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![]() Snowboard-Pharma Zufällig bin ich über einen Skandal in der Schweiz gestolpert, über den im Februar 2006 blogger und Medien berichtet haben. Das ist so bemerkenswert, dass es auch nach 3 Jahren noch Kopfschütteln hervorruft. 1924 entwickelt Ciba Coramin und verkauft es als Kreislaufstimulans. 1938 versucht Albert Hofmann, das Ciba-Erfolgsprodukt Coramin (Nikotinsäure Diäthylamid) nachzubauen für seinen Arbeitgeber Sandoz unter Verwendung von Lysergsäure und stösst dabei auf das Lysergsäurediäthylamid, besser bekannt als LSD. Coramin verkauft sich gut und ist weitherum bekannt; sogar Hitlers Leibarzt Theodor Morell verschreibt es seinem Klienten. Gute 6 Jahrzehnte später ist Coramin, a.k.a. Nikethamid, immer noch in Gebrauch: 125 mg davon sind in Glycoramin zu finden, welches zu Beginn des 21. Jahrhunderts rückläufige Umsatzzahlen aufweist, weshalb Novartis 2006 das Produkt neu positionieren will, was aber etwas schräg rauskommt…,
So beschreibt wissen.wordpress.com den Hintergrund.Für das "neu positionieren" hatten Novartis und die beauftrage Agentur im Februar 2006 in der Schweiz mit einem dynamischen Snowboarder das Produkt "Gly-Coramin®" geworben. ![]() Gly-Coramin® ist in der Schweiz frei verkäuflich und nach den Berichten zu urteilen ein Klassiker als Aufputsch-Mittel für ältere Herrschaften auf Bergtouren. Novartis wollte das Medikament als “…Kult-Energiespender einer jungen und einer sportlichen Zielgruppe…” positionieren und scheute auch vor wildem Plakatieren in der Nähe von Schulhäusern nicht zurück. Was bestürzend genug ist, da Medikamentenwerbung, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, ethisch problematisch ist. Novartis ist aber noch weiter über das Ziel hinausgeschossen, da die vermeintlich harmlose Kautablette, welche dem jungen Snowboarder mehr Energie geben soll, auf der Dopingliste steht. Auch dürfte es gar nicht an unter 16-Jährige abgegeben werden. Ein Blog hatte die Stellungnahme von Novartis Consumer Health zu den Vorwürfen veröffentlicht. Besonders die Sache mit dem Doping sah Novartis locker: Seit kurzem hat die World Anti-Doping Agency Nikethamid neu klassifiziert. Es gehört jetzt zu den spezifierten Substanzen, d.h. solche die in so vielen Medikamenten vorkommen, dass man es unabsichtlich einnehmen kann. In diesen Fällen werden die Sportler nicht so streng gebüsst. Der Chefarzt von Swiss Olympic fand die Aktion völlig daneben "Dass Junge mit einem Medikament angesprochen werden, kann nicht toleriert werden. Und wenn das noch mit einer Sportgruppe wie den Snöbern gemacht wird, die bei den Jugendlichen einen immensen Einfluss hat, dann werden natürlich auch unter 16-Jährige diese Medikamente nehmen." Die Schweigsamkeit der Schweizer Banken ist legendär. Swissmedic, die Zulassungsbehörde, ist da nicht anders. Über die Ergebnisse des eröffneten Prüfungsverfahren, ob Novartis gegen das Heilmittelgesetz verstossen hat, wurde nur Novartis informiert. [Schweiz]
6% Arbeitgeberanteil Though Mr. Obama has not released details, economists believe he might require large and medium companies to contribute as much as 6 percent of their payrolls. NY Times: Businesses Wary of Details in Obama Health Plan 6% Arbeitgeberanteil bei der Krankenversicherung. Was würden die deutschen Unternehmen feiern. Wir sind bei 7,3%. [heile Welt]
