EU Lobbyisten-Datenbank ab 2008

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Siim Kallas, hat von Lobbyisten die Offenlegung ihrer Geldquellen gefordert. Die EU- Kommission strebt eine Lobbyisten-Datenbank an, aus der der jeweilige Zweck und die finanziellen Quellen einer im Rahmen der EU tätigen Lobbygruppe hervorgeht.

Da werden die Lobbyisten und Interessensgruppen sich wohl sehr anstrengen, dies zu verhindern. Mal sehen, ob diese Daten dann wirklich frei zugänglich für die Öffentichkeit werden.
 
[Politik]
Autor: strappato   2007-02-04   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Pharmaindustrie verantwortlich für Luxus-Hotel Pleiten

Die FAZ sorgt sich im Reiseteil um Luxus-Hotels. Eine aussterbende Spezies. Begründet wird dies mit dem Verzicht der Pharmaindustrie, Veranstaltungen in 5-Sterne Hotels durchzuführen.

Oder ist eine Journalistin besorgt, in Zukunft mit 4-Sterne-Herbergen an der Autobahnausfahrt vorlieb nehmen zu müssen, wenn Unternehmen zu Präsentationen und Hintergrundgesprächen einladen?
 
[heile Welt]
Autor: strappato   2007-02-04   Link   (6 KommentareIhr Kommentar  



 

HPV-Impfung: Durch Lobbying zum Erfolg

Über die Anstrengungen von Merck & Co. beim Lobbying für den HPV-Impfstoff Gardasil® habe ich schon berichtet. Der Hersteller hat auch alle Gründe dafür. Laut einem Bericht der AP bleibt in den USA durch den hohen Preis der Impfung, die Zurückhaltung der Krankenversicherungen, diesen Preis zu zahlen, und viele unversicherte junge Frauen die Anzahl der Impfungen hinter den Erwartungen zurück.

Zusätzlich kommt dieses Jahr Cervarix®, das Konkurrenzprodukt von GlaxoSmithKline (GSK) auf den Markt. GSK hat schon eine direkte Vergleichsstudie angekündigt und scheint von der Überlegenheit des eigenen Vakzins überzeugt zu sein.

Ein Erfolg für Merck ist jedoch zu vermelden: Texas wird als erster Bundestaat alle 11- bis 12-jährigen Schülerinnen zu einer Impfung gegen HPV verpflichten. Meldungen, dass dabei Mike Toomey, ein hochbezahlter Merck-Lobbyist und früherer Stabschef sowohl des texanischen Govenors Rick Perry als auch dessen Vorgängers, durch seine Überzeugungskraft die Entscheidung beeinflusst hat, wurden natürlich sofort zurückgewiesen. Mike Toomy war in dieser Sache für die NY Times nicht zu sprechen. Merck lehnte es auch ab, darüber Auskunft zu geben.

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Update

Kein Wunder, dass Merck dazu nichts sagen will, denn es ist alles noch eine Runde heftiger. Die AP berichtet, dass Perry von Merck eine Wahlkampf-Spende von $ 5,000 erhalten hatte - direkt nach einem "HPV Vaccine for Children Briefing" seines Stabes mit Merck am 16. Oktober 2006. Die Schwiegermutter seines jetzigen Stabschefs ist die texanische Vorsitzende von "Women in Government" und Abgeordnete im texanischen Parlament. Diese Organisation wird schon einige Jahre von Merck und GSK unterstützt und setzt sich für eine Impflicht von jungen Mädchen gegen HPV ein. In der Liste der Geldgeber von "Women in Government" sind alle grossen Pharmakonzerne vertreten. Scheint eine einflussreiche Organisation zu sein.
 
[HPV]
Autor: strappato   2007-02-03   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Mein Essen zahl' ich selbst - verhungert?

Der Süddeutschen Zeitung war zu entnehmen, dass im Januar 2007 eine Initiative von unbestechlichen Ärzten gegründet werden sollte: Mein Essen zahl' ich selbst (MEZIS), die deutsche Adaption der No free lunch-Kampagne. Auch vor der Gründung stiess dies schon auf Resonanz in der Presse. Die Artikel bis zum 19. Dezember sind auf der Internetseite zu sehen. In der letzten Information, die ich gelesen habe, wurde der 31.1.2007 als Gründungsdatum angegeben.

