Eng im Postfach Der Fall der Initiative Trockene Nacht - Guter Tag ist examplarisch für intransparentes Pharmamarketing. Im Impressum der Internetseite zeichnet sie die PR-Agentur Medical Consulting Group (MCG) dafür verantwortlich. Wenn man bei denic nachschaut, wie es Jörg Auf dem Hövel in seinem telepolis-Artikel gemacht hat, erhält man als Domaininhaber die Ferring Arzneimittel GmbH in Kiel. Dann wird klar, dass nicht die als Partner benannte Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung, die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung, die Initiative Sternschnuppe oder die Deutsche Kontinenz Gesellschaft, die Arbeit von MCG finanziert, sondern Ferring Arzneimittel die Initiative als Plattform zum Marketing ihres desmopressinhaltigen Medikaments Minirin benutzt. Wobei die Partnerliste eine wilde Zusammenstellung ist, in der Müttergenesung, Patientenverband, Kontinenz-Gesellschaft , ein Versandhaus für Kindersachen und ein kommerzieller Kinderhallenspielplatzbetreiber vereint werden. Während diese "Partner" (Partner von was? Von MCG?) kurz ihre Ziele auf der Internetseite nennen, langt Ferring der Platz am Ende der Liste, ohne Erklärung für ihr Engagement. Wenn man die angegebene Hotline anruft landet man in einem Callcenter. Ausser einer Info-Broschüre und einer Ärzteliste hat die Hotline nichts anzubieten. Es kann Zufall sein, dass die Initiative unter der gleichen Adresse - aber ohne Ansprechperson - in der Düsseldorfer Heltodorfer Str. 12 residiert, wie der Callcenter-Betreiber xtend, der "support für besonders erklärungsbedürftige Produkte und Leistungen im Customer Care" anbietet. In einer Pressemitteilung von Ferring aus dem Jahr 2002 wird als Adresse der Initiative noch das Postfach 130 120 in 50495 Köln angegeben. Solche "Initiativen" sind ein gängiges Marketinginstrument der Pharmakonzerne. Wenn man sich das Postfach per google aus der Ferne ansieht, hat man den Eindruck, dass es dort eng zugeht. Das Postfach gehört der PR-Agentur Publicis Vital PR, die für die konzeptionelle und oft redaktionelle Betreuung der Initiativen und Aktionsbündnisse verantwortlich ist. Das Postfach wird aktuell genutzt:
[Ethik & Monetik]
Abtreibungsverbot in Nicaragua Die Frage, welches Land eines der restriktivsten Gesetze gegen Abtreibungen hat, wäre bei Jauch wohl 500.000 Euro wert. Denn kaum einer denkt dabei an Nicaragua. Die Politik der Regierung versucht im Bündnis mit der katholischen Kirche und konservativen protestantischen Sekten, völlig überholte und der nicaraguanischen Realität entgegengesetzte Vorstellungen von Sexualität, Ehe und Familie durchzusetzen. Homosexualität wird wie Sodomie behandelt und mit ein bis drei Jahren Gefängnis bestraft. Statt Sexualerziehung in den Schulen läuft "Moral und Bürgerkunde" mit katholischen Wertevorstellungen. Nicaragua hat eine der höchsten Geburtenraten der Welt, aber Familienplanung wird strikt abgelehnt und der Gebrauch von Verhütungsmitteln als Beitrag zur Förderung von Promiskuität betrachtet. Müssig zu erwähnen, dass sich die Väter, ganz dem lateinamerikanischen Klischee entsprechend, ihren Pflichten entziehen. Es wird geschätzt, dass zwischen 30% und 50% der Frauen als Haushaltsvorstände ihre Familien alleine erziehen und ernähren. Nun sind auch die letzten Ausnahmen aufgehoben worden, die Frauen eine legale Abtreibung ermöglichten, falls ihr eigenes Leben in Gefahr war. Der scheidende Präsident Enrique Bolaños hat ein Gesetz.zum Verbot aller Schwangerschaftsabbrüche in Kraft gesetzt. Der neue Präsident, der ehemalige marxistische Sandinisten-Führer Daniel Ortega, der sein Amt im Januar antreten wird, hatte sich auch für die Verschärfung des Abtreibungsrecht ausgesprochen. Ein Aufruf von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, weil es im Widerspruch zu internationalen Übereinkommen stehe, hatte erwartungsgemäss keine Wirkung - genauso wie die Kritik von verschiedenen nicaraguanischen Frauengruppen, des nicaraguanischen Verband der Frauenärzte, der Vereinten Nationen, der WHO, Human Rights Watch und vielen anderen. Die maximale Haftdauer für einen Verstoss gegen das Gesetz blieb dagegen bei 6 Jahren und wurde nicht, wie von Bolaños gefordert, auf 30 Jahre erhöht. So werden Frauen weiterhin in Untergrund-Kliniken gehen und Engelsmacher aufsuchen, und damit ihre Gesundheit riskieren. [Public Health]