Bankhofer und die Spin-Doktoren Der WDR hat mittlerweile bekanntgegeben, dass er sich endgültig von Hademar Bankhofer trennt. Unterdessen versucht die aus der Gerster-Affäre bekannte PR-Agentur WMP Eurocom des ehemaligen Bild-Chefredakteurs und Kohl-Vertrauten Tiedje, das Image ihres Kolumnisten Bankhofer aufzupolieren und dessen Entlassung in einen "Freispruch erster Klasse" umzudefinieren. Mehr bei der Boocompany. (via Plazeboalarm) [ARD-Schleichwerbung]
Belastung und Überlastungsanzeigen Klinikrealität in Deutschland. Pflegekräfte schreiben Überlastungsanzeigen. Das WDR-Magazin Westpol dokumentiert die Folgen des Personalabbaus und Geldmangels in den Krankenhäusern, die die Versorgung beeinträchtigen. "Überlastungsanzeige" war selbst für mich ein neuer Begriff. [TV-Magazine]
Lobbying im DLF "Spin oder: Die Industrialisierung der Meinungsproduktion" ist der Titel eines Features am Dienstag, 28. Oktober im Deutschlandfunk. Autor ist Tom Schimmeck, Otto-Brenner-Preisträger 2007. [Journalismus]
Bald rezeptfreies Abnehmen mit alli® in Europa ![]() Die europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat gestern dafür gesorgt, dass Sanofi-Aventis die Diätpille Acomplia® wegen ernsten Nebenwirkungen vom Markt nehmen muss. Dies hat beim Konkurrenten GlaxoSmithKline (GSK) sicherlich Begeisterung hervorgerufen. Denn gleichzeitig hat die EMEA empfohlen, den Wirkstoff ![]() ![]() In den USA wird "alli®", der Markenname des GSK-Medikaments mit der halben Dosierung von Xenical® seit Juni 2007 rezeptfrei verkauft. GSK feiert dies als Meilenstein im Kampf gegen Übergewicht. Da Orlistat ein bekannter Wirkstoff ist und alli® seit über einem Jahr in den USA vermarktet wird, lohnt es sich, die Hoffnungen von GSK genauer zu betrachten. Orlistat hemmt fettzerlegende Enzyme lokal im Magen-Darm-Trakt und hat keine bekannten systemischen Wirkungen. Die Hauptfunktion ist die Verringerung der Fettresorption aus der Nahrung, wodurch die Energieaufnahme (in Kalorien) verringert wird. Damit erklärt sich das grösste Problem von alli®. Nicht aufgenommes Fett wird es ausgeschieden. Leider oft in Form von öligen Stühlen. Wird die aufgenommene Fettmenge nicht reduziert, kommt es zu massivem Durchfall auf Grund der vermehrten Fettausscheidung. Nebenwirkungen sind Magenkrämpfe, Blähungen, fettige (bis 31%) und flüssige Stühle (bis 13%), Defäkationsdrang (22%), Blähungen mit Stuhlabgang (24%) und Stuhlinkontinenz (8%). Die Prozentangeben beziehen sich auf die Xenical®-Zulassungsstudien. Manche Ärzte loben sogar den erzieherischen Effekt des Präparats. Die verringerte Orlistat-Dosis in alli® soll das Ausmass der Nebenwirkungen begrenzen. Selbst der, inzwischen abgesetzte, verantwortliche GSK Vize-Präsident für die Diätpille hatte seine persönliche Erfahrung damit ![]() 'll never forget having a fish sandwich and loading it up with tartar sauce and having French fries," Burton recalled. "I actually discharged some oil." Luckily for Burton, what he refers to as his "classic oops" episode happened on a Saturday when he was doing errands, not during an important meeting. So he went home to change clothes.