Heute haben wir den 3. Februar und die Internetseite ist seit 19. Dezember unverändert. Google-News kann nichts über eine Gründung finden. Meine e-mail mit der Bitte um Aufnahme in den Presseverteiler und mit Hinweis auf mein blog blieb unbeantwortet. Ärzte klagen ja gerne über ihr karges Einkommen. Mein Essen zahl' ich selbst kann da leicht zum Hungertod führen. Trotzdem hoffe ich, dass MEZIS noch aus den Startlöchern kommt.
 
[Aerzte]
Autor: strappato   2007-02-03   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Vollkommen uneigennütziger Superbowl-Spot

Morgen ist Superbowl-Sunday in den USA. Halb Amerika sitzt vor der Glotze. Thomas Knüwer vom Handelsblatt sogar im Stadion. Traditionell sind die Werbespots in den Pausen von besonderem Interesse, da die Werbezeiten beim Superbowl Rekordpreise haben. Ein guter Platz, um mit Kampagnenstarts, aufwändigen Videos oder auch extravagenten Spots diese Ausgaben zu rechtfertigen.

Das Pharmaunternehmen King Pharmaceuticals ist mit von der Partie. Dabei wird aber nicht für ein Produkt von King geworben, sondern King kooperiert mit der American Heart Association (AHA) und propagiert die Erkennung Risikofaktoren, die einen Herzinfarkt begünstigen. Dazu gibt es eine Internetseite mit einem Test, mit dem man anhand von einigen Fragen sein eigenes Riskiko bewerten kann.

Natürlich hat King auch einen Blutdrucksenker im Programm, mit 8% Marktanteil in den USA, aber das Unternehmen zeigt sich im Spot nur durch ein kleines Logo am Ende. Es ist der Beginn einer über 3 Jahre laufenden Kooperation, mit der auf nationaler und lokaler Ebene auf Bluthochdruck und andere Risikofaktoren aufmerksam gemacht werden soll.

Die Idee dahinter ist, dass ein Unternehmen, das einen relativ hohen Marktanteil hat, mehr von einer Marktausweitung als vom Kampf um Marktanteile profitiert. Dazu kommt: Pharmawerbespots sind in den USA in die Kritik geraten, da sie den Griff zur Pille als Lösung empfehlen, ohne die Risiken und Nebenwirkungen ausreichend zu thematisieren. Daher wird diese Kampagne auch als Beginn eines Trends gesehen, der ethisch sauberes Marketing ermöglichen soll.

Es wäre aber auch der Beginn einer weiteren Stufe bei der Vereinnahmung von Patientenorganisationen und Fachverbänden durch die Pharmaindustrie.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2007-02-03   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Eli Lilly/Zyprexa® case - Ein Überblick

Die deutschen Medien haben in dem Fall bisher kaum berichtet. Daher halte ich es für sinnvoll, erst einmal das Geschehen zusammenzufassen.

Eli Lilly and Company (kurz: Lilly)

1876 gründete Colonel Eli Lilly in Indianapolis das Unternehmen Eli Lilly. Lilly gehört mit einem Umsatz von $ 14,6 Mrd. (2005) zu den weltweit zehn grössten Pharmaunternehmen. Bekannteste Produkte: Prozak© (Fluoxetin in Deutschland: Fluctin®) und Cialis® (Tadalafil). Indianapolis ist "Lilly-City". Der Konzern ist allgegenwärtig - wie BASF in Ludwigshafen zu seinen besten Zeiten. "Lilly Endowment" eine der weltgrössten gemeinnützigen Stiftungen besitzt 13% der Aktien.

Interessant ist die gute connection zur Bush-Familie: Nachdem George H.W. Bush 1977 als CIA-Direktor abgetreten ist, wurde er Mitglied im Board of Directors bei Eli Lilly. Der Vater seines späteren Vize-Präsidenten Dan Quayle kontrollierte das Unternehmen und die Zeitung Indianapolis Star. Als US Vize-Präsident und später als Präsident war Bush oberster Lobbyist für Lilly und die Pharmaindustrie. Die Bush-Familie investierte über Jahre in Lilly-Aktien. Auch andere Mitglieder der konservativen US-Regierung waren oder sind mit Lilly verbunden: Der frühere US-Verteidigungsminisiter Donald Rumsfeld als Ex-Board Mitglied, wie auch der frühere Budget-Direktor im White House, Mitch Daniels, ein ehemaliger Lilly Vice-President, der seit 2004 Governor von Indiana ist. Sidney Taurel, CEO von Lilly, war Beiratsmitglied im Heimatschutzministerium (U.S. Department of Homeland Security).

