Im Nebel der Entwicklung

Mal eine überraschend ehrliche Antwort, auf die Frage nach den Forschungsausgaben für ein neues Medikament. Üblicherweise wird immer von der Pharmaindustrie das Entwicklungskosten-Mantra wiederholt: 800 Millionen Dollar, 900 Millionen Dollar oder auch mal die runde Summe von 1 Milliarde Dollar. Mit denen dann die hohen Medikamentenpreise begründet werden.

Der CEO von Schering-Plough, Fred Hassan, hat dies in einem Interview mit dem Wallstreet Journal um eine Variante bereichert:

What will it take to get new drugs approved?" Mr. Hassan asks. "The point is, we don't know."


Hat tip: Peter Rost.

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hockeystick hat in den Kommentaren bemerkt, dass Hassan wohl die Zulassung meint, nicht die Kosten. War schon spät und die Bemerkung von Peter Rost, dass der Schering-Plough-CEO imposante 30 Millionen Dollar pro Jahr verdient, hat mich auf die Entwicklungskosten gebracht. Trotzdem bleibe ich dabei, die Pharmaindustrie weiss nicht, was die Entwicklung eines Medikaments kostet, und hat nach der Aussage von Hassan in den USA auch keine klare Vorstellung über das Ziel.

Das WSJ Health Blog fragt, wer dafür verantwortlich ist, dass in den USA so wenig neue Medikamente zugelassen werden. Dort auf dem weltweit grössten Arzneimittelmarkt sind einige Präparate, die in Europa zugelassen worden sind, nicht erhältlich, wie beispielsweise die Diätpille Acomplia® von Sanofi-Aventis, die aufgrund von möglichen psychiatrischen sowie weiteren Nebenwirkungen, bis hin zu mit der Einnahme verbundenen Todesfällen, in der EU unter Beobachtung steht.

Also wer: Die Zulassungsbehörde FDA oder die Pharmaindustrie, oder gar jemand anderes? Wenn die FDA, dann müssen wir in Europa diskutieren, wie es mit der Arzneimittelsicherheit steht.
 
[Pharmaindustrie]
Autor: strappato   2008-07-01   Link   (2 KommentareIhr Kommentar  



 

Parkinson-Medikament beschäftigt Münchner Justiz

Nachdem sich die französische Justiz im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit einem kurios anmutenden Schadenersatzprozess mit den Nebenwirkungen von Dopaminagonisten befasst hat, spielt diese Medikamentenklasse offenbar in einem aktuellen Vergewaltigungsprozess in München eine Rolle.

Glaubt man einem Bericht der Münchner Ausgabe der Bild-Zeitung, dann soll der Angeklagte ein Parkinson-Medikament eingenommen haben, das möglicherweise zu Hypersexualität führen könne. Das Gericht müsse nun prüfen, inwieweit dieser Umstand die Schuld des Angeklagten mindere.

Das Arzneitelegramm berichtete bereits 2004 über einen Fall von "aggressiver Hypersexualität" nach Einnahme des Dopaminagonisten Pramipexol (Sifrol® bzw. Mirapex® bzw. Mirapexin®). Diese Nebenwirkung sei dem Hersteller nicht unbekannt, fehle jedoch in der Fachinformation:
Hypersexualität gilt als "bekannte Komplikation bei der dopaminergen Behandlung von PARKINSON-Kranken" (z.B. RILEY, D.E.: Clin. Neuropharmacol. 2002; 25: 234-7). Boehringer-Ingelheim führt inzwischen eine klinische Studie zur Wirkung von Pramipexol auf das Sexualverhalten von PARKINSON-Patienten durch. Ropinirol wird sogar bei Antidepressiva-bedingter sexueller Dysfunktion erprobt (WORTHINGTON, J.J. et al.: Int. Clin. Psychopharmacol. 2002; 17: 307-10). Dennoch findet sich in keiner Fachinformation eines Dopaminagonisten ein Hinweis auf die unter Umständen belastende Störwirkung.

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pdf-DateiHier ein Artikel über einige ähnlich gelagerte Fälle.
Two summers ago central Pennsylvania resident Robert Sealy beat his wife to death while under the influence of Mirapex. Last month the Sealy family sued his doctor for increasing the drug's dosage despite changes in his behavior that included chasing his wife around their property with a running chain saw.

 
[Arzneimittel]
Autor: hockeystick   2008-06-30   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 

Kodex-Realität

Verbote für die Werbung mit nicht zugelassenen Arzneimitteln sowie irreführende und versteckte Werbung werden weiterhin unterlaufen ebenso wie Regelungen zur Organisation und Unterstützung von Veranstaltungen und Kongressen und zur Gewährung von Geschenken an Angehörige der medizinischen Fachkreise. Auch die für die Durchführung einer rationalen Pharmakotherapie und die Patientensicherheit wichtige Ergebnisse klinischer Studien sind nicht ausreichend transparent.
Eindeutiges Fazit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in einer pdf-DateiStellungnahme zu dem Entwurf für geänderte Wettbewerbsregeln des Kodex der Mitglieder des Vereins "Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA-Kodex). [Via bedarfshaltestelle]

Für die Bundesregierung alles pdf-Dateikein Problem:
Das Bundesgesundheitsministerium hält die freiwillige Selbstkontrolle in der Pharmaindustrie für ausreichend, um zwielichtigen Marketing-Aktivitäten in der Branche entgegenzuwirken. Entsprechend äusserte sich der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Rolf Schwanitz (SPD), bei einer öffentlichen Anhörung des Petitionsausschusses des Bundestages zu gesundheitspolitischen Themen.

Da wundert es nicht, dass es zum Thema "Werbung mit nicht zugelassenen Arzneimitteln" (sogenanntes off-label-use) Fortbildungen gibt, an der sogar ein Mitarbeiter aus dem Referat „Arzneimittelzulassung und -qualität, Apothekenwesen“ des Bundesministeriums für Gesundheit als Referent teilnimmt.
3 gute Gründe, warum Sie diese Konferenz nicht verpassen dürfen:
  1. Hören Sie, wie gezielt auf Erstattungsentscheidungen der Krankenkassen Einfluss genommen werden kann!
  2. Diskutieren Sie die Entwicklung der Zwangszulassungen von Off-Label-Präparaten!
  3. Erfahren Sie, wie Off-Label-Werbung aussehen kann!

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Update
Die Süddeutsche Zeitung hat die Stellungnahme der AkdÄ auch gelesen.
 
[Pharmamarketing]
Autor: strappato   2008-06-30   Link   (0 Kommentare)  Ihr Kommentar  



 
Autor: strappato   2008-06-28   Link   (1 KommentarIhr Kommentar  



 



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