Unerfreulich für ein Medikament, das als Lifestyle-Produkt vermarktet wird. Selbstkasteiung ist nicht gerade populär. Beim Marketing von alli® ist GSK offensiv herangegangen und hat diese Nebenwirkung einfach zum erwünschten Behandlungseffekt ![]() GSK setzte in den USA beim Marketing auf das Internet. Zum einen gibt es eine Produktseite: myalli.com, inkl. einer Social-Communty (myalliplan.com). Desweiteren Question Everything, eine eher virale Internetseite, mit allgemeinen Informationen über Ernährung und Gewichtsreduktion. Ein blog und ein YouTube-Kanal durfte nicht fehlen. Die Erfolgsgeschichten wurden kürzlich als Buch unter dem Titel "we lost it" aufbereitet. Die alli-community kann ihre nun zu gross gewordene Gaderobe mit Unterstützung von GSK bei Dress for Success® an berufstätige Frauen spenden, denen das kleine Schwarze in Grösse XL zur Karriere helfen soll. Nach den Zahlen auf myalli.com sollen über 37000 Klamotten-Teile von alli-Nutzerinnen bisher ihren Weg dorthin gefunden haben. Alles Massnahmen, um sich von obskuren Diätmittel-Angeboten im Netz abzugrenzen. GSK versuchte es aber noch mit einem neuen Marketing-Instrument: Ein 140-seitiges Buch, das in Apotheken und Verbrauchermärkten für $ 5 verkauft wird - Are You Losing It? Autoren sind US-Diät-Gurus bzw. eine TV-Köchin. Damit sollten die Verbraucher für das Thema sensibilisiert werden. Zusätzlich kann die Abnehmwillige im Buchhandel noch Kochbücher mit alli-kompatiblen Gerichten erwerben. Und wer nicht lesen will, für den gab es natürlich Marketing-Aktivitäten in Kooperation Selbsthilfeorganisationen und Fachverbänden: Der Vereinigungen Shaping America's Youth und North American Association of the Study of Obesity. Das Ergebnis dieser Anstrengungen hat bisher GSK eher enttäuscht. Das Marktforschungsunternehmen IMS hat im ersten halben Jahr Umsätze von 121 Millionen Dollar ermittelt. GSK nannte für das erste Quartal 2008 rund 17 Millionen Dollar. Sicher auch, weil die Wirkung den überzogenen Marketing-Aussagen nicht stand hält. In einer Meta-Analyse haben Wissenschaftler 30 randomisierte und plazebokontrollierte klinische Studien ![]() Die Vermarktung von alli® zielt in den USA klar auf Frauen ab. Trotz der Indikation (BMI > 28) wird es so locker verkauft, wie eine Brigitte-Diät, um ein paar Kilo für die Bikini-Figur zu verlieren. In den deutschen Internet-Diät-Foren, die alli® schon längst entdeckt haben, wird diskutiert, ob Orlistat sich als Notfall-Pille bei Feiern mit fettem Essen eignet. Nach den gemeinsam erabeiteten ![]() Schwerpunktpraxen und Zentren, ambulante und stationäre Reha-Einrichtungen) vorgeschlagen. Spannend wird sein, wie die Entscheidung der EMEA von den ärztlichen Fachverbänden und den Verbraucherorganisationen aufgenommen wird. In einem Editorial des BMJ äussert Gareth Williams, Medizinprofessor an der Universität Bristol, Ende 2007 Bedenken gegen eine Therapie, die nicht durch Ärzte überwacht wird und die nicht auf eine Änderung des Lebensstils abzielt. Possibly, few users will even finish their first pack of Alli, let alone buy a second, and the drug may cause only a small and transient downward blip in the otherwise inexorable climb in weight and cardiometabolic risk. ... Selling anti-obesity drugs over the counter will perpetuate the myth that obesity can be fixed simply by popping a pill. The only real beneficiary will be GSK. [Orlistat]
Baseball vs. Medizin Remarkably, a doctor today can get more data on the starting third baseman on his fantasy baseball team than on the effectiveness of life-and-death medical procedures.
Billy Beane, Newt Gingrich und John Kerry sprechen sich in einem Op-Ed der NY Times für auf Evidenz basierte Medizin (EbM) aus.[Quotes]
Links am Samstag Why Pharma Fears Social Networking. Keime vom Chef - auch in Kliniken stinkt der Fisch vom Kopf. Big Brother Awards für Healthways & DAK. Die Datensammler auf dem Pillen-Markt. Kassenvorstand spricht sich für kassenindividuelle Positivlisten aus. Steinlaus-Experten gesucht - de Gruyter versucht den neuen Pschyrembel (261. Auflage) mit web2.0 und viralem Marketing an die Mediziner zu bringen. [Meiner ist 256. Auflage] Cost And Coverage Implications Of The McCain Plan To Restructure Health Insurance - Kurz: Kaum Einfluss auf die Zahl Unversicherten, obwohl diese steigen wird. Für die Versicherten: Höhere Kosten und schlechterer Konsumentenschutz. Obama Has Spent $113 Million on Health-Themed Ads - 68% of his total TV ad budget - McCain nur 13%. Die Melanome des Kandidaten: Sechs Prozent Sterberisiko pro Jahr für McCain. Aetna Links Up With Microsoft’s HealthVault - Microsoft hat für seine elektronische Patientenakte einen grossen Krankenversicherer mit 17 Millionen Versicherten gewonnen. [Links]
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