Zyprexa® (Olanzapin)

Zyprexa® ist Lillys Hauptprodukt und trägt über 30% zum Umsatz bei. Es ist zugelassen zur Therapie von Bipolaren Störungen, Schizophrenie und akuter Manie. In Deutschland lag Zyprexa® im Jahr 2005 an 119. Stelle der meistverordneten Medikamente mit 853.400 Verordnungen und einem Umsatz von fast 192 Millionen Euro (Quelle: Arzneiverordnungsreport 2006). Damit entfallen über 10% der Auslandsumsätze mit diesem Medikament auf Deutschland. Die Zyprexa-Umsätze lagen 2006 weltweit bei $ 4,36 Milliarden.

In der Öffentlichkeit tauchten 2002 erste Meldungen von einer mögliche Induktion von Diabeteserkrankungen durch Olanzapin auf. Viele Erkrankungen gingen mit einer Ketoazidose einher, es kam zu nekrotisierenden Pankreatitiden und 23 Patienten starben, darunter ein 15-jähriger Jugendlicher. Seither gab es eine Reihe von Fall-Kontroll-Studien, die den Zusammenhang festigten, jedoch nicht nur für Olanzapin, sondern auch für eine Reihe weiterer Antipsychotika. Weshalb die amerikanische Zulassungsbehörde FDA seit Ende 2003 vor einem Hyperglykämie-Risiko bestimmter Antipsychotika warnt. Vorher stuften die Fachinformationen Diabeteserkrankungen als seltene Komplikation ein.

Zyprexa®/Eli Lilly case

Im Dezember 2006 veröffentlichte der Journalist Alex Berenson in der New York Times einige Artikel, die belegen, dass Lilly schon vor 2002 von dem erhöhten Risiko der Gewichtszunahme, Hyperglykämie und Diabetes bei der Einnahme von Zyprexa® wusste. Lilly hatte dies gegenüber Patienten, Ärzten und der FDA verschwiegen und verharmlost. Berenson hat ausserdem beschrieben, wie Lilly Zyprexa® für nicht zugelassene Indikationen vermarktet, ein sogenannter "off-label use". Eine besondere Brisanz liegt darin, dass Lilly in den letzten Jahren immer wieder mit Klagen konfrontiert war, in denen tausende Patienten auf Entschädigung klagten und die aussergerichtlich durch Zahlungen von $ 1,2 Milliarden beigelegt worden sind. Lilly hatte es erreicht, dass die Dokumente, die Gegenstand des Verfahrens waren, nicht veröffentlicht werden und hat dies mit Unternehmensgeheimnissen begründet.

Ein paar links zur den NY Times Artikeln: hier, hier oder hier.

Bei seinen Artikeln stützte Berenson sich auf die internen Dokumente von Lilly. Wie kam er daran? Dr. David Egilman, als Gutachter/Experte bei den Prozessen dabei, übergab sie Jim Gottstein, einem Anwalt aus Alaska, der diese an Alex Berenson weiterreichte. Beide wollten damit die Öffentlichkeit über die Zyprexa®-Risiken warnen und mögliche weitere Schäden für die Patienten verhindern. Primäres Ziel war den Umfang des off-label Marketings offenzulegen, da der nicht zugelassene und nicht durch klinische Studien auf Sicherheit und Wirkung geprüfte Einsatz des Medikaments ein ethisch nicht zu vertretendes Risiko für die Patienten darstellt. Dass die Therapie mit Zyprexa® mit dem Risiko der Gewichtszunahme und Hyperglykämie verbunden ist, war früh diskutiert worden und die meisten Klagen, die jetzt außergerichtlich beglichen wurden, stammen aus der Zeit vor der Änderung der Fachinformation Ende 2003. Neu war das Ausmass der Verharmlosung dieser Risiken und der interne Umgang damit, die durch die Dokumente ans Licht der Öffentlichkeit gelangten.

Die Dokumente stiessen auf grosses Medieninteresse in den USA. Auch als aus den Dokumenten zitiert wurde, leugnete Lilly jegliche Schuld. Am 15. Januar 2007 gaben die Lilly-Anwälte an, dass die Dokumente keine weite Verbreitung haben:
Despite a concerted effort by a small group of individuals to take advantage of Dr. Egilman's and Mr. Gottstein's violation of CMO-3, and to violate the Temporary Mandatory Injunctions, this effort fell flat.
Zu diesem Zeitpunkt konnte sich jedoch jeder die "ZyprexaKills memos", als "ZyprexaKills.tar.gz" aus dem Internet besorgen.

