007; 38: 95-6). Ein ziemlicher Kontrast zu dem überschwänglichen Jubel der Publikumsmedien und der in den Berichten zitierten Experten. [Klaera]
Ernsthafte Krankheiten oder Heilung des Umsatzes Die Eingangsfrage und die vorletzte Frage in einem Interview der Wirtschaftswoche (28/2009) mit Andreas Barner, seit Anfang 2009 Sprecher der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, verdeutlichen für mich exzellent die Widersprüchlichkeit der Pharmaindustrie. Frage: Herr Barner, viele Menschen halten die Manager der Pharmakonzerne für geldgierig und skrupellos. Stört Sie das schlechte Image der Branche? Antwort: Ja, das stört mich sehr. Unsere Industrie trägt doch viel dazu bei, Krankheiten zu heilen.[...] [...] Frage: Wie weit sind Sie mit dem Medikament Flibanserin, welches das sexuelle Verlangen von Frauen steigern soll? Antwort: Wenn Sie sich mit Frauen und ihren Ärzten unterhalten, merken Sie, dass das ein ernsthaftes medizinisches Problem ist. [...] [Flibanserin]
Risiken und Nebenwirkungen des Pillenmarketings In der Schweiz untersucht die Arzneimittelaufsichtsbehörde (Swissmedic) Daten und Studien sowie zu Risiken und Nebenwirkungen verschiedener Antibabypillen. Auslöser war der Fall einer 16-jährigen Schweizerin aus Schaffhausen, die seit der Einnahme des Verhütungsmittels Yasmin® des Hersteller Bayer schwer behindert ist, nicht mehr sprechen kann und künstlich ernährt werden muss. In der Schweiz sind seit 1990 mindestens fünf Frauen verstorben, nachdem sie mit fünf gängigen Präparaten hormonell verhütet hatten. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erklärte, dass für Yasmin® Meldungen eingangen seien zu "sieben Todesfällen im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels Yasmin oder Wirkstoffkombination von Yasmin". Einer dieser Fälle beziehe sich auf den Tod eines Embryos in der sechsten Schwangerschaftswoche bei einer Frau, die unter Yasmin schwanger wurde. Das BfArM sieht jedoch keinen Anlasse für neue Untersuchungen. Yasmin® ist eine echter Blockbuster und Umsatzgarant für das Unternehmen. Die Produktfamilie um die Antibabypille war 2008 die stärkste Medikamentengruppe des Pharmageschäfts von Bayer. Im ersten Quartal erzielte der Konzern damit einen Umsatz von 319 Millionen Euro, ein Plus von 7,4 Prozent binnen Jahresfrist. Umso härter trifft das absehbare Ende des Booms. Den Informationen des Tagesspiegels zufolge will der Konzern in diesem Jahr jetzt nicht mehr wie noch zu Beginn des Jahres vorgesehen 240 Millionen Verpackungseinheiten in Berlin produzieren, sondern nur noch 180 Millionen, also ein Viertel weniger. In den Fokus gerät dabei auch die Marketing-Strategie, die auf den "Zusatznutzen" der oralen Kontrazeptiva zielt. Schönere Haut, keine Gewichtszunahme durch das Gestagen Drospirenon, Linderung von PMS-Beschwerden, bis hin zum "Verlegen" der Periode. Die Verhütung gerät zur Nebensache. Auch bei der neuen Pille Qlaira® zielt Bayer auf den Lebensstil und nicht auf die einzig zugelassene Indikation, der oralen Kontrazeption. In den USA ist die FDA aufmerksam, wenn Pharmaunternehmen ihre Produkte mit irreführenden und überzogenen Aussagen bewerben, die nicht mit der Zulassung gedeckt sind. Das musste im Oktober 2008 Bayer für die Pille Yaz® erfahren. Das Unternehmen erhielt von der FDA einen Warnbrief, in dem zwei TV-Spots angemahnt wurden, in denen die Indikation der Pille erweitert, die Effektivität übertrieben und ernsthafte Risiken für Nebenwirkungen bagatellisiert worden waren. In Europa dagegen verschliessen die Behörden die Augen, weil nicht sein kann, was nicht darf. Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente ist auf Fachkreise beschränkt. Obwohl gerade im Internet die Pharmaunternehmen immer dreister die Grenze zwischen erlaubter Information über Erkrankungen und verbotener Werbung für Arzneimittel zur Therapie dieser zu ihren Gunsten verschieben. Nicht unerwartet daher das Statement des Leiters der Abteilung Pharmakovigilanz beim BfArM zu dem Lifestyle-Marketing für Antibabypillen, das die unbefriedigende rechtliche Situation bei der Medikamentenwerbung auf den Punkt bringt: Wir entscheiden über die Zulassung eines Arzneimittels, nicht über deren Werbeaussagen. -- Update Hier ist einer der abgemahnten Spots: Die Musik, ein Scandal Cover, liefert "The Veronicas", ein angesagtes australisches Sänger- und Songwriter-Duo. Bayer hat sich schon 2005 die Zusamenarbeit mit der damals nur Australien bekannten Band gesichert. In 2005, “Bayer came to us and said we’re looking for a way to connect with women a little bit better,” says Yaffa. “They really wanted to improve their brand messaging, really have people go and speak to their doctors—and those were the campaign elements that we really needed to deliver on.” To meet those criteria and build brand equity, he says, the company was looking for an artist that would bring the right personality and partnership potential. Die Pharmaindustrie als Musikmanager. Auch mit Hilfe der Commercials haben die Veronicas den Durchbruch in den USA geschafft. But that is also where a strong partnership can pay off. Now that Yaz is the number-one-selling birth control pill in the U.S., Bayer is moving into the third phase of its campaign with the Veronicas, where it will use one of the band’s own songs, “Change,” in an upcoming commercial. Der Lifestyle-Charakter der Medikamentenwerbung wird im Vergleich mit dem Spot aus dem Jahr zuvor deutlich. [Pharmamarketing]
Links am Samstag Hoffman La Roche planning to leave Pharma - nach dem Kauf von Genentech sieht sich Roche als Biotech-Unternehmen und will den US-Pharmaverband verlassen. Berliner Pharmafirma Dr. Mann Pharma will erneut Stellen streichen - Klassiker: Heuschrecke, Zentrale in Zug, 20% Vorsteuerüberschuss ist zuwenig. Novartis Mitarbeiter wegen angeblicher Bestechung entlassen - Novartis Behring [Impfstoffe] wirft dem Außendienstmitarbeiter vor, einen Arzt bestochen zu haben, indem er ihm einmal im Jahr einen Umschlag mit 300 Euro überreichte. Krankenhaus-Umfrage: Regeln für Zusammenarbeit mit der Industrie gewünscht. Schweiz: FDP wird von Pharma-Multis hofiert - die engen Beziehungen der schweizer Freisinnigen Partei zur Pharmaindustrie. Kooperation von Heumann Pharma und Debeka Krankenversicherung - Rabattverträge für Generika bei privaten Krankenkassen. Das Geschäft mit der Schweinegrippe – Wem hilft Tamiflu? Antwort: Roche. (Update) Schweinegrippe: Einzelne Resistenzen gegen Tamiflu® in Japan, Hongkong und Dänemark. DocMorris-Boykott: Apotheker zu Millionenstrafe verdonnert - Bundeskartellamt verhängt Geldbussen von insgesamt 1,2 Millionen Euro gegen Verbände und Verbandsfunktionäre. Im Umfeld der Blutgrätsche - Krankenkassen steigern ihre Werbeausgaben nach dem Start des Gesundheitsfonds teils drastisch. Initial National Priorities for Comparative Effectiveness Research - A scientific advisory committee released a prioritized to-do list for policy makers to consult when they are determining how to spend millions of dollars on comparing the effectiveness of various health services. DeParle profited from health care companies under scrutiny - Auch eine Art des Insiderwissens: Nancy-Ann DeParle, director of the White House Office of Health Reform, served as a director of corporations that faced scores of federal investigations, whistleblower lawsuits and other regulatory actions. Sanofi-Aventis announces R&D restructuring - 1300 Jobs werden überflüssig. Washington Post cancels lobbyist event amid uproar - For $25,000 to $250,000, The Washington Post has offered lobbyists ... off-the-record, non-confrontational access to Obama administration officials, members of Congress, and the paper’s own reporters and editors. The astonishing offer was detailed in a flier circulated Wednesday to a health care lobbyist, who provided it to a reporter because the lobbyist said he felt it was a conflict for the paper to charge for access to, as the flier says, its “health care reporting and editorial staff". How Old Do You Feel? It Depends on Your Age. [Links]
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