XXL Gesundheitsprobleme Hier hat hockeystick auf einen Ernährungs-GAU in Form eines Riesenburgers aufmerksam gemacht. Da braucht man nicht nach Arizona zu fahren: In Spanien vermarktet Burger King in einer Werbekampagne einen XXL-Burger mit fast 1000 kcal (ohne Fritten & Blubbersüssgetränk) und provoziert einen Konflikt mit dem Gesundheitsministerium. In Deutschland sind bei Burger King XXL und Tripple Whopper zu bekommen, ohne dass es zu Gesundheitsdiskussionen führt. Wir können uns das offenbar leisten. [via TAZ] -- Update: Im Waldgeist in Hofheim/Taunus gibt es Riesenburger, Riesenschnitzel und zum Runterspülen den "Bembel des Todes" mit 8 Litern Bacardi-Cola. Warnung: Vegetarier bitte den link nicht anklicken, ebenso Präventivmediziner. [Public Health]
Evidenz und Öffentlichkeitsarbeit Der Einfluss von Institutionen wie dem National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in Grossbritanien oder dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf die Erstattung von neuen Arzneimitteln und Therapien durch die Krankenkassen wächst. Bisher gipfelten Auseinandersetzungen in Gutachterstreiten. Doch mit der zunehmenden Bedeutung für den Markterfolg wird vermehrt die Öffentlichkeit mit einbezogen. In UK mobilisiert die Alzheimer’s Society die Angehörigen um eine negative Entscheidung des NICE zu umstrittenen Alzheimer-Medikamenten abzuwenden. Die Hersteller erwägen eine Klage. In Deutschland verlassen Vertreter von Pharmaindustrie und Diabetikerbund demonstrativ eine Diskussionsrunde und provozieren einen Eklat bei der IQWiG-Erörterung zu kurzwirksamen Insulinanaloga. [Politik]
Experten-Shopping Auf meinem Schreibtisch liegen zwei "Fälle", die sehr schön zeigen, wie die Pharmaindustrie den Wissenschaftsbetrieb für ihre Zwecke instrumentalisiert. Die Studie wird durchgeführt und es werden Experten befragt. 2. Akt Nun steht die Publikation an. Es wird ein zweiter Dienstleister beauftragt, der ein Abstract/Poster für eine wissenschaftliche Tagung einreicht und herstellt. Als Autor fungiert einer der professoralen Experten, der gleich noch ein paar von seinen Mitarbeitern als Co-Autoren mitbringt, die an der Studie nicht beteiligt waren. Das ist dann wohl sowas wie eine Belohnung für treue Versallen. Der Kongress ist am anderen Ende der Welt. Was der Experte mit einem Urlaub verbindet. Noch mal zur Anmerkung: Der Professor hat lediglich sein Wissen und seine Einschätzung eine Stunde bei einem Interview eingebracht. Und seinen Namen. 3. Akt Nun soll das auch noch in einem Journal publiziert werden. Jetzt sind auch die professoralen Experten in den anderen Ländern gefragt. Immerhin haben sie auch 2 Jahre zuvor jeweils eine Stunde ihr Wissen zu dem Werk beigesteuert. Und natürlich ein angemessenes Honorar erhalten. Das von einem weiteren externen Dienstleister erstellte Manuscript wird von ihnen abgesegnet und unter ihrem Namen als Autoren publiziert. Abgang Eine win-win-Situation: Für die Professoren bedeutet dies ein paar verdiente Euro und eine Publikation ohne eigenen Aufwand in ihrer Publikationsliste. Das Pharmaunternehmen hat einen Beweis für den ökonomische Relevanz und den möglichen Nutzen des Produktes und kann dies mit anerkannten Experten schmücken. Weitere gemeinsame Aktivitäten nicht ausgeschlossen. Auch hier muss die Studie erstmal durchgeführt werden. Was aber in diesem Fall komplexer ist, da dies eine Datenerhebung in mehreren Kliniken/Praxen erfordert. Es werden Zentren gesucht, die Erhebungsbögen erstellt und diese an einen dritte externe Dienstleister in den jeweiligen Ländern zur Durchsicht gegeben. Die äussern Bedenken, die jedoch nicht berücksichtigt werden, aber man kann nun guten Gewissens sagen: Es hat eine Validierung stattgefunden. 2. Akt Die Analyse überspringen wir. Die gute Nachricht muss unter die scientific community gebracht werden. Wieder werden externe Dienstleister beauftragt jeweils für das entprechende Land eine Publikation zu erarbeiten. Als Autor fungiert in jedem Land ein professoraler Experte, der gute Kontakte zum Pharmaunternehmen pflegt und zum Abschlussbericht 2-3 Anmerkungen einbrachte. Deutlicher: Der Autor hatte mit der Studie selber nichts zu tun. Seine guten Ratschläge entsprachen denen des ersten Dienstleisters, nur dass sie diesmal so gut es ging in die Analyse im Nachhinein eingestrickt wurden. 3. Akt Der Artikel schafft es durch das peer-review-Verfahren in eine angesehene wissenschaftliche Zeitschrift. Für alle beteiligten Experten und Dienstleister ein wenig überraschend. Aber da fragt man besser nicht nach, wie Pharmakonzerne Verlage und Herausgeber überzeugen können. Abgang Wieder win-win: Die nicht überzeugende Methodik und die schwachen Ergebnisse werden vom Glanz des Expertennamens überstrahlt. Der Autor hat eine Publikation in einem Journal mit anständigen impact-Factor. Was wiederum sehr nützlich für weitere Berufungsverhandlungen und die Verteilung der inneruniversitären Gelder ist. [Wissenschaft]
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