Informationsfreiheit und Bürgerrechte

Im Dezember hatte der Richter Jack B. Weinstein in Brooklyn, N.Y. verfügt, dass Gottstein die Namen der Empfänger der Zyprexakills memos herausgibt und die Dokumente wieder einsammelt. Wieder ein Beispiel, dass Konzerne die Macht des Internets unterschätzen. Denn die Dokumente waren längst im Netz und eine anonymer Nutzer, im Verfahren "John Doe" genannt, setzte in einem öffentlichen wiki - Zyprexa Kills http://zyprexa.pbwiki.com - einen link zu diesen Dateien. Ein Lilly-Anwalt verlangte am 29. Dezember eine Löschung des links mit Verweis auf den Gerichtsbeschluss, der aber das wiki nicht speziell mit einschloss. Daraufhin forderte Richter Weinstein am 4. Januar verschiedene Organisationen und Internetnutzer auf, ihre links zu den ZyprexaKills-Dateien zu löschen und die "facilitat[ing] dissemination" zu stoppen.

Doe kam dem nach, ist aber der Überzeugung, dass der Zugang zu den Dateien wichtig und nötig ist, damit die Öffentlichkeit die medizinischen, ethischen und gesundheitlichen Aspekte bezüglich Zyprexa® versteht. Die EFF hat sich dem Fall angenommen und scheut sich nicht das Wort "Zensur" zu verwenden:
Eli Lilly's efforts to censor these documents off the Internet are particularly outrageous in light of the information reported by The New York Times, which suggests that doctors and patients who use Zyprexa need to know the information contained in these documents.

Richter Weinstein hat Alex Berenson eingeladen (nicht vorgeladen!), und hofft, dass er von dem Journalist mehr über die Hintergründe rund um die Weitergabe der Dokumente erfährt. Ein investigativer Top-Journalist soll über seine Methoden und Informanten plaudern. Sehr bizarr und klingt ein wenig hilflos.

Das Gericht hat entschieden, dass die vertraulichen Dokumente über das Marketing von Zyprexa von David Egilman und Gottstein an Lilly zurückgegeben werden müssen. Der NY Times Journalist, der die Dokumente von den beiden erhalten hat, ist nicht von der Entscheidung betrofffen, genauso wie die Quellen im Internet, wo sie als "ZiprexaKills memos" zu finden sind. In Zukunft könnte damit die Verbreitung solcher als firmenintern klassifizierten Dokumente unterbunden werden.

Damit ist der Fall in den USA auch zu einer Frage der Informationsfreiheit geworden.

--
Die ZyprexaKills memos können bei boocompany.com im pdf- und txt-Format runtergeladen werden.

Alle Artikel zum Zyprexa-Skandal hier im blog: http://gesundheit.blogger.de/topics/Zyprexa

Conflict of interest
Der Autor war vor einigen Jahren für Eli Lilly an der Erstellung eines Gutachtens zum Thema "Bipolare Störungen" beteiligt.
 
[Zyprexa]
Autor: strappato   2007-02-01   Link   (7 KommentareIhr Kommentar  



 

Astroturfing beim HPV-Lobbying

Einen beispielhaften Fall von Pharma-Lobbying hatte Ende letzten Jahres ein New Yorker Arzt in seinem blog aufgedeckt.

Die beiden Pharmakonzerne, die einen Impfstoff gegen HPV entwickeln bzw. schon auf dem Markt haben, benutzen zusammen mit einem Hersteller für HPV-Tests in den USA den Verband Women In Government (WIG) für ihre Marketing. Pharmalobbying statt Lobbying für die Frauen in Führungspositionen.

Schon seit Jahren. Da es in den USA funktionierte sollte es auch in Europa 2001 eine solche Kampagne geben. Mangels geeigneter Partner wurde Astroturfing betrieben und es wurden Vorzeigefrauen für eine Initiative "European Women for HPV Testing" eingekauft. Die Internetseite, registriert auf Digene, dem Testanbieter, existiert noch - aber ohne Inhalt.

Diese PR zahlt sich aus: In den USA wird zu Zeit diskutiert, ob der Staat die Kosten für die obligatorische Impfung von jungen Mädchen übernehmen soll. An vorderster Front mit dabei ist WIG, die eine stattliche Anzahl von Politikerinnen in ihren Reihen hat. Angesichts der konservativen Sexualmoral ist ein Unterstützung auf höchster Ebene wahrscheinlich auch notwendig. Bei Kosten für die Impfung von fast 500 Euro ein potentielles Milliardengeschäft für die Impfstoffhersteller. Da können schon ein paar Dollar fliessen.

Demnächst: "European Women for HPV Vaccination"?
 
[HPV]
Autor: strappato   2007-02-01   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 



Stationäre Aufnahme












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