Pfizer spielt Risiken von Champix® herunter

Pfizers Pharmaaussendienst hat in den USA die Nebenwirkungen der Raucherentwöhnpille Champix® (in den USA Chantix®) bei den Besuchen in den Arztpraxen herunter gespielt. Diesen Schluss lassen Ergebnisse eines Marktforschungsinstituts zu, die dem Journalisten Ed Silverman in die Hände gefallen sind.

Rund 200 Ärzte haben monatlich den Marktforschern über ihre Kontakte mit den Pharmaberatern von Pfizer berichtet. Von Februar bis Mai 2008 fanden immer häufiger Nebenwirkungen keine Erwähnung. Der Anteil der Produktvorstellungen, in den die aktuellen Risiken der Einnahme für psychiatrische Erkrankungen betont worden sind, halbierte sich von 28% auf 14%. Ende 2007 waren erste Warnhinweise bezüglich des erhöhten Risikos von depressiver Verstimmung, Aggressivität und andere Verhaltensauffälligkeiten bis zu Suizidgedanken in Verbindung mit Champix® veröffentlicht worden und die Sicherheit wurde in den US-Medien, ausgelöst durch spektakuläre Fälle wie den Tod eines bekannten bekannten Musikers, diskutiert.

Ein Beispiel für die positive verharmlosende Message:
Chantix has very few side effects. Sometimes, there’s vivid dreams and sometimes, there’s nausea. It should be dosed for a full three months and, sometimes, even six months to make sure the patient stays tobacco free.

Was Pfizer jedoch nicht viel gebracht hat. Die Verkäufe in den USA sind in den Keller gegangen und sollen durch Umsätze in Ländern wie Deutschland, wo es weniger Aufmerksamkeit in den Medien für Nebenwirkungen von Medikamenten gibt, ausgeglichen werden.

In Deutschland verlinkt Pfizer bei der Kampagne Rauchfrei durchstarten einen pdf-Dateiöffentlichen Beurteilungsbericht der EU-Zulassungsbehörde EMEA von August 2006, der auf Nebenwirkungen und Risiken kaum eingeht und auf die von der EMEA im Dezember 2007 verlangte Verschärfung der Warnhinweise nicht hinweist.

In Deutschland darf Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur Fachkreise erreichen. Dazu gehören auch die offiziellen Fachinformationen. Pfizer hätte jedoch den link zur EMEA auch einfach unterlassen können.
 
[Champix]
Autor: strappato   2008-06-16   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

DRPR kritisiert Recycling von Pharma-Schleichwerbung (Update)

Matthias Rosenthal, der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) und Vorsitzende der Beschwerdekammer für TV-Schleichwerbung, schaltet sich in die Debatte um die erneute Ausstrahlung der mit Pharma-Schleichwerbung durchsetzten ARD-Serie "In aller Freundschaft" ein:
Es wurde nur ein bisschen Kosmetik betrieben. Die Namen der Medikamente werden zwar nicht mehr erwähnt. Aber gerade das kann sogar noch werbewirksamer sein. [...]
Das macht uns ärgerlich. Denn im medizinischen Bereich ist Schleichwerbung besonders eklatant.

Nachdem wir über die erneute Ausstrahlung von mutmaßlicher Schleichwerbung für den COX-2-Hemmer Vioxx® berichtet hatten, hatte zunächst Medienjournalist Stefan Niggemeier weiter recherchiert. Auch Spiegel Online hatte das Thema (natürlich ohne Quellenangabe) aufgegriffen.

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Zum Statement der MDR-Pressesprecherin erübrigt sich jeder Kommentar.

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Update:

Jetzt berichtet auch Süddeutsche.de:
Klar ist: Nachdem deutlich geworden war, wie stark "In aller Freundschaft" durch Schleichwerbung infiziert war, hätte das Öffentlich-Rechtliche wohl besser daran getan, dem Patienten gestrenge Bettruhe zu verordnen.

 
[ARD-Schleichwerbung]
Autor: hockeystick   2008-06-16   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 

Pfizers Aufmerksamkeit für Champix-Sicherheit

Pfizer is committed to patient safety, and to continuously furthering our knowledge of Chantix.
Das schreibt Martin Mackay, President of Pfizer Global Research and Development, in einem Editorial der Zeitung "The Day" aus Connecticut, wo Pfizer seine R&D-Zentrale hat.

Wie Pfizer mit den Erkenntnissen umgeht, verdeutlicht ein Bericht des Fernsehsenders ABC. Danach soll John Spangler, Direktor des "Tobacco Intervention Programs" an der Wake Forest University School of Medicine in Winston-Salem, Pfizer und die FDA schon vor einem Jahr auf Risiken der längerfristigen Einnahme von Champix® (in den USA Chantix®) für Herzerkrankungen und Beeinträchtigungen beim Sehen aufmerksam gemacht haben. Genau die Nebenwirkungen, die vor einigen Wochen bei der Analyse des "Institute for Safe Medicine Practice" (ISMP) aufgefallen sind. Die Bedenken haben sich auf eine Studie gegründet, die von Pfizer-Forschern in einer unbedeutenden Fachzeitschrift veröffentlicht worden sind. Als Spangler die Resultate analysiert hat, hätte er mögliche, von den Autoren ignorierte, Anzeichen für Risiken bei der Sicherheit des Raucherentwöhn-Medikaments gefunden.

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Beim anderen Lifestyle-Medikament des Konzerns gibt es auch unerwünschte Popularität zu vermelden: Viagra® soll als Doping-Mittel beliebt sein. Nicht nur für Profi-Sex-Athleten.
 
[Champix]
Autor: strappato   2008-06-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Goldrausch bei Bayer


Pfirsichlikör der Marke "GOLD RAUSCH", mit 22-karätigem Blattgold abgeschmeckt, verteilte jüngst der Bayer-Außendienst an Ärzte. Damit feierte Bayer die durchwachsenen Ergebnisse der ONTARGET-Studie, in der sich der Blutdrucksenker Telmisartan (von Bayer vertrieben als Kinzal®) dem rund sechsmal billigeren, als "Goldstandard" geltenden Ramipril zwar nicht als überlegen, aber wenigstens als "nicht unterlegen" erwiesen hatte.
 
[Pharmamarketing]
Autor: hockeystick   2008-06-15   Link   (3 KommentareIhr Kommentar  



 

Melody Petersen und Daniel Carlat im NPR

Tom Ashbrook hat im WBUR-Boston & National Public Radio (NPR) ein Gespräch mit Melody Petersen und Daniel Carlat über das Pharmamarketing in den USA geführt

Daniel Carlat, Professor für Psychiatrie an der Tufts University, gibt den unabhängigen monatlichen Newsletter The Carlat Psychiatry Report heraus. Es ist wohl die wichtigste Nachrichtenquelle in den USA wenn es um Informationen über das Feld der psychiatrischen Erkrankungen geht, die nicht von der Pharmaindustrie beeinflusst werden. In Amerika ist das Geschäft mit den Glückspillen ein Milliardenmarkt, mit bezahlten Experten, verschwiegenen Nebenwirkungen, unveröffentlichten Studien, gewissenslosen Pharmaberatern und massiver DTC-Werbung.

Melody Petersen, früher Journalistin bei der NY Times, hat vor einigen Monaten eine Abrechnung mit dem Marketing der Pharmakonzerne veröffentlicht: "Our Daily Meds: How the Pharmaceutical Companies Transformed Themselves Into Slick Marketing Machines and Hooked the Nation on Prescription Drugs".

Das erinnert mich daran, dass ich noch eine Besprechung dieses exzellenten Buches schuldig bin.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-06-15   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 